Die Jangada
Familie, welche sich eben alle in den Wohnräumen befanden, hatte Niemand etwas hiervon bemerkt. Nur Torres war Zeuge des scheinbar bedeutungslosen Zwischenfalles. Er erhaschte sogar einige Worte von der kurzen Verhandlung zwischen Joam Garral und dem Indianer, und sein plötzlich dunkler gefärbtes Gesicht verrieth, daß die Vorwegsendung jenes Briefes ihm mancherlei zu denken gab.
Siebzehntes Capitel.
Ein Angriff.
Wenn Manoel sich zuletzt noch bemeisterte, um an Bord zu keiner unangenehmen Scene Veranlassung zu geben, so nahm er sich doch vor, am nächsten Tage einmal mit Benito über Torres’ Zudringlichkeiten zu sprechen.
»Benito, begann er, nachdem er diesen nach dem Vordertheile der Jangada geführt, ich möchte Dir etwas sagen.«
Benito, um dessen Lippen sonst immer ein freundliches Lächeln spielte, blieb stehen, als er Manoel in’s Gesicht sah, und seine Züge verdüsterten sich ein wenig.
»Ich errathe, sagte er, es handelt sich um Torres.
– Ganz richtig.
– Nun, Manoel, über dasselbe Thema wollte ich mich auch schon Dir gegenüber auslassen.
– Dir ist es also ebenfalls aufgefallen, wie er sich immer an Minha heranzudrängen sucht? fragte Manoel erbleichend.
– O, hoffentlich erregt nicht ein Gefühl von Eifersucht Deinen Widerwillen gegen einen solchen – Kerl? gab ihm Benito betroffen zurück.
– Nein, das sicherlich nicht! betheuerte Manoel. Gott behüte mich, das junge Mädchen, welches meine Gattin werden soll, durch eine solche Beleidigung zu erniedrigen! O nein, Benito! Sie selbst verabscheut den Abenteurer. Darum eigentlich handelt es sich also nicht, es widert mich aber an, immer Zeuge zu sein, wie der hergelaufene Unbekannte Deiner Mutter und Schwester seine unerwünschte Gesellschaft aufnöthigt und sich mit Deiner Familie, die ich doch schon die meinige nennen zu dürfen glaube, auf so vertrauten Fuß zu stellen sucht.
– Lieber Manoel, antwortete Benito ernst, ich theile vollständig Deinen Widerwillen gegen diese zweifelhafte Persönlichkeit, und wenn es nach mir ginge, hätte ich Torres längst von der Jangada weggejagt. Noch wagte ich es aber nicht.
– Du wagtest es nicht? versetzte Manoel verwundert. Kann es hierbei in Frage kommen, einen solchen Schritt zu wagen ?
– Höre mich an, Manoel, erwiderte Benito. Du hast doch Torres scharf beobachtet, nicht wahr? Du hat seine Annäherungsversuche an meine Schwester bemerkt? Darin täuschtest Du Dich gewiß nicht. Da dieser Umstand aber Deine Aufmerksamkeit fesselte, ist es Dir offenbar entgangen, daß jener uns beunruhigende Mann meinen Vater dabei stets im Auge zu behalten sucht, so daß er mir irgend einen arglistigen Hintergedanken zu verbergen scheint, sonst ließe sich diese Erscheinung kaum erklären.
– Was sagst Du, Benito? Hast Du Gründe zu glauben, daß Torres gegen Deinen Vater etwas im Schilde führt?
– Gründe eigentlich nicht, antwortete Benito. Es ist mehr eine Ahnung, die ich nicht los werden kann. Aber beobachte Torres nur genauer, studiere ein wenig seine Physiognomie, und Du wirst bald herausfinden, daß er beim Anblick meines Vaters immer und immer wieder verstohlen, aber ganz unheimlich lächelt.
– Nun, rief Manoel, das wäre ja noch ein Grund mehr, ihn von uns zu entfernen.
– Ein Grund mehr… vielleicht auch einer weniger! antwortete der junge Mann. Sieh, Manoel, ich fürchte… ja, was denn?… ich weiß es selbst nicht… es scheint mir aber unklug, meinen Vater zur Wegweisung jenes Mannes zu bestimmen. Mich überschleicht, ich wiederhole es Dir, eine gewisse Besorgniß, von der ich mir doch keine klare Rechenschaft zu geben vermag!«
Benito überlief bei diesen Worten ein Zittern, wie von unterdrückter Wuth.
»Also meinst Du, nahm Manoel das Wort, es gelte hier, noch zu warten?
– Ja wohl… zu warten, einen letzten Entschluß nicht vorschnell zu fassen, aber immer auf der Hut zu sein.
Die Indianer räuchern ihn über einem Feuer von Palmenfrüchten. (S. 163.)
– Aller Wahrscheinlichkeit nach treffen wir doch binnen etwa drei Wochen in Manao ein, sagte Manoel darauf, dort sollen wir Torres ja los werden Das befreit uns von seiner widerlichen Gesellschaft. Bis dahin behalten wir ihn im Auge!
– Du verstehst mich, Manoel, bemerkte Benito.
Vollkommen, liebster Freund und Bruder! versicherte Manoel, obgleich ich Deine Befürchtungen vorläufig nicht theile und unmöglich theilen kann. Was könnte Dein Vater mit jenem Herumlungerer gemein haben? Offenbar hat er jenen
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