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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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mit knapper Not zu Kivrin rettete, um den Kopf in ihren Röcken zu bergen.
    »Gott mit Euch, ehrwürdiger Vater«, rief Frau Imeyne ihm nach, aber er war schon zum Tor hinaus.
    Und dann waren sie alle fort, Gawyn als letzter im schneidigen Galopp, um vor Eliwys zu glänzen, und sie hatten sie nicht nach Godstow und außer Reichweite des Absetzortes mitgenommen. Kivrin war so erleichtert, daß sie sich nicht einmal Gawyns wegen sorgte. Nach Courcy war es nur ein halber Tagesritt. Vielleicht konnte er bis Dunkelwerden schon zurück sein.
    Alle schienen erleichtert, oder es war nur die Ermattung nach der Geschäftigkeit und Aufregung des Festes, die ihnen seit dem Morgen des Vortags kaum Ruhe gegönnt hatten. Niemand machte Anstalten, die Tische abzuräumen, auf denen noch immer die benutzten Tranchierbretter, halbvollen Schüsseln und Trinkbecher standen. Eliwys sank in den Lehnstuhl ihres Mannes, ließ die Arme über die Seiten herabhängen und blickte müde über den Tisch hin. Nach ein paar Minuten rief sie nach Maisry, doch als das Mädchen nicht antwortete, unterließ sie es, noch einmal zu rufen. Sie lehnte den Kopf an die geschnitzte Lehne und schloß die Augen.
    Rosemund stieg zum Dachboden hinauf, um sich hinzulegen, und Agnes setzte sich neben Kivrin ans Herdfeuer, legte den Kopf in ihren Schoß und spielte mit ihrer Glocke.
    Nur Frau Imeyne weigerte sich, der Erschlaffung und Abgespanntheit nachzugeben. »Ich werde mit meinem neuen Kaplan sprechen, daß er die Vesper liest«, sagte sie und ging hinauf, um an die Tür der Schlafkammer zu klopfen. Eliwys erwiderte halbherzig und mit geschlossenen Augen, daß der bischöfliche Gesandte gesagt habe, sie sollten den Sekretär nicht stören, aber Imeyne klopfte mehrmals vernehmlich und ohne Ergebnis. Sie wartete ein paar Minuten, klopfte wieder und kam dann die Treppe wieder herunter, um an ihrem Fuß niederzuknien und ihr Stundenbuch zu lesen. Dabei konnte sie die Tür im Auge behalten und den Sekretär des Gesandten abfangen, sobald er sich zeigte.
    Agnes gähnte ausgiebig, dann stieß sie mit einem Finger an ihre Glocke und brachte sie leise zum Erklingen. Ihre Augen waren am Zufallen.
    »Warum gehst du nicht auf den Dachboden und legst dich mit deiner Schwester schlafen?« sagte Kivrin.
    Agnes richtete sich auf. »Ich bin nicht müde. Erzähl mir, was mit dem bösen Mädchen geschah.«
    »Nur wenn du dich hinlegst«, sagte Kivrin und begann die Geschichte. Agnes überdauerte keine zwei Sätze.
     
    Am Spätnachmittag erinnerte Kivrin sich des Welpen. Alle schliefen inzwischen, sogar Frau Imeyne, die den Sekretär einstweilen aufgegeben und sich in ihre Kammer zurückgezogen hatte. Irgendwann war Maisry hereingekommen und unter einen Tisch gekrochen. Sie schnarchte vernehmlich.
    Kivrin zog ihre Knie vorsichtig unter Agnes’ Kopf heraus und verließ die Diele, um den jungen Hund zu begraben. Der Hof lag menschenleer, und vom Dorfanger drangen keine Stimmen mehr herüber. Auch die Dorfbewohner mußten sich der weihnachtlichen Nachmittagsruhe hingegeben haben.
    Kivrin nahm Blackies starren Körper an sich und ging in den Stall, um nach einem Spaten zu suchen. Nur Agnes’ Pony stand in seiner Box, und Kivrin betrachtete es nachdenklich: wie sollte der Sekretär dem Gesandten nach Courcy folgen, wenn kein Pferd für ihn da war? Vielleicht hatte er doch nicht gelogen und den Sekretär als neuen Kaplan zurückgelassen, ob es ihm gefiel oder nicht.
    Im Geräteschuppen fand Kivrin einen hölzernen Spaten und trug Blackies steifen Leichnam über den Dorfanger und zur Nordseite des Friedhofes. Dort legte sie ihn ab und begann außerhalb der Einfriedungsmauer ein Loch in den verharschten Schnee zu stechen.
    Der Erdboden darunter war buchstäblich steinhart. Der hölzerne Spaten drückte ihn nicht einmal ein, obwohl sie ihr ganzes Gewicht darauf verlagerte. Sie erstieg die Anhöhe bis zum Waldrand, scharrte am Fuß einer Esche den Schnee auf und begrub Blackie in der lockeren Deckschicht aus vermoderndem Laub und Moos.
    »Requiescat in pace«, sagte sie, um Agnes versichern zu können, daß der Welpe ein christliches Begräbnis erhalten habe, und machte sich auf den Rückweg.
    Während sie langsam über den Dorfanger ging, stellte sie sich vor, wie praktisch es wäre, wenn Gawyn jetzt geritten käme. Sie könnte ihn bitten, daß er sie zum Absetzort bringe, während alle anderen noch schliefen. Wahrscheinlich würde er die Straße nehmen. Sie lehnte den Spaten an den

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