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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Sie würden mich aber verpflichten, wenn Sie jenen nicht ferner als meinen Freund bezeichneten.
    – Gerade Sie aber haben ihm zugeredet, sich um einen Platz auf dem Floße zu bewerben, bevor er selbst daran dachte.
    – Ja, damals freilich; doch fürchte ich, um ganz offenherzig zu sein, damit eine große Dummheit begangen zu haben.
    – Und wenn ich Ihnen ebenso offen antworten soll, muß ich gestehen, daß mir der Mann ganz und gar nicht gefällt, Herr Fragoso!
    – Mir gewiß auch nicht, Fräulein Lina; es kommt mir übrigens stets so vor, als hätte ich ihn schon irgendwo einmal gesehen. Ich erinnere mich dessen zwar nur sehr unbestimmt, das Eine aber weiß ich, daß der Eindruck von seiner Persönlichkeit alles Andere, denn ein guter war.
    – Aber wo und wann könnten Sie Torres begegnet sein? Ist Ihnen das ganz und gar entfallen? Es könnte vielleicht von Nutzen sein zu wissen, was er ist, und vorzüglich, was er gewesen ist.
    – Nein… soviel ich suche… wie lange Zeit darüber hingegangen ist, in welcher Gegend es war?… Alles ist meinem Gedächtniß entschwunden.
    – Herr Fragoso!
    – Fräulein Lina wünschen?
    – Sie sollten an Bord bleiben, um Torres während unserer Abwesenheit zu überwachen.
    – Wie? rief Fragoso, ich soll Sie nicht nach Ega begleiten und den ganzen Tag lang darauf verzichten, Sie zu sehen?
    – Ich ersuche Sie darum.
    – Ist das ein Befehl?…
    – Nein, aber eine Bitte.
    – Ich bleibe hier.
    – Herr Fragoso!
    – Fräulein Lina!
    – Ich sage Ihnen meinen Dank.
    – O, danken Sie mir lieber mit einem herzlichen Händedruck, antwortete, Fragoso, das ist mein Opfer wohl werth!«
    Lina reichte dem wackeren Burschen die Hand hin, welche dieser einige Augenblicke in der seinen hielt und ihr dabei in das hübsche Gesichtchen blickte. So kam es also, daß Fragoso in der Pirogue nicht mit Platz nahm und, ohne sich das merken zu lassen, Torres aufmerksam im Auge behielt. Ob sich dieser des Widerwillens, den er bei allen Anderen erweckte, bewußt war, läßt sich nicht mit Bestimmtheit sagen; jedenfalls aber hatte er seine Gründe, sich das nicht besonders zu Herzen zu nehmen.
    Von dem Ankerplatze bis zur Stadt Ega betrug die Entfernung vier Meilen. Acht Meilen, hin und zurück gerechnet, in einer Pirogue mit sechs Personen, und außer diesen mit noch zwei Negern als Ruderer, zurückzulegen, das war eine Fahrt, welche zweifelsohne mehrere Stunden in Anspruch nahm, von der Anstrengung bei der hohen Temperatur zu schweigen, welche jetzt herrschte, wenn den Himmel auch ein leichter Wolkenschleier bedeckte.
    Zum Glück wehte eine günstige Brise aus Nordwesten, mit deren Hilfe man, wenn sie anhielt, über den Teffe-See segeln und nach Ega und zurück ziemlich schnell, ohne laviren zu müssen, gelangen konnte.
    Am Mast der Pirogue wurde also ein lateinisches Segel gehißt. Benito ergriff die Schoote desselben und das Boot stieß ab, nachdem Lina durch eine bezeichnende Handbewegung Fragoso nochmals an’s Herz gelegt hatte, auf der Hut zu sein.
    Um nach Ega zu kommen, hatte man dem südlichen Ufer des Sees zu folgen. Zwei Stunden später lief die Pirogue in den Hafen der alten, früher von Carmelitern gegründeten Mission ein, welche 1759 zur Stadt erhoben und von General Gama endgiltig dem Scepter Brasiliens unterworfen wurde.
    Die Passagiere gingen an einem sanft abfallenden Ufer an’s Land, an welchem neben einander nicht nur die Kähne und Boote der Einwohner, sondern auch einige jener kleinen Goëletten lagen, die an den Küsten des Atlantischen Oceans zu Handelszwecken dienen.
    Den beiden jungen Mädchen entlockte schon der erste Schritt nach Ega hinein manchen Ruf der Ueberraschung.
    »Ah, diese große Stadt! jubelte Minha.
    – Die vielen Häuser – die vielen Menschen! setzte Lina hinzu, deren Augen sich zu erweitern schienen, um besser zu sehen.
    – Ei, das will ich meinen, bemerkte Benito lachend, mehr als fünfzehnhundert Menschen und vielleicht ganze zweihundert Häuser, einzelne gar mit einem Stockwerke übersetzt, dazu zwei oder drei Straßen, leibhaftige Straßen, welche die Häusermasse durchschneiden!
    – Lieber Manoel, sagte da Minha, bitte, nimm uns gegen meinen Bruder in Schutz! Er macht sich lustig, weil er schon die schönsten Städte der Provinzen des Amazonenstromes und Paras gesehen hat.
    – Dann müßte er sich auch über seine eigene Mutter lustig machen, erklärte Yaquita, denn ich gestehe auch, etwas Aehnliches noch niemals gesehen zu haben.
    – Nun,

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