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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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Schutzimpfung versäumt hat. Wissen Sie, ob er im ersten Teil des Semesters eine Absetzoperation durchgeführt hat?«
    »Nein. Es ist gut möglich.«
    »In diesem Fall wurde er damals schon geimpft und könnte den üblichen Termin einfach vergessen haben. Dann hat er bloß die diesjährige Wintergrippe.«
    »Und Kivrin?«
    »Sie ist voll geschützt, wie ich sagte.«
    »Auch wenn es Influenza ist?«
    Sie zögerte nur einen Augenblick. »Wenn sie heute früh durch Badri dem Virus ausgesetzt wurde, ist sie vollkommen geschützt.«
    »Und wenn sie ihn vorher schon getroffen hat?«
    »Wenn ich Ihnen das sage, werden Sie sich nur Sorgen machen, und ich bin überzeugt, daß solche Sorgen unbegründet sind.« Sie holte tief Luft. »Der antivirale Schutz und die Stärkung des Immunsystems wurden so gegeben, daß sie während der Absetzoperation größtmögliche Sicherheit genießt.«
    »Und Gilchrist hat den Termin um zwei Tage vorverlegt«, sagte Dunworthy mit Bitterkeit.
    »Ich hätte dem Mädchen nicht erlaubt, durchzugehen, wenn ich nicht überzeugt gewesen wäre, daß es in Ordnung ist.«
    »Aber Sie hatten nicht damit gerechnet, daß Kivrin noch vor Beginn der Operation einem Influenzavirus ausgesetzt sein würde.«
    »Nein, aber das ändert nichts. Sie hat Teilimmunität, und wir sind nicht einmal sicher, daß sie einer Infektion ausgesetzt war. Badri war kaum in ihrer Nähe.«
    »Und wie, wenn sie schon vorher einer Infektion ausgesetzt war?«
    Mary seufzte. »Ich hätte es Ihnen nicht sagen sollen, das dachte ich mir gleich. Die meisten Myxoviren haben eine Inkubationszeit zwischen zwölf und achtundvierzig Stunden. Selbst wenn Kivrin vor zwei Tagen einer Infektion ausgesetzt wurde, würde sie ausreichend Immunität gehabt haben, um das Virus an einer Vermehrung zu hindern, die mehr als unbedeutende Symptome verursachen kann. Aber es ist nicht Influenza.« Sie klopfte ihm auf den Arm. »Und Sie vergessen eins: wäre Ansteckungsgefahr von ihr ausgegangen, hätte das Netz sie nicht durchgelassen.«
    Sie hatte recht. Krankheitsträger konnten nicht durch das Netz, wenn die Gefahr bestand, daß sie die Zeitgenossen am Absetzort infizierten. Das Netz hätte sich nicht geöffnet.
    »Wie sind die Aussichten, daß die Bevölkerung von 1320 immun ist?«
    »Gegen ein Virus unserer Tage? Gleich Null. Es gibt achtzehnhundert mögliche Mutationspunkte. Die Zeitgenossen müßten genau das gleiche Virus gehabt haben, oder sie würden verwundbar sein.«
    »Ich möchte Badri sprechen«, sagte er. »Als er ins Pub kam, sagte er, daß etwas nicht in Ordnung sei. Unterwegs in die Klinik wiederholte er es.«
    »Es ist etwas nicht in Ordnung«, sagte sie. »Er hat eine ernste Virusinfektion.«
    »Oder er weiß, daß er Kivrin infizierte. Oder er bekam die Fixierung nicht.«
    Sie sah ihn mitleidig an. »Er sagte, er habe die Fixierung. Ich fürchte, es ist nutzlos, Ihnen zu sagen, Sie sollten sich nicht um Kivrin sorgen. Sie wissen, was ich eben von Colin sagte, und es ist mein Ernst: die beiden sind sicherer, wenn sie in diese Sache nicht hineingezogen werden. Kivrin ist dort, wo sie ist, viel besser daran als sie es hier sein würde, selbst unter den Halsabschneidern und Dieben, die Ihre Phantasie sich so hartnäckig ausmalt. Wenigstens braucht sie sich nicht um Quarantänebestimmungen zu kümmern.«
    Er lächelte. »Oder amerikanische Schellenläuter. Wo sie ist, hat man Amerika noch nicht entdeckt.«
    Die Tür am Ende des Korridors flog auf, und eine große dicke Frau mit einem Koffer marschierte durch.
    »Da sind Sie ja, Mr. Dunworthy«, rief sie durch den Korridor. »Ich habe Sie überall gesucht.«
    »Ist das eine Ihrer Schellenläuterinnen?« fragte Mary.
    »Schlimmer«, sagte Dunworthy. »Das ist Mrs. Gaddson.«

 
6
     
     
    In der Talsenke unter den Bäumen wurde es schon dunkel. Kivrins Kopfschmerzen nahmen wieder zu, als sie zu den eisbedeckten Pfützen und hartgefrorenen Spurrinnen kam, als ob sie mit winzigen Veränderungen des Luftdrucks oder Lichtes zu tun hätten.
    Sie konnte das Fuhrwerk nicht mehr sehen, obwohl sie unmittelbar vor dem kleinen Kasten stand, und das angestrengte Spähen durch das in tiefer Dämmerung versinkende Dickicht schien ihren Kopf geradezu zum Platzen zu bringen. Wenn das eine der »unbedeutenden« Begleiterscheinungen der Zeitverzögerung war, wie mochte dann eine schwerere aussehen?
    Als sie sich durch das Dickicht kämpfte, beschloß sie mit Dr. Ahrens über diesen Punkt zu sprechen. Offenbar

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