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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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der Indianer vierzig Tagereisen weit stromaufwärts schiffbar sein soll. Gegen acht Uhr erreichte die Pirogue den Ankerplatz wieder und legte neben der Jangada an.
    Sobald es ihr möglich wurde, nahm Lina Fragoso zur Seite.
    »Nun, haben Sie etwas Verdächtiges bemerkt, Herr Fragoso? fragte sie.
    – Nichts, Fräulein Lina, antwortete Fragoso. Torres hat kaum seine Cabine verlassen, sondern unausgesetzt gelesen und geschrieben.
    – Er wäre nicht in das Haus, nicht in den Speisesaal eingetreten, wie ich befürchtete?
    – Gewiß nicht. So lange er sich außerhalb seiner Cabine aufhielt, spazierte er auf dem Vordertheile der Jangada einher.
    – Und was trieb er dabei?
    – Er hielt ein altes Stück Papier in der Hand, das er aufmerksam zu betrachten schien, und murmelte bisweilen einzelne unverständliche Worte.
    – Das erscheint mir Alles nicht so unschuldiger Natur zu sein, wie Sie offenbar glauben, Herr Fragoso. Sein Lesen und Schreiben, jenes alte Papier werden schon ihre besondere Bedeutung haben. Ein Professor der Wissenschaften oder ein Mann des Gesetzes ist er doch gewiß nicht. Meinen Sie nicht auch, Herr Fragoso?
    – Sie können wohl Recht haben.
    – Also halten wir die Augen auf, Herr Fragoso.
    – Ja, seien wir auf der Hut, Fräulein Lina.«
    Mit Tagesanbruch am 27. Juli gab Benito dem Piloten das Signal zum Aufbruche.
    Durch den schmalen Sund zwischen den Inseln, die an der Bucht von Arenapo liegen, wurde für einen Augenblick die sechstausendsechshundert Fuß breite Mündung des Yapura sichtbar. Dieser große Nebenfluß ergießt sich durch acht Oeffnungen in den Amazonenstrom, als verlöre er sich in einem Meere oder großen Golf. Sein Wasser kommt von weit her, denn es entquillt den Gebirgen der Republik Ecuador und sammelt sich in einem Bette, das erst zweihundert Meilen vor seiner Vereinigung mit dem Riesenstrome durch Wasserfälle unterbrochen wird.
    Den ganzen Tag beanspruchte die Fahrt zur Insel Yapura, hinter welcher der nun freier werdende Strom die weitere Reise erleichtern mußte. Die Strömung des Wassers war übrigens nur eine mäßige, so daß man einzelne Holme und Eilande ohne Schwierigkeit vermeiden konnte und das Floß nie einen Stoß erlitt oder den Grund streifte.
    Am folgenden Tage glitt die Jangada zwischen ausgedehnten, von hohen, ziemlich steilen Dünen gebildeten Uferstrecken hin, die als Deiche für ungeheuere Weideplätze dienen, auf welchen man die Heerden ganz Europas unterbringen und ernähren könnte. Diese Uferstrecken sollen im Becken des oberen Amazonenstromes am reichsten an Schildkröten sein.
    Am 29. Juli des Abends legte man das Floß sorgfältig bei der Insel Catua fest, um hier die Nacht, welche sehr finster und unheimlich zu werden drohte, zu verbringen.
    Auf dieser Insel zeigte sich, so lange die Sonne über dem Horizonte stand, ein Trupp Mura-Indianer, Reste eines alten, mächtigen Stammes, der zwischen dem Teffe und dem Madeira früher eine Uferstrecke von über hundert Meilen Ausdehnung bevölkerte.
    Hin-und hergehend betrachteten die Eingebornen den schwimmenden, jetzt still liegenden Holzzug. Es mochten gegen hundert bewaffnete Männer sein, mit Sarbacanen (das ist eine Art Blasrohr) aus dieser Gegend eigenthümlichem Schilf, das äußerlich durch den vom Marke befreiten Stengel einer Zwergpalme verstärkt wird.
    Joam Garral verließ für einen Augenblick die Arbeit, welche sonst seine ganze Zeit in Anspruch nahm, und empfahl Allen, wohl aufzupassen, aber die Eingebornen auf keine Weise zu reizen. Die Partie stand hier in der That nicht gleich. Die Muras besitzen eine bewundernswerthe Geschicklichkeit, kleine, aber fast unheilbar verwundende Pfeile mittelst ihrer Sarbacanen bis auf eine Entfernung von dreihundert Schritt zu entsenden.
    Die Gefährlichkeit dieser, aus den Blättern der Coucourite-Palmen hergestellten, mit Baumwolle befiederten, neun bis zehn Zoll langen und gleich einer Nähnadel spitzigen Pfeile rührt daher, daß dieselben mit »Curare« vergiftet sind.
    Das Curare oder »Wourah«, die Flüssigkeit, welche, »alles Gemeine tödtet«, wie die Indianer sagen, wird aus dem Safte einer Euphorbiacee und einer knolligen Strychnosart hergestellt, doch verwenden die Eingebornen dazu auch noch einen Teig einer giftigen Ameisenart und die Giftdrüsen mancher Schlangen.
    »Es ist wirklich ein entsetzliches Gift, sagte Manoel, denn es wirkt direct auf das Nervensystem und lähmt sofort diejenigen Nerven, welche der willkürlichen Bewegung

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