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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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noch nicht gekommen ist, doch einmal einige Wochen Zerstreuung und Erholung von der Arbeit gönnen!«
    Joam Garral antwortete nicht; Yaquita fühlte aber, wie seine Hand in der ihrigen zitterte, als quäle ihn ein innerer Schmerz. Trotzdem spielte ein leises Lächeln um die Lippen des Gatten, das sie zu ermuthigen schien, sich vollständig auszusprechen.
    »Joam, fuhr sie fort, hier bietet sich eine Gelegenheit, die sich in unserem Leben nicht mehr wiederholt. Minha wird sich weit von hier verheiraten, sie wird uns verlassen! Sieh, das ist der erste Kummer, den das Kind uns bereitet, und es lastet mir schwer genug auf dem Herzen, wenn ich an diese bevorstehende Trennung denke. Wie glücklich würde ich sein, sie bis Belem begleiten zu können! Erscheint es Dir nicht ebenfalls wünschenswerth, daß wir die Mutter ihres zukünftigen Gatten kennen lernen, die Frau, welche später unsere Stelle bei ihr einnehmen soll, der wir unser Herzblatt anvertrauen? Hierzu kommt noch, daß Minha sich nur ungern fern von ihr vermählen möchte. Hätte Deine Mutter zur Zeit unserer Vereinigung noch gelebt, würdest Du nicht gewünscht haben, diesen wichtigen Schritt unter ihren Augen zu thun?«
    Bei diesen Worten Yaquitas durchlief Joam noch einmal eine Bewegung, die er nicht zu unterdrücken vermochte.
    »Wie würde es mich entzücken, nahm Yaquita wieder das Wort, mit Minha, mit unseren beiden Söhnen, Benito und Manoel, und mit Dir Brasilien zu sehen und den herrlichen Strom hinabzufahren, bis zu den fernsten Küstenprovinzen! Mir scheint, da unten wird die Trennung weniger schmerzlich für uns sein! Nach der Heimkehr könnte ich meine Tochter doch im Geiste walten sehen in dem Heim, wo ihre zweite Mutter sie erwartet; ich würde sie nicht im Ungewissen suchen und an den Vorgängen in ihrem Leben innigeren Antheil nehmen können!«
     

    Joam Garral war wieder aufgestanden. (S. 42.)
     
    Jetzt hatte Joam die Augen fest auf sein Weib gerichtet und sah Yaquita lange Zeit an, ohne ein Wort zu sprechen.
    Was mochte da in ihm vorgehen? Warum zögerte er, einem an und für sich so gerechtfertigten Wunsche nachzugeben und ein »Ja!« zu sagen, das allen den Seinen eine so ersehnte Freude bereiten mußte?
     

    Beide saßen an der Südgrenze der Fazenda. (S. 44.)
     
    Die Sorge um seine Geschäftsangelegenheiten konnte dafür nicht als stichhaltiger Grund gelten. Eine Abwesenheit von wenigen Wochen war nach dieser Seite ohne besondere Bedeutung. Sein Oberaufseher war gewiß im Stande, in der Fazenda so lange seine Stelle zu vertreten. Yaquita hatte die Hand ihres Mannes mit beiden Händen umfaßt und drückte sie zärtlich.
    »Lieber Joam, begann sie noch einmal, es ist ja keine Laune von mir, der ich Dich zu beugen bitte. Gewiß! Ich habe lange Zeit darüber nachgedacht, bevor ich Dir diesen Vorschlag zu machen unternahm; doch wenn Du zustimmst, wird mir ein lange gehegter sehnlicher Wunsch in Erfüllung gehen! Unsere Kinder wissen von dem Schritte, den ich eben bei Dir thue. Minha, Benito, wie Manoel bitten um das Glück, daß wir sie begleiten! Wir Alle würden die Hochzeit auch lieber in Belem feiern als in Iquitos. Für unsere Tochter, für ihre Einführung und die Stellung, die sie in Belem erwartet, kann es nur von Vortheil sein, wenn man sie dort mit ihren Angehörigen eintreffen sieht, und sie wird sich gewiß weniger fremd fühlen in der Stadt, wo der größte Theil ihres Lebens verfließen soll!«
    Joam Garral hatte sich aufgestützt. Er verbarg eine kurze Zeit das Gesicht in den Händen, wie ein Mann, der sich sammeln will, bevor er antwortet. In ihm regte sich offenbar noch ein Zweifel, gegen den er ankämpfte, eine Erregung, welche seine Gattin zwar errieth, aber nicht erklären konnte. Hinter dieser nachdenklichen Stirn wogte gewiß noch ein ganzes Heer von Gedanken hin und her. Yaquita ward fast selbst dabei unruhig und machte sich leise Vorwürfe, diese Frage berührt zu haben. Jedenfalls war sie entschlossen, sich dabei zu bescheiden, was Joam für gut finden würde. Wenn die Abreise ihm so viel kostete, sollten alle ihre Wünsche schweigen und gelobte sie sich, niemals von einem Verlassen der Fazenda zu sprechen. Niemals auch wollte sie ihn über die Ursache dieser unerklärlichen Weigerung befragen.
    So verstrichen einige Minuten. Joam Garral war wieder aufgestanden. Ohne sich umzukehren, ging er bis zur Thür. Es schien, als wolle er zum letzten Male einen Blick werfen auf die schöne Natur, auf den Erdwinkel, in dem

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