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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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nicht mehr zu bücken, sondern niederzukauern, um die Zweige aufzusammeln. Das half ein wenig, aber nicht viel. Vielleicht fühlte sie sich so elend, weil sie so fror. Vielleicht rührten Kopfschmerzen und Atemlosigkeit daher, daß ihr so kalt war. Sie mußte Feuer machen.
    Das Holz fühlte sich eiskalt und feucht an. Auch das Laub war zu feucht, zumindest an der Oberfläche, um als Zunder zu dienen. Sie brauchte trockenes Anbrennholz und Laub und einen scharfen Stecken, um Feuer zu machen. Sie legte das gesammelte Holz in einem kleinen Bündel an die Wurzeln eines Baumes, ohne sich zu bücken, dann ging sie zurück zum Fuhrwerk.
    Die zerbrochenen Teile des Fuhrwerks lieferten mehrere Stücke Holz, die zum Anbrennen geeignet waren. Sie zog sich zwei Splitter in die Hand, bevor es ihr gelang, das zähe Holz von den Planken zu reißen, aber wenigstens fühlte es sich trocken an, obwohl es auch kalt war. Über dem Rad war ein langes, spitz abgesplittertes Stück Holz, das sich als Feuerbohrer eignete, wenn es ihr gelang, die scharfen Kanten ein wenig abzuschleifen. Sie brach es mit einiger Anstrengung los, aber dann fiel sie beinahe vornüber, keuchend vor Schwindelgefühl und plötzlicher Übelkeit.
    »Leg dich lieber hin«, sagte sie sich.
    Mit einer Hand auf das Wagenrad gestützt, ließ sie sich vorsichtig nieder, bis sie saß. »Dr. Ahrens«, sagte sie ein wenig atemlos, »Sie sollten etwas gegen die Nebenwirkungen der Zeitverzögerung herausbringen. Sie sind furchtbar.«
    Wenn sie sich nur ein wenig niederlegen könnte, würde das Schwindelgefühl vielleicht nachlassen und sie könnte das Feuer anmachen. Das aber war nicht möglich, ohne sich zu bücken, und der bloße Gedanke daran ließ die Übelkeit wieder aufkommen.
    Sie zog die Kapuze über den Kopf und schloß die Augen, und sogar das schmerzte, weil es ihre Aufmerksamkeit nach innen lenkte. Da stimmte etwas nicht. Diese Symptome konnten keine Reaktion auf die Zeitverzögerung sein. Mit ein paar geringfügigen Symptomen, die innerhalb einer oder zwei Stunden nach ihrer Ankunft abklingen würden, sich aber nicht verschlimmerten, war gerechnet worden. Leichte Kopfschmerzen, etwas Müdigkeit, hatte Dr. Ahrens gesagt. Sie hatte nichts von Übelkeit, Schwindelgefühl und Schüttelfrost gesagt.
    Die Kälte war schrecklich. Sie zog die Röcke und den Umhang wie eine Decke um sich, aber die Bewegungen schienen nur noch mehr kalte Luft einzulassen. Ihre Zähne schnatterten, wie sie es schon oben auf dem Hügel getan hatten, und ihre Schultern zitterten mit.
    Ich werde hier noch erfrieren, dachte sie. Aber es läßt sich nicht ändern. Ich kann nicht aufstehen und Feuer machen. Ich kann nicht. Mir ist zu kalt. Zu dumm, daß Sie sich über die Zeitgenossen des 14. Jahrhunderts irrten, Mr. Dunworthy, dachte sie, und der bloße Gedanke verursachte ihr Schwindelgefühl.
    Sie hätte nicht geglaubt, daß sie imstande sein würde, auf dem kalten Boden zusammengekauert einzuschlafen. Sie hatte keine sich ausbreitende Wärme bemerkt, und hätte sie es getan, wäre sie in Panik geraten, daß es die schleichende Gefühllosigkeit der Hypothermie sei, und hätte versucht, dagegen anzukämpfen. Aber sie mußte geschlafen haben, denn als sie die Augen wieder öffnete, war es tiefe Nacht, und frostige Sterne flimmerten im Netz der Äste über ihr, und sie lag am Boden und blickte zu ihnen auf.
    Sie war im Schlaf umgesunken und lag mit dem Kopf am Wagenrad. Noch immer zitterte sie vor Kälte, aber ihre Zähne klapperten nicht mehr. Die Kopfschmerzen meldeten sich mit pulsierender, lähmender Heftigkeit, und ihr ganzer Körper schmerzte, besonders der Brustkorb, wo sie beim Holzsammeln die Zweige an sich gedrückt hatte.
    Ich bin krank, dachte sie, und diesmal war der Gedanke von wirklicher Panik begleitet. Vielleicht hatte sie eine allergische Reaktion auf Zeitreisen? Gab es so etwas? Dunworthy hatte niemals von allergischen Reaktionen gesprochen, und er hatte sie vor ungefähr allem gewarnt: Vergewaltigung und Cholera und Typhus und Seuchen aller Art.
    Sie fühlte im Umhang nach der Stelle unter dem Arm, wo sie die Schwellung von der antiviralen Schutzimpfung hatte. Sie war noch da, aber die Druckempfindlichkeit war vergangenen, und sie juckte nicht mehr. Vielleicht war das ein schlechtes Zeichen, dachte sie. Der Umstand, daß es nicht mehr juckte, mochte bedeuten, daß die Wirkung aufgehört hatte.
    Sie versuchte den Kopf zu heben. Augenblicklich war das Schwindelgefühl wieder da.

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