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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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setzen, auf dem sie den Strom hinabfahren könne, um sich zu ihrem Manne zu begeben. Gleichzeitig sollte sie eine Escorte an einer der oberen Missionen des Amazonenstromes erwarten.
    »Frau des Odonais fehlte es nicht an Muth, wie Ihr gleich sehen werdet. Sie zögerte keinen Augenblick und reiste, trotz der Gefahren einer solchen Fahrt quer durch den ganzen Continent, bald ab.
    – Das war ihre Pflicht als Gattin, Manoel, ließ sich Yaquita vernehmen, ich hätte dasselbe gethan.
    – Frau des Odonais, fuhr Manoel fort, begab sich zunächst nach Rio Bamba, südlich von Quito, und nahm ihren Stiefbruder, ihre Kinder und einen französischen Arzt mit. Zunächst kam es darauf an, die Mission an der brasilianischen Grenze zu erreichen, wo das Fahrzeug und die Escorte ihrer warten sollten.
    Die Reise ließ sich anfänglich recht gut an; die Gesellschaft fuhr in einem Boote auf den Zuflüssen des Amazonenstromes nach diesem hinab. Nach und nach stellten sich aber Schwierigkeiten aller Art ein und dazu herrschten in der Gegend die Blattern. Zwar boten sich mehrere landeskundige Führer an, die meisten liefen aber in wenigen Tagen wieder davon, und der letzte, der einzige, der bei den Reisenden treu aushielt, ertrank im Bobonasa, als er dem französischen Arzte Hilfe bringen wollte.
    »Das Boot stieß später gegen Felsen und auf den Fluthen treibende Stämme und wurde bald gänzlich unbrauchbar. Jetzt galt es, zu Lande weiter zu ziehen, immer am Rande undurchdringlicher Wälder hin, an dem man zuweilen mit Mühe einfache Blätterhütten errichtete. Der Arzt erbot sich, mit einem Neger, der Frau des Odonais niemals hatte verlassen wollen, voraus zu gehen, um Hilfe zu bringen. Beide brachen auf. Man erwartete sie mehrere Tage… Vergebens!… Sie kehrten niemals wieder!
    »Inzwischen geht der Mundvorrath zu Ende. Die Verlassenen suchen vergebens, auf einem Floße den Bobonasa hinabzufahren. Sie müssen in den Wald zurück und zu Fuße durch unentwirrbare Dickichte langsam weiterziehen. Das war zuviel für die armen Leute! Trotz der liebevollen Sorge der muthigen Französin sinken sie dahin, Einer nach dem Andern, und binnen wenigen Tagen sind Kinder, Aeltern, Diener, alle, alle todt!
    – Ach, die arme Frau! rief Lina.
    – Frau des Odonais steht nun allein, fuhr Manoel fort. Sie befindet sich noch tausend Meilen von ihrem Ziele, dem Ocean. Die Mutter ist es nicht mehr, die jetzt am Strom hinabwandert – die Mutter hat ja ihre Lieblinge verloren und alle mit eigener Hand in den Schoß der Erde gebettet!… Es ist die Gattin, die ihren Mann wiedersehen will.
    »So wandert sie Tag und Nacht und kommt endlich wieder an den Bobonasa; dort findet sie glücklicherweise edelmüthige Indianer, welche sie nach der Mission befördern, wo die Escorte längst ihrer wartet.
    »Aber sie kam allein an und hinter ihr ist ihr Weg mit Gräbern bezeichnet.
    »Frau von Odonais erreichte Loreto, wo wir vor wenigen Tagen waren. Von diesem peruanischen Dorfe aus fuhr sie den Amazonenstrom ebenso hinab wie wir jetzt, und endlich nach neunzehnjähriger Trennung fand sie ihren Gatten wieder!
    – Die arme Frau! sagte das junge Mädchen.
    – Vor Allem, die arme Mutter!« setzte Yaquita hinzu.
    In diesem Augenblick kam der Pilot nach dem Hintertheile der Jangada.
    »Joam Garral, meldete er, wir sind jetzt dicht vor der Insel de la Ronde. Wir werden gleich die brasilianische Grenze passiren.
    – Ja, ja, die Grenze!« murmelte Joam Garral.
    Er erhob sich, ging nach dem Rande des Floßes und schaute nachdenklich nach der genannten Insel, an der die Strömung brandete. Dann strich er mit der Hand über die Stirn, als wolle er böse Gedanken verscheuchen.
    »Die Grenze!« murmelte er, unfreiwillig den Kopf senkend.
    Sehr bald darauf aber erhob er ihn wieder und sein Gesicht zeigte den Ausdruck eines Mannes, der entschlossen ist, seine Pflicht zu thun bis an’s Ende.

Zwölftes Capitel.
Fragoso bei der Arbeit.
    »Braza«, Feuergluth, ist ein Wort, das sich schon in der spanischen Sprache des zwölften Jahrhunderts findet. Aus ihm entstand das Wort »Brazil« zur Bezeichnung gewisser Holzarten, welche eine rothe Farbe liefern (das ist das sogenannte Brasilien-oder Rothholz). Hiervon übertrug sich der Name Brasilien auf jenen ungeheueren Gebietstheil Südamerikas, durch den der Aequator verläuft und wo jene Holzart sehr häufig vorkommt. Es wurde übrigens sehr zeitig zu einem wichtigen Gegenstande des Handels mit den Normannen, und obwohl dasselbe am

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