Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Janus-Gleichung

Die Janus-Gleichung

Titel: Die Janus-Gleichung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Spruill
Vom Netzwerk:
Frau neben ihm, alles um ihn herum versank, als er sich einen Weg durch die Vertracktheiten der Rechnung kämpfte, Dutzende von verschiedenen Lösungsmöglichkeiten aufstellte und wieder verwarf. Als er die Antwort endlich gefunden hatte, schnellte er den Raum mit einer Heftigkeit in seine Aufmerksamkeit zurück, die ihn erstaunte. Die Frau nahm den Rechner an sich, schaute ihm dabei aber nur ins Gesicht.
    »Sie waren wirklich nicht mehr von dieser Welt.« Essian wußte, daß sie recht hatte. Seit Monaten hatte er es nicht mehr geschafft, sich so stark zu konzentrieren.
    »Das ist die Lösung«, sagte Jill. »Großartig. Ich bin noch nie auf diese Lösungsmöglichkeit gestoßen.«
    »Die befindet sich in Esteroffs neuem Handbuch, Seite hundertundzwölf.«
    »Seite hundertzwölf? Nicht Seite hundertelf oder hundertdreizehn?«
    »Seite hundertzwölf, Zeile siebzehn folgende.«
    Sie blickte ihn abschätzend an. »Na, dann ist es ja auch nett zu wissen, daß Sie mich nicht vergessen werden.«
    Essian zögerte, einen Augenblick lang verwirrt von dieser unerwarteten Wendung; das Manöver einer geistigen Fechtmeisterin. Sein Herzschlag beschleunigte sich, als ob sie ihn zu berühren versucht hätte. »Mit oder ohne hervorragendem Gedächtnis, kein Mann würde sie vergessen.« Er fragte sich, ob das wohl zu platt gewesen war. Aber nein, sie schien ihn ermuntern zu wollen . »Ich habe Sie schon vorher bemerkt«, preßte er hervor. »Schon seit Wochen möchte ich mit Ihnen reden.«
    »Dann essen Sie doch mit mir zu Abend, und wir holen die verlorene Zeit nach.«
    Er freute sich so darüber, daß er nichts mehr zu sagen wußte. Augenblicklich stand er auf und deutete auf die Tür. Nach einigen Diskussionen in der Halle vor dem »Styx« nahmen sie endlich den Expreß, der sie zum West Reef hinaufführte, einem Restaurant, das im äußersten Ring des 190sten Stockwerks gelegen war und für sein erstklassiges Fleisch bekannt war. Das Restaurant hatte die exklusive Lizenz, das Fleisch des Preisstiers vom Vorjahr zu klonen. Als Gemüse zum Steak bestellten sie Rosenkohlbroccoli, eine hybride Gemüsezüchtung, die aus den lunaren Kuppelplantagen stammte.
    Obwohl er die Spannung in seinen Eingeweiden spürte, brachte es Essian fertig, mit gutem Appetit zu essen und sich ungezwungen mit Jill zu unterhalten. Die seltsame Mischung von Spannung und Wohlgefühl brachte ihn etwas aus dem Gleichgewicht und ließ ihn nach Atem ringen; noch nie im Leben hatte er bei der Verabredung mit einem Mädchen Angst gehabt.
    Im College hatte er den Ruf genossen, Frauen gegenüber eine höfliche Reserviertheit an den Tag zu legen. Im Gegensatz zu den meisten Männern pflegte er Frauen immer von sich selber erzählen zu lassen, und er hatte sie niemals gedrängt; das gab ihm einen Reiz, einen geheimnisvollen Hauch und eine ritterliche Zurückhaltung, die eine ganze Reihe von Frauen erfreulich herausfordernd fanden. Mit einigen hatte er auch geschlafen und ihr Interesse genossen, obwohl die sexuelle Beziehung dann später in seiner Erinnerung immer zu verblassen pflegte. Seitdem er vom College fort war, hatte er nur wenige Verabredungen getroffen. Aber die Nervosität, die er an den Tag legte, als er mit Jill Selby zusammen am Tisch saß, resultierte nicht aus den mangelnden Gelegenheiten der letzten Zeit. Die kam durch die Atmosphäre, die sie vermittelte. Es schien, daß sich sein wacher Verstand, durch den seine Gefühle sonst gefiltert wurden, aufgelöst und sie ihn einfach überwältigt hatte. Er konnte seine alte Unbefangenheit nicht wiederfinden. Das Gefühl, daß dies hier wichtig war, beherrschte ihn völlig.
    Sie beendeten ihre Mahlzeit, und er beobachtete den Ober, der sich ihnen zwischen den weit verstreut stehenden Tischen näherte, die unter dem Licht der Lampen, Leuchtbälle von Jupiter, in den Farben des Nordlichts schillerten wie Eisberge im Meer. Der Mann setzte ihnen mit einer kleinen Verbeugung zwei Brandy vor und entfernte sich dann entlang der gebogenen Glaswand. Essian starrte einen Augenblick lang gedankenverloren auf den intensiv purpurroten Himmel hinter den Fenstern, drehte sich dann zu Jill um und mußte feststellen, daß sie ihn über den Rand ihres Glases hinweg beobachtete.
    »Paul Essian«, sagte sie. »Jetzt erinnere ich mich. Vor vier oder fünf Jahren waren Sie der Hochschulabgänger, der für eine ganze Million angeworben wurde. Kal Tech, oder?«
    Essian nickte.
    »Und wie sieht’s jetzt aus?«
    »Ich denke immer noch

Weitere Kostenlose Bücher