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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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Flechtzaun des Schweineauslaufes und lauschte eine Weile nach Hufschlägen, aber alles lag in tiefer Stille.
    Das Licht begann zu schwinden. Wenn Gawyn nicht bald käme, würde es zu dunkel sein, um zum Absetzort hinauszureiten. In einer halben Stunde würde Pater Roche zur Vesper läuten, und das mußte alle aufwecken. Für einen Ausritt in den Wald war es einfach zu spät, ganz abgesehen davon, daß Gawyn nach der Rückkehr aus Courcy kaum geneigt sein würde, ihr zuliebe noch einmal auszureiten. Aber er würde sein Pferd versorgen müssen, ganz gleich, um welche Zeit er zurückkehrte, und sie könnte zum Stall hinausschlüpfen und ihn bitten, daß er sie am Morgen zum Absetzort bringe.
    Notfalls genügte es auch, wenn er ihr beschrieb, wo die Stelle war, vielleicht eine Skizze zeichnete, so daß sie selbst den Weg finden konnte. Das würde sie der Peinlichkeit entheben, allein mit ihm in den Wald gehen zu müssen, und wenn Frau Imeyne ihn am Tag des Rückholtermins zu einem weiteren Botendienst fortschickte, könnte sie eines der Pferde nehmen und selbst hinausreiten.
    Sie wartete beim Tor, bis ihr zu kalt wurde, dann kehrte sie in den Hof zurück. Noch immer war niemand zu sehen, aber im Durchgang zum Herdraum war Rosemund in ihrem Umhang.
    »Wo bist du gewesen?« sagte sie. »Ich habe dich überall gesucht. Der Sekretär…«
    Kivrin krampfte sich das Herz zusammen. »Was ist mit ihm? Will er abreisen?« Sicherlich hatte er seinen Rausch ausgeschlafen und wollte fort. Und Frau Imeyne hatte, da sie ihn nicht halten konnte, überredet, Kivrin mit sich nach Godstow zu nehmen…
    »Nein«, sagte Rosemund und ging voraus in die Diele. Sie war leer. Eliwys und Imeyne mußten bei ihm in der Schlafkammer sein. Das Mädchen öffnete Sir Bloets Brosche und nahm den Umhang ab. »Er ist krank. Pater Roche schickte mich, dich zu suchen.« Sie stieg die Treppe hinauf.
    »Krank?«
    »Ja. Großmutter schickte Maisry hinauf, um ihm zu essen zu bringen.« Und ihn an seine Pflichten zu erinnern, dachte Kivrin. Sie folgte ihr die Treppe hinauf. »Und Maisry fand ihn krank?«
    »Ja. Er hat ein Fieber.«
    Er hat einen Kater, dachte Kivrin. Aber Pater Roche würde die Auswirkungen eines Rausches sicherlich von einem Fieber unterscheiden können, selbst wenn Frau Imeyne es nicht konnte oder wollte.
    Ein schrecklicher Gedanke kam ihr in den Sinn. Er hatte in ihrem Bett geschlafen und sich mit ihrem Virus angesteckt.
    Rosemund öffnete die Tür.
    Die kleine Kammer bot kaum genug Platz für alle. Pater Roche stand neben dem Bett, und etwas hinter ihm stand Eliwys und hatte die Hand auf Agnes’ Kopf gelegt. Maisry stand beim Fenster, und Frau Imeyne war am Fuß des Bettes über ihren Arzneikasten gebeugt, den sie auf die Truhe gestellt hatte. Sie war mit der Zubereitung eines ihrer übelriechenden Umschläge beschäftigt, aber es hing noch ein anderer Geruch in dem engen Raum, widerwärtig und so stark, daß er den Senf- und Lauchgeruch des Umschlags zurückdrängte.
    Alle bis auf Agnes hatten besorgte und ängstliche Gesichter. Agnes sah interessiert aus, wie sie zuvor den steifen Blackie interessiert betrachtet hatte, und Kivrin dachte: Er ist tot, er hat sich mit meinem Virus infiziert und ist daran gestorben. Aber das war lächerlich. Sie war seit Mitte Dezember hier. Das würde eine Inkubationszeit von annähernd zwei Wochen bedeuten, und niemand sonst war daran erkrankt, weder Pater Roche noch Eliwys, die während ihrer Krankheit ständig bei ihr gewesen waren.
    Sie reckte den Hals und sah den Sekretär. Er lag aufgedeckt im Bett, nur in ein Nachthemd von gelber Seide gekleidet. Seine Tageskleidung war über das Fußbrett des Bettes drapiert, der purpurne Umhang schleifte am Boden. Die Bänder seines Nachthemdes waren offen und gaben seine Brust zur Hälfte frei, aber sie bemerkte weder seine haarlose Haut noch die Hermelinstreifen an den Ärmeln seines Nachthemdes. Er war wirklich krank. Ich war niemals so krank, dachte Kivrin, nicht einmal, als ich im Sterben lag.
    Sie trat näher zum Bett, und ihr Fuß stieß gegen eine halbleere irdene Weinflasche, die mit Gepolter umfiel und unter das Bett rollte. Der Sekretär zuckte zusammen. Eine weitere Flasche, noch versiegelt, stand am Kopfende des Bettes.
    »Er hat zuviel fettes Essen verzehrt«, sagte Frau Imeyne. Sie zerkleinerte und verrührte etwas in ihrem steinernen Mörser, aber was dem Mann fehlte, war sicherlich weder ein verdorbener Magen noch Fleischvergiftung. Auch nicht

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