Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
Vom Netzwerk:
Hand in die Höhe. »Ist dort die U-Bahn-Station Cornmarket?« sagte er. Anscheinend war es so. Er konnte die Schalter und eine Menschenmenge hinter einem nervös aussehenden Stationsvorsteher sehen. »Ich rufe wegen eines Jungen an, der um drei Uhr aus London gekommen ist. Er ist zwölf.« Dunworthy hielt die Hand über die Sprechmuschel und fragte Mary: »Wie sieht er aus?«
    »Er ist blond und hat blaue Augen. Er ist groß für sein Alter.«
    »Groß und blond«, sagte Dunworthy mit erhobener Stimme, denn der Lärm der Menschenmenge war vernehmlich. »Sein Name ist Colin…«
    »Templer«, sagte Mary. »Deirdre sagte, er würde um eins von Marble Arch losfahren.«
    »Colin Templer. Haben Sie ihn gesehen?«
    »Was, zum Teufel, soll das heißen, ob ich ihn gesehen habe?« rief der Stationsvorsteher. »Ich habe hier fünfhundert Leute, und Sie wollen wissen, ob ich einen kleinen Jungen gesehen habe. Sehen Sie sich dieses Durcheinander an.«
    Das Bild zeigte plötzlich eine wogende Menschenmenge. Dunworthy spähte in die Gesichter, versuchte einen großen Zwölfjährigen mit blondem Haar und blauen Augen auszumachen, aber gleich darauf kam wieder der Stationsvorsteher ins Bild.
    »Es ist eine Quarantäne verhängt worden«, rief er durch den Lärm der Menge, der von Minute zu Minute zuzunehmen schien, »und ich habe die Station voller Menschen, die wissen wollen, warum die Züge nicht mehr fahren und warum ich nichts dagegen unternehme. Ich habe die größte Mühe, sie daran zu hindern, daß sie mir die ganze Station auseinandernehmen. Ich kann mich nicht um einen Jungen kümmern.«
    »Sein Name ist Colin Templer«, rief Dunworthy. »Seine Großtante sollte ihn abholen.«
    »Warum hat sie es dann nicht getan und mir ein Problem erspart? Ich habe hier eine Menge aufgebrachter Leute, die wissen wollen, wie lange die Quarantäne dauern wird und warum ich nichts unternehme…« Plötzlich war die Verbindung unterbrochen. Dunworthy fragte sich, ob er aufgelegt oder ob jemand ihm das Telefon entrissen hatte.
    »Hat der Stationsvorsteher ihn gesehen?« fragte Mary.
    »Nein. Sie werden jemand hinschicken müssen.«
    »Ja, gut. Ich werde jemand vom Personal schicken«, sagte sie und lief hinaus.
    »Die Quarantäne wurde um zehn Minuten nach drei verhängt, und er sollte um drei ankommen«, sagte Montoya. »Vielleicht gab es eine Verspätung.«
    Daran hatte Dunworthy nicht gedacht. Wenn die Quarantäne vor der Ankunft des Zuges in Oxford verhängt worden war, würde er in der nächsten Station angehalten worden sein, und man hätte die Passagiere umgeleitet oder nach London zurückgeschickt. »Rufen Sie noch mal die Station an«, sagte er und reichte ihr das Telefon. Er zeigte ihr die Nummer. »Sagen Sie, der Zug habe Marble Arch um eins verlassen. Ich werde Mary sagen, daß sie ihre Nichte anrufen soll. Vielleicht ist Colin schon wieder zu Hause.«
    Er ging hinaus in den Korridor, um die Schwester nach Marys Verbleib zu fragen, aber sie war nicht da. Mary mußte sie zum Bahnhof geschickt haben.
    Der Korridor lag menschenleer. Am anderen Ende war die Telefonzelle, die er vorher benutzt hatte; er eilte hin und wählte die Nummer vom Balliol College. Es war zwar nicht wahrscheinlich, aber doch möglich, daß Colin sich durchgefragt hatte und Marys Wohnung gefunden hatte. Finch konnte ihn dort suchen und dann, wenn er Colin nicht antraf, zur Station hinuntergehen. Wahrscheinlich war mehr als eine Person nötig, um Colin in diesem Gewühl zu finden.
    »Hi«, sagte eine Frauenstimme.
    Dunworthy blickte stirnrunzelnd auf die Nummer, aber er hatte sich nicht verwählt. »Ich versuche Mr. Finch vom Balliol College zu erreichen.«
    »Der ist gerade nicht hier«, sagte die Frau, offenbar eine Amerikanerin. »Ich bin Mrs. Taylor. Kann ich etwas ausrichten?«
    Es mußte eine der Schellenläuterinnen sein. Sie war jünger, als er erwartet hatte, nicht weit über dreißig, und sah zierlich aus. »Würden Sie ihm bitte sagen, daß er Mr. Dunworthy in der Klinik anrufen soll, sobald er zurückkehrt?«
    »Mr. Dunworthy.« Sie notierte es und blickte scharf auf. »Mr. Dunworthy«, sagte sie in völlig verändertem Tonfall, »sind Sie dafür verantwortlich, daß wir hier gefangengehalten werden?«
    Darauf gab es keine gute Antwort. Er hätte nie im Studentenheim anrufen sollen.
    »Die Gesundheitsbehörden haben wegen des Auftretens einer nicht identifizierten Krankheit eine einstweilige Quarantäne verhängt. Es ist eine Sicherheitsmaßnahme. Ich

Weitere Kostenlose Bücher