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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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Blut ist zum Gehirn gegangen. So geschieht es oft.«
    Kivrin war ratlos. Es war kein Krankheitssymptom, von dem sie je gehört hatte. Was konnte es sein? Veitstanz, Epilepsie? Spinale Hirnhautentzündung?
    Sie kauerte neben Rosemund nieder. Das Mädchen lag steif am Boden, die Augen zugedrückt, die Hände zu weißen Fäusten geballt. »Hat er dich verletzt?«
    Rosemund schlug die Augen auf. »Er stieß mich zu Boden«, sagte sie. Ihre Stimme bebte.
    »Kannst du stehen?«
    Rosemund nickte, und Eliwys, der Agnes noch am Rock hing, faßte mit an, und sie halfen Rosemund auf die Beine.
    »Mein Fuß schmerzt«, sagte sie, auf ihre Mutter gestützt, aber bald konnte sie darauf stehen. »Er… auf einmal…«
    Eliwys führte sie zum Ende des Bettes und setzte sie auf die geschnitzte Truhe. Agnes kletterte zu ihr hinauf. »Der Sekretär des Bischofs ist auf dich gesprungen«, sagte sie.
    Der Kranke murmelte etwas, und Rosemund schaute angstvoll zu ihm. »Wird er wieder aufstehen?«
    Eliwys schüttelte den Kopf, aber sie stützte Rosemund und führte sie zur Tür. »Geh mit deiner Schwester hinunter zum Herdfeuer und bleib bei ihr«, befahl sie Agnes.
    Agnes nahm Rosemund bei der Hand und führte sie hinaus. »Wenn der Mann stirbt, werden wir ihn auf dem Friedhof begraben«, konnte Kivrin sie sagen hören, als sie die Treppe hinunterstieg. »Wie Blackie.«
    Der Sekretär sah bereits wie ein Toter aus. Seine Augen waren halb offen, zeigten aber nur das blutunterlaufene Weiße. Pater Roche kniete neben ihm nieder und hob ihn scheinbar mit Leichtigkeit über die Schulter, daß der Kopf und die Arme des Kranken schlaff herabhingen, geradeso wie Kivrin Agnes von der Christmette nach Haus getragen hatte. Kivrin zog die Decke zurück, und Roche ließ den Mann wieder ins Bett sinken.
    »Wir müssen ihm das Fieber aus dem Gehirn ziehen«, sagte Frau Imeyne. »Es sind die Gewürze, die sein Gehirn fiebrig gemacht haben.« Sie kehrte zu ihrem Umschlag zurück.
    »Nein«, flüsterte Kivrin. Der Kranke lag auf dem Rücken, die Arme neben sich ausgestreckt, die Handflächen nach oben gekehrt. Das dünne seidene Nachthemd war vorn halb aufgerissen und gab die linke Schulter frei, so daß der ausgestreckte Arm bis zum Ellbogen bloß lag. Unter dem Arm war eine rote Anschwellung. »Nein«, hauchte sie.
    Die Anschwellung war hellrot und beinahe so groß wie ein Hühnerei. Hohes Fieber, geschwollene Zunge, Intoxikation des Nervensystems, Beulen unter den Armen und an den Leisten.
    Kivrin trat unwillkürlich vom Bett zurück. »Das kann es nicht sein«, sagte sie. »Es ist etwas anderes.« Es mußte etwas anderes sein, vielleicht ein Blutgeschwür. Sie streckte den Arm aus, um den Ärmel von der anderen Schulter zu ziehen.
    Die Hände des Kranken zuckten. Roche ergriff seine Handgelenke und drückte sie nieder. Auch unter dem anderen Arm war eine ähnliche Anschwellung. Sie fühlte sich hart an, und in ihrem Umkreis zeigte die Haut ein geflecktes Purpurschwarz.
    »Es kann nicht sein«, murmelte sie. »Das ist unmöglich.«
    »Dies wird das Fieber herausziehen«, sagte Imeyne. Sie hielt den Umschlag mit beiden Händen vor sich. »Zieht ihm das Nachthemd weiter herunter, daß ich ihm den Umschlag auflegen kann.«
    Kivrin hob abwehrend die Hände. »Nein! Bleibt weg! Ihr dürft ihn nicht berühren!«
    »Ihr sprecht wirr«, sagte Imeyne. Sie blickte zu Pater Roche. »Es ist nichts als ein Fieber, das vom Leib ausgegangen ist.«
    »Es ist kein Fieber!« sagte Kivrin. Sie wandte sich zu Pater Roche. »Laßt seine Hände los und geht weg von ihm. Es ist kein Fieber. Es ist die Pest.«
    Pater Roche und Imeyne und Eliwys schauten sie ebenso verständnislos an wie Maisry.
    Sie wußten nicht einmal, was es ist, weil es noch nicht existierte. In dieser Zeit gab es den Schwarzen Tod noch nicht. Erst 1333 nahm er von China seinen Ausgang. Und er erreichte England nicht vor 1348. »Aber es ist die Pest«, sagte Kivrin, mehr zu sich selbst als zu den anderen. »Er hat alle Symptome. Die Beulen und die geschwollene Zunge und die Blutergüsse unter der Haut.«
    »Es ist nichts als ein Bauchfieber«, sagte Imeyne und drängte sich an Kivrin vorbei zum Bett.
    »Nein …«, murmelte Kivrin, aber Imeyne war schon bei ihm und hielt den Umschlag über seine nackte Brust.
    »Der Herr sei uns gnädig«, stieß sie dann hervor und wich zurück, den Umschlag noch immer in den Händen.
    »Ist es die Blaukrankheit?« fragte Eliwys ängstlich.
    Und auf einmal fiel es Kivrin

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