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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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sterben.« Als er sich durch das Gedränge hineinschlängelte, begegnete ihm Colin. Sein Gesicht war von der Kälte gerötet, und seine rote Nase tropfte.
    »Die Telefone sind ausgefallen«, sagte er. »Eine Überlastung, wie es heißt. Ich erledige Botengänge.« Er zog ein unordentliches Bündel gefalteter Papiere aus der Manteltasche. »Gibt es jemanden, dem Sie eine Botschaft zukommen lassen wollen?«
    Ja, dachte er. Andrews. Basingame. Kivrin.
    »Danke, mein Junge.«
    Colin steckte die Botschaften wieder ein. »Dann laufe ich jetzt los. Wenn Sie meine Großtante suchen, sie ist in der Notaufnahme. Fünf neue Fälle sind gerade gekommen. Eine Familie. Der Säugling war tot.« Er lief hinaus durch den Verkehrsstau.
    Dunworthy fragte sich zu Mary durch und zeigte ihr die Liste, und sie beauftragte einen Assistenzarzt, mit ihm zum Magazin zu gehen und das Nötigste auszuhändigen. Die Korridore waren voller Betten: inzwischen standen sie zu beiden Seiten aufgereiht, so daß nur ein schmaler Durchgang zwischen ihnen blieb. Über eines der Krankenbetten beugte sich eine Schwester mit rosa Schutzmaske und las der Patientin aus einem Buch vor.
    »Der Herr wird Hungersnot und Pestilenz über euch bringen«, hörte er sie sagen und bemerkte zu spät, daß es Mrs. Gaddson war, aber sie war so auf ihr Lesen konzentriert, daß sie nicht aufblickte. »Und er wird nicht ruhen, bis er euch vom Land getilgt hat.«
    Dir selbst wünsche ich die Pestilenz an den Hals, dachte er bei sich, und der Gedanke brachte ihn auf Badri. »Es waren die Ratten«, hatte Badri gesagt. »Es tötete sie alle. Halb Europa.«
    Sie konnte nicht in der Zeit des Schwarzen Todes sein. Andrews hatte die maximale Verschiebung mit fünf Jahren angegeben. Um 1325 hatte die Seuche nicht einmal in China begonnen. Und Andrews hatte gesagt, daß die einzigen zwei Faktoren, die eine Absetzoperation nicht automatisch unterbrochen haben würden, die Verschiebung und die Koordinaten seien, und Badri hatte die Koordinaten überprüft, das stand außer Zweifel.
    Er folgte dem Assistenzarzt ins Lager. Der Schreibtisch des Magazinverwalters war unbesetzt. Der Arzt drückte auf die Klingel.
    Jedesmal, wenn Dunworthy ihn gefragt hatte, hatte Badri bestätigt, daß die Koordinaten stimmten. Aber was hatte dieses nervöse Herumtasten auf der Bettdecke zu bedeuten gehabt, als wollte er die Fixierung eingeben. Das kann nicht stimmen. Etwas ist nicht in Ordnung.
    Wieder läutete der Arzt die Tischglocke, und zwischen den Regalen erschien eine Krankenschwester. Anscheinend war sie auf Grund der Epidemie aus dem Ruhestand zurückgerufen worden. Sie war mindestens neunzig, und ihr steif gestärkter weißer Kittel schien die schmächtige Gestalt wie ein Exoskelett zu stützen. Sie nahm seine Liste und überflog sie.
    »Haben Sie einen Anforderungsschein mit Genehmigungsvermerk?«
    Sie schob ihm die Liste über den Tisch und legte ein Formblatt darauf. »Alle Anforderungen müssen von der zuständigen Stationsschwester gegengezeichnet werden.«
    »Wir haben keine Stationsschwester«, brauste er auf. »Wir haben keine Station. Wir haben fünfzig erkrankte Zwangseinweisungen in zwei Schlafsälen und keine Medikamente.«
    »In diesem Fall muß der Genehmigungsvermerk vom zuständigen Arzt gegeben werden.«
    »Die zuständige Ärztin hat mich hergeschickt, mit diesem Kollegen hier. Sie hat keine Zeit, Genehmigungsvermerke zu machen. Sie hat ein Krankenhaus voller Patienten, um die sie sich kümmern muß. Wir haben eine Epidemie.«
    »Das ist mir wohlbekannt«, sagte die Schwester frostig. »Alle Anforderungen müssen vom zuständigen Arzt gegengezeichnet werden.« Damit machte sie kehrt und verschwand zwischen den Regalen.
    Er ging zurück zur Notaufnahme. Mary war nicht mehr dort. Der Stationsarzt schickte ihn hinauf zur Isolierstation, aber auch dort war sie nicht. Er spielte mit dem Gedanken, Marys Unterschrift zu fälschen, aber er wollte sie sprechen und über die Unmöglichkeit unterrichten, die Techniker zu erreichen und das Netz unter Umgehung Gilchrists zu öffnen. Er konnte nicht einmal Aspirin bekommen, und es war schon der 3. Januar.
    Endlich erreichte er Mary im Laboratorium. Sie sprach ins Telefon, das offenbar wieder funktionierte, obwohl die Sichtverbindung nichts als Schnee war. Sie beobachtete die Konsole, deren Bildschirm die Verzweigungen der infizierten Kontaktpersonen zeigte. »Was genau ist die Schwierigkeit?« sagte sie gerade. »Nach Ihrer letzten Auskunft

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