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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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fünfundzwanzig Jahren nicht überschritten, so folgt fast von selbst daraus, daß auch seine Gattin und seine Tochter den Boden des Nachbarlandes noch niemals betreten hatten, obschon sie mehr als einmal das Verlangen verspürten, dieses schöne Land, von dem ihnen Benito bei seinen Ferienbesuchen so viel erzählte, ein wenig näher kennen zu lernen. Yaquita hatte diesen Wunsch ihrem Gatten gegenüber auch schon zwei-oder dreimal verlauten lassen, dabei aber die Beobachtung gemacht, daß der Gedanke, die Fazenda, und wäre es nur für wenige Wochen, zu verlassen, dessen Stirn stets noch mehr verdüsterte. Seine Augen verschleierten sich dann und er sagte mit dem Tone eines sanften Vorwurfs:
    »Warum wollen wir aus unserem Hause gehen? Sind wir hier nicht glücklich genug?«
    Yaquita gewann es dann nicht über sich, gegenüber diesem Manne voll sorgender Güte und immer gleich bleibender Zärtlichkeit auf ihrem Wunsche zu bestehen.
    Diesesmal hatte sie freilich einen wichtigen Grund dafür beizubringen. Die Verheiratung Minhas bot eine ganz ungezwungene Gelegenheit, das junge Mädchen nach Belem, wo sie mit ihrem Gatten wohnen sollte, zu begleiten.
    Dort erst sollte sie ja die Mutter Manoel Valdez’ sehen, das heißt diese lieben lernen. Konnte Joam Garral wohl einen so berechtigten Wunsch abschlagen?
    Und wenn ihn das nicht bestimmte, sollte er wie sie selbst nicht wenigstens das Verlangen theilen, die Frau kennen zu lernen, welche ihrem Kinde die zweite Mutter sein sollte?
    Yaquita hatte die Hand ihres Mannes ergriffen und wendete sich mit jener zärtlichen Stimme, welche ihm die einzige Musik in seinem Leben gewesen war, an den rastlosen Arbeiter.
    »Joam, begann sie, ich möchte mit Dir über eine Angelegenheit sprechen, deren Erledigung wir sehnlichst wünschen und welche Dich sicherlich ebenso glücklich machen wird, wie wir, Deine Kinder und ich, es schon sind.
    – Was meinst Du, Yaquita? fragte Joam.
    – Manoel liebt unsere Tochter, wird von ihr auch wieder geliebt, und in ihrer Vereinigung werden sie das Glück finden…«
    Bei Yaquita’s ersten Worten hatte sich Joam erhoben und konnte eine tiefgehende Erregung nicht ganz verbergen. Gleich darauf senkten sich seine Augen so, als ob er dem Blicke seiner Frau ausweichen wollte.
    »Was ist Dir, Joam? fragte diese.
    – Minha?… Sich verheiraten?… murmelte Joam.
    – Liebster Mann, fuhr Yaquita ängstlichen Herzens fort, solltest Du gegen diese Verbindung etwas einzuwenden haben? Hast Du nicht schon seit längerer Zeit die Gefühle Manoels für unser Kind errathen?
    – Ja freilich… seit einem Jahre!…« Darauf setzte sich Joam wieder nieder, ohne seinen Gedanken ganz auszusprechen. Mit energischer Willensanstrengung war er seiner wieder Herr geworden. Der unerklärliche Eindruck, den die Nachricht zuerst auf ihn gemacht, war verwischt. Langsam suchten seine Augen wieder die Yaquitas und nachdenklich blickte er dieselbe an.
    Yaquita ergriff seine Hand.
    »Lieber Joam, sagte sie, sollte ich mich doch getäuscht haben? Wäre der Gedanke Dir niemals gekommen, daß diese Heirat einst in Aussicht stand und unserer Tochter alle Bedingungen eines gesicherten Lebensglückes bieten würde?
    – O, gewiß… gab Joam zur Antwort… alle, alle!… Ohne Zweifel!.. Indeß, Yaquita, diese Hochzeit, die wir Alle im Geiste voraussehen, ja, wann soll sie stattfinden?… Schon in nächster Zeit?
    – Darüber hast Du allein zu entscheiden, Joam.
    – Und wo soll sie gefeiert werden… hier in Iquitos?«
    Diese Frage bot Yaquita die gewünschte Gelegenheit, den zweiten Punkt, der ihr am Herzen lag, zur Sprache zu bringen. Sie that das immerhin mit einigem Zögern.
    »Joam, begann sie nach kurzem Stillschweigen, höre mich einmal recht ruhig an. Gerade bezüglich der Feier dieser Hochzeit möchte ich Dir einen Vorschlag machen, dem Du hoffentlich zustimmst. Zwei bis drei Mal während zwanzig Jahren habe ich Dich gebeten, uns, mich und unsere Tochter, einmal nach den Provinzen des unteren Amazonenstromes und nach Para zu führen, wohin wir noch nicht gekommen sind. Die Verwaltung der Fazenda, die Arbeiten, welche Deine persönliche Anwesenheit hier erheischten, haben Dich bisher verhindert, unseren Wunsch zu erfüllen. Ich gebe zu, es hätte Dir geschäftlich von Schaden sein können, wenn Du Dich auch nur auf wenige Tage von hier entferntest. Jetzt aber, wo Dein Streben mit überraschend reichem Erfolge gekrönt worden ist, könntest Du Dir, wenn auch die Zeit der Ruhe

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