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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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nie zuvor gesehen!
    – Ich sage auch nicht, daß mein Vater Torres kennt, aber… nun ja… aber Torres scheint ihn zu kennen. Was trieb den Mann in die Nachbarschaft der Fazenda, als wir ihn trafen? Was veranlaßte ihn, unsere gastfreundliche Einladung abzuschlagen und es nachher so einzurichten, daß er sich uns als Reisegefährte anschließen konnte? Wir betreten kaum Tabatinga, da taucht er schon auf, als ob er nur auf uns gelauert hätte. Ist Alles das nur ein Spiel merkwürdigen Zufalles oder liegt hier ein durchdachter Plan zugrunde? Der gleichzeitig scheue und doch spähende Blick Torres’ erweckt in mir diesen Gedankengang. Ich bin mir unklar… ich verirre mich in unbekannte Gebiete. O, warum mußte ich selbst darauf kommen, ihm einen Platz auf unserer Jangada anzubieten!
    – Beruhige Dich, Benito, ich bitte Dich!
    – Manoel, rief Benito, der immer erregter zu werden schien, glaubst Du, wenn es nur an mir läge, ich würde einen Augenblick zaudern, den Mann, der in uns soviel Unruhe und Abscheu erweckt, einfach über Bord zu werfen? Ich fürchte nur, damit meinem Vater eher zu schaden, und das veranlaßt mich wider Willen, davon abzustehen. Eine innere Stimme warnt mich noch, daß es Gefahr bringen könnte, Hand an diesen Schleicher zu legen, bevor uns nicht eine Thatsache dazu das Recht giebt… das Recht und die Verpflichtung obendrein!… Auf der Jangada ist er übrigens in unserer Gewalt, und wenn wir Beide meinen Vater sorgsam schützend bewachen, kann es nicht ausbleiben, daß jener, so sicher er auch seines Spieles sein mag, doch die Larve abwerfen und sich verrathen muß. Also fassen wir uns in Geduld!«
    Das Erscheinen Torres’ auf dem Vordertheile der Jangada unterbrach das Gespräch der jungen Leute. Torres richtete zwar die Augen auf sie, sprach dieselben aber nicht an.
    Benito täuschte sich mit der Beobachtung nicht, daß der Abenteurer Joam Garral eine besondere Aufmerksamkeit zuwende, sobald er diesen zu Gesicht bekam.
    Nein, er täuschte sich auch darin nicht, daß Torres’ Züge sich beim Anblick seines Vaters allemal verfinsterten.
    Welch’ geheimnißvolles Band konnte, ohne daß es der Eine – die Redlichkeit und Ehrenhaftigkeit selbst – natürlich wußte, zwischen den zwei Männern bestehen?
    Unter den obwaltenden Verhältnissen mußte es für den, außer von den beiden jungen Leuten auch noch von Fragoso und Lina überwachten Torres sehr schwierig werden, etwas zu unternehmen, ohne sofort übermächtigen Widerstand zu finden. Vielleicht sagte er sich das schon selbst. Jedenfalls ließ er davon aber nichts merken und keine Aenderung in seinem Benehmen eintreten.
    Schon befriedigt, sich gegenseitig ausgesprochen zu haben, nahmen sich Manoel und Benito vor, jenen nur zu beobachten, ohne bei ihm Verdacht zu erregen.
    Während der folgenden Tage kam die Jangada am rechten Stromufer am Eingange der Furos des Camara, Aru und Yuripari vorüber, durch welche das Wasser aber nicht in den Amazonenstrom, sondern in südlicher Richtung zur Speisung des Rio Purus abfließt, mit dem es nach dem Mutterbette zurückkehrt. Am 10. August, gegen fünf Uhr Nachmittags, legte man an der Cocosinsel an.
    Hier befand sich eine Seringueire-Fabrik. Dieser Name kommt von dem, den Kautschuk liefernden »Seringueira« her, ein Baum, dessen botanische Bezeichnung »
Siphonia elastica
« lautet.
    Man behauptet zwar, daß die Anzahl dieser werthvollen Bäume durch Vernachlässigung und Raubbau erheblich zurückgegangen sei; im Becken des Amazonenstromes finden sich jedoch an den Ufern des Madeira, des Purus und anderer Nebenflüsse noch unübersehbare Seringueira-Wälder.
    Hier hielten sich etwa zwanzig mit der Einbringung und rohesten Zubereitung des Kautschuks beschäftigte Indianer auf, welche damit vorzüglich im Mai, Juni und Juli zu thun haben.
    Man wartet dazu die Hochfluth ab, welche jene Bäume theilweise unter Wasser setzt, und in denselben Veränderungen erzeugt, welche zur Gewinnung des Saftes als erwünscht betrachtet werden.
    Die Indianer machen dann Einschnitte in den Splint der Seringueiras und bringen darunter thönerne Gefäße an, welche sich binnen vierundzwanzig Stunden mit einem milchähnlichen Safte anfüllen, den man auch mittelst eines hohlen Bambusstengels in untergestellten Gefäßen am Fuße des betreffenden Baumes auffangen kann.
    Um die Ausscheidung der harzigen Bestandtheile dieses Saftes zu verhindern, räuchern die Indianer denselben über einem Feuer von

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