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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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    Er schwebte kerzengerade hinaus. (S. 266.)
     
    Glieder. Bald vermochte er nicht einmal mehr die Arme zu erheben. Der Stock entfiel ihm und seine Hände besaßen nicht mehr Kraft genug, die Glockenleine zu erfassen, um ein Signal zu geben.
    Benito betrachtete sich als verloren. Weder Manoel noch die Anderen konnten eine Vorstellung davon haben, welch’ entsetzlicher Kampf jetzt tief unter ihnen stattfand zwischen dem fürchterlichen Puraqué und dem unglücklichen jungen Taucher, der sich vor Schmerzen wand, aber nicht mehr wirksam vertheidigen konnte.
    Und das mußte sich gerade in dem Augenblicke zutragen, wo ihm ein menschlicher Körper – ohne allen Zweifel die Leiche des gesuchten Torres – vor Augen kam! Noch einmal raffte Benito alle ihm gebliebene Geistesgegenwart zusammen – er wollte um Hilfe rufen – vergebliches Bemühen! Seine Stimme erstickte in der metallenen Kugel, welche keinen Laut hindurchdringen ließ.
    Jetzt verdoppelte der Puraqué noch die Wuth seines Angriffes und traf den jungen Mann mit den heftigsten Schlägen, unter deren Wucht sich dieser wie ein zerschnittener Wurm auf dem sandigen Strombette krümmte, während seine Muskeln in Folge der elektrischen Entladungen krampfhaft erzitterten.
    Benito entschwanden alle Gedanken; vor seinen Augen ward es allmählich dunkel, seine Glieder erstarrten. Bevor er jedoch das Sehvermögen vollständig verloren und seine Geistesfähigkeiten gänzlich erlahmten, ereignete sich ein unerwarteter, unerklärlicher und eigenartiger Zwischenfall, den er wenigstens noch bemerkte. Durch die mächtigen Wassermassen verbreitete sich plötzlich der Nachhall einer dumpfen Detonation, ähnlich einem Donnerschlage, dessen Rollen durch die tiefen, von den Bewegungen des Gymnoten erregten Schichten hinlief. Benito umsummte es wie ein höllisches Getöse, welches das Echo aus der Tiefe des Stromes verdoppelt wiedergab.
    Da entrang sich seinen Lippen noch ein unwillkürlicher Schrei – er wußte nicht, ob er seinen Augen trauen durfte, was sie ihm da zeigten.
    Der bisher ausgestreckt am Boden liegende Körper des Ertrunkenen begann sich emporzurichten!… Die Wellenbewegung des Wassers machte seine Arme schaukeln, als ob sie ein bewußtloser Lebender bewege… ein entsetzlich anzusehendes Zucken rüttelte den todten Körper!
    Es war wirklich der Leichnam Torres’. Ein Sonnenstrahl drang eben in die dämmerige Tiefe hinab, und Benito erkannte dabei das etwas gedunsene, grünliche Gesicht des Schurken, dem seine Hand den Todesstoß gegeben, dessen letztes Röcheln das Wasser des Stromes erstickt hatte.
    Und während Benito jetzt unfähig war, seine gelähmten Glieder zu rühren, während die schweren Sohlen ihn zurückhielten, als wäre er auf das sandige Bett festgenagelt, erhob sich vor ihm die Leiche, deren Kopf auf-und abschwankte, und aus der Vertiefung, in welcher sie einzelne Wasserpflanzen zurückgehalten haben mochten, schwebte der Körper – ein entsetzlicher Anblick – kerzengerade hinauf bis zur Oberfläche des Amazonenstromes.
Elftes Capitel.
Was sich in dem Etui befand.
    Die ganze, so wunderbare Erscheinung hatte eine rein physikalische Ursache, und zwar folgende:
    Das Kanonenboot »Santa Ana«, das auf der Fahrt nach Manao den Amazonenstrom hinaufsegelte, hatte eben das Fahrwasser von Frias passirt. Kurz vor dem Einlaufen in die Mündung des Rio Negro hißte es seine Flagge und begrüßte das grün und gelbe Banner Brasiliens durch einen Kanonenschuß. Durch den Knall kam zunächst die Oberfläche des Wassers in eine zitternde Bewegung, welche sich weiter und weiter durch die Wasserschichten fortpflanzte und eben hinreichte, den durch beginnende Zersetzung schon specifisch etwas leichteren Körper Torres’ aufzuheben, indem sie die Ausdehnung seines Zellgewebesystems begünstigte. Der Leichnam des Versunkenen stieg also aus sehr natürlichen Ursachen nach der Oberfläche des Wassers empor.
    Diese sehr bekannte Erscheinung erklärte wohl das Wiederauftauchen des Leichnams, aber man wird zugeben, daß die »Santa Ana« gerade im rechten Augenblicke an der Stelle, wo die Nachsuchung vor sich ging, eingetroffen war.
    Auf einen Ausruf Manoels hin, den dessen Begleiter wiederholten, steuerte die eine Pirogue sofort auf den Körper zu, während der Taucher wieder nach dem Floße emporgewunden wurde.
    Wie schmerzlich erschrak aber Manoel da, als Benito bis zur Plattform herausgeholt, daselbst vollkommen bewußtlos niedergelegt wurde, ohne daß nur

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