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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Manoel auf der einen und Fragoso auf der anderen Seite anschlossen, fiel nun die Sorge zu, die Wohnung im Innern auszuschmücken. Mit ein wenig Einbildungskraft und Kunstsinn war hier sehr viel zu leisten.
    Zunächst wurden die hübschesten Möbel aus der Fazenda in den Zimmern aufgestellt, die man nach der Ankunft in Para mit irgend einer Egaritea auf dem Amazonenstrome zurücksenden wollte. Tische, Lehnstühle aus Bambus, Canapees aus Rohrgeflecht, Etagèren aus geschnitztem Holze, kurz Alles, was einer Wohnung in der Tropenzone nur Anmuth und Reiz verleiht, wurde geschmackvoll in dem schwimmenden Hause untergebracht. Man fühlte sehr leicht heraus, daß neben den beiden jungen Männern hier auch sinnige Frauenhände walteten. So darf man nicht etwa glauben, daß die Wände selbst kahl gelassen worden wären. Nein, die Wände verschwanden unter ganz eigenthümlichen, aber einen schönen Anblick bietenden Tapeten; diese bestanden nämlich aus der Baumrinde von »Tuturis«, welche scheinbar schwere Falten bildete, gleich dem kostbarsten Brocat und Damast und ähnlich den reichsten Stoffen, welche man zum modernen Zimmerschmuck verwendet. Den Fußboden bedeckten schön gestreifte Jaguar-oder dichte Affenfelle. Leichte Gardinen aus röthlicher Seide, die man von dem »Suma-Uma« gewinnt, hingen an den Fenstern. Die mit Muskitoschleiern umgebenen Betten und die Kissen und Matratzen darin waren mit der elastischen und kühlen Substanz gefüllt, welche der Bombax (Wollbaum) am oberen Amazonenstrombecken liefert.
    Auf den Etagèren und Consolen standen reizende Nippsachen aus Rio de Janeiro oder Belem, welche für das junge Mädchen desto mehr Werth hatten, als sie von Manoel herrührten. Was giebt es Angenehmeres für das Auge als den Anblick solch’ kleiner Kunstwerkchen, solcher Gaben von geliebter Hand, welche sprechen, ohne ein Wort zu sagen?
    Binnen wenigen Tagen war die innere Einrichtung soweit vollendet, daß man sich in das Haus der Fazenda selbst versetzt glaubte. Unter einer Gruppe schöner hoher Bäume und an lebendigem Wasser hätte man sich auch als immerwährende Wohnung eine bessere kaum wünschen mögen. Wenn diese zwischen den Ufern des gewaltigen Stromes hinabglitt, brauchte man nicht zu befürchten, daß sie die pittoresken Uferlandschaften vielleicht verunzierte.
    Es verdient auch Erwähnung, daß dieses Wohnhaus von außen einen nicht minder freundlichen Anblick bot.
     

    »Ich will den passenden Wald suchen«. (S. 83.)
     
    Die jungen Leute hatten nach dieser Seite an Geschmack und Phantasie gewetteifert.
    Das Haus war nämlich von dem untersten Theile bis zu den letzten Dachverzierungen hinauf buchstäblich unter grünen Blättern versteckt. Ein Dickicht von blühenden Orchideen, Bromelias und Schlingpflanzen verschiedener Art, welche in Kästen mit guter Erde wurzelten, umhüllte dasselbe von unten bis oben. Selbst der Stamm einer Mimose oder eines Feigenbaumes hätte keinen glänzenderen tropischen Schmuck tragen können. Ueberall hingen Reben mit goldigen Trauben, rothschimmernde Blüthen, verschlungene Zweige am Dache, an den Fenstersimsen und Thüreinfassungen herab. Die Wälder in der Nachbarschaft der Fazenda boten ja solche Schätze im Ueberflusse dar. Eine lange Liane verband alle diese Pflanzen, schlang sich mehrere Male um das Gebäude herum, klammerte sich an allen Ecken fest, wand sich um jeden Vorsprung, theilte sich wiederum in mehrere Stränge, trieb phantastische Seitenzweige nach allen Seiten hinaus, und das Ganze verbarg das Haus soweit, daß es unter einem ungeheueren Strauße vollkommen vergraben schien.
    Aus wohlberechneter Aufmerksamkeit – wer das veranlaßt hatte, ist ja leicht zu errathen – schlängelte sich das Ende dieses Cipo vor dem Fenster der jungen Mulattin herab. Es sah aus, als ob ein langer Arm ihr stets einen frischen Blumenstrauß durch die Jalousien reichen wollte.
    Das ganze Arrangement war in der That reizend. Daß Yaquita, ihre Tochter und Lina davon entzückt waren, braucht wohl nicht besonders hervorgehoben zu werden.
    »Wenn Ihr es wünscht, sagte Benito, verpflanzen wir auch noch einige Bäume auf die Jangada.
    – Oho, gar noch Bäume! rief Minha.
    – Warum nicht? mischte sich Manoel ein. Wenn wir ihnen auf dieser festen Plattform gute Erde schaffen, zweifle ich keinen Augenblick, daß sie fortkommen würden, umsomehr, als sie keinem Klimawechsel ausgesetzt wären, da der Amazonenstrom unveränderlich unter denselben Breitengraden verläuft.
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