Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Kampf zur Zeit des Neu-und Vollmondes, durch die bekannte »Pororoca«, eine Springfluthwelle, gegenüber der alle ähnlichen Erscheinungen in den anderen Flüssen nur wie kleine Wellen erscheinen, welche sich unter sanfter Brise kräuseln!
    – Ein Strom, zu dessen Bezeichnung kaum drei Namen ausreichen und den Schiffe mit dem größten Tonnengehalt von seiner Mündung aus fünftausend Kilometer weit hinaussegeln können, ohne ihre Ladung zu vermindern!
    – Ein Strom, der durch sich selbst und durch seine Nebenflüsse und deren Verzweigungen dem Handel eine Wasserstraße durch den ganzen Norden Südamerikas bietet, welche sich vom Magdalena bis zum Ortequaza, von diesem zum Caqueta, vom Caqueta bis zum Putumayo und von letztgenanntem bis zum eigentlichen Amazonenstrom erstreckt! Viertausend Meilen Wasserstraße, welche nur die Anlegung weniger Kanäle erforderte, um durch das ganze ungeheure Netz hin schiffbar zu werden!
    – Wahrlich das wunderbarste und ausgedehnteste hydrographische System, welches die Erde bietet!«
    Die beiden jungen Leute sprachen in einer Art Verzückung über den unvergleichlichen Strom. Sie waren ja eigentlich Kinder desselben, des Amazonas, dessen Nebenflüsse »Wege darstellen, welche gehen« und sich durch ganz Bolivia, Peru, Ecuador, Neu-Granada, Venezuela und durch das englische, französische, holländische und brasilianische Guyana verbreiten.
    Wie viel Völker, wie viel Racen giebt es, deren Ursprung sich in altersgrauen Zeiten verliert! Ganz ähnlich ergeht es den großen Strömen des Erdballes. Ihre wirkliche Quelle entzieht sich zum Theile noch immer jeder Nachforschung. Meist streiten mehrere Staaten um die Ehre, ihre Wiege zu bilden. Der Amazonenstrom macht von diesem Gesetz keine Ausnahme Peru, Ecuador und Columbia haben sich lange Zeit um diese glorreiche Vaterschaft gestritten.
    Heute erscheint es ziemlich zweifellos, daß der Amazonenstrom in Peru entspringt, und zwar in dem zur Intendanz von Tarma gehörigen Districte Huanaco, wo er, zwischen dem elften und zwölften Grade südlicher Breite, aus dem Lauricocha-See abfließt. Wer aber behauptet, daß er in Bolivia und zwar aus den Bergen beim Titicaca-See herrühre, der müßte nachweisen, daß der wirkliche Quellstrom des Amazonenstromes der Ucayali wäre, der aus der Vereinigung des Para und des Apurimac entsteht; diese Ansicht kann jedoch nicht mehr als begründet erachtet werden.
    Beim Austritt aus dem Lauricocha-See wendet sich der Fluß auf einer Strecke von fünfhundertsechzig Meilen nach Nordosten und nimmt erst nach der Verbindung mit einem mächtigen Zuflusse, dem Panta, eine östliche Richtung an. Auf columbischem und peruanischem Gebiete heißt er bis zur Grenze Brasiliens Marañon oder vielmehr Maranhao, denn Marañon ist nur der gallisirte portugiesische Name. Von der Grenze Brasiliens bis Manao, wo sich der prächtige Rio Negro in denselben ergießt, nimmt er nach den Solimac-Indianern, von denen sich in den Ufergebieten noch einige Ueberreste vorfinden, den Namen Solimaës oder Solimoens an. Von Manao bis zum Meere heißt er dann Amasenas oder Fluß der Amazonen, ein Name, der von Spaniern herrührt, von Nachkömmlingen jenes Abenteurers Orellana, dessen enthusiastische, wenn auch nicht glaubhafte Schilderungen den Gedanken erweckten, es siedle am Rio Nhamunda, einem kleinen Nebenarme des großen Stromes, ein ganzer Stamm kriegerischer Frauen, was er aus der Aehnlichkeit jenes Namens mit unserem Worte »Amazonen« herleitete.
    Schon in der Nähe seines Ursprunges kann man erkennen, daß sich der Amazonenstrom zu einem bedeutenden Wasserlaufe entwickeln werde. Seinen Lauf hemmen keinerlei Hindernisse von der Quelle ab bis zu jenem Punkte, wo er, etwas eingeengt, zwischen zwei ungleich hohen Felsenketten dahinrauscht. Wasserfälle bildet er erst an der Stelle, wo er direct nach Osten abbiegt, während er die mittlere Bergkette der Anden durchbricht. Hier finden sich mehrere Katarakte, ohne welche er von der Mündung bis zur Quelle schiffbar wäre. Jedenfalls ist er, wie schon Humboldt bemerkte, zu vier Fünftel seines Laufes für den Schiffsverkehr geeignet.
    Von Anfang an fehlt es ihm auch nicht an Zuflüssen, welche wiederum durch eine große Anzahl Nebenflüsse gespeist werden. Dazu gehört z. B. auf der linken Seite, der von Norden herströmende Chinchipe; auf der rechten, der von Südosten kommende Chachapuyas, ferner links der Marona und Pastuca, und zur Rechten der Guallaga, der sich in der Nähe der

Weitere Kostenlose Bücher