Die Joghurt-Luege
Erfrischungsgetränke
Tabelle 17: Zuckercouleur nach der Art ihrer Herstellung
Quelle: Werner Baltes: Lebensmittelchemie, Springer 2000
Anmerkung: Die Herstellung von Zuckercouleur kann auf der Basis von genverändertem Mais erfolgen.
Die Reaktionsbeschleuniger beeinflussen, welche Zuckercouleur entsteht. Sie haben damit unmittelbar Einfluss auf das spätere Einsatzgebiet. Noch vor einigen Jahren nahm man an, dass Zuckercouleurs fast vollständig aus Verbindungen bestehen, die im Körper nicht verstoffwechselt werden, sodass sich Mengenbeschränkungen und eine Pflicht zur Kennzeichnung erübrigten. Noch heute dürfen die vier Zuckercouleure »quantum satis«, also ohne Höchstmengenbegrenzung, eingesetzt werden – und das, obwohl bekannt ist, dass beispielsweise in Ammoniak-Zuckercouleur (E 150c) bereits zwei toxische Komponenten aus der Stoffgruppe der Imidazole entdeckt wurden: zum einen 4-Methylimidazol, das im Tierversuch bei Mäusen, Kaninchen und Hühnern schwere Krämpfe auslöste, zum anderen die Substanz 2-Acetyl-4-Tetrahydroxibutylimidazol (THI), von der schon längere Zeit bekannt ist, dass sie die Anzahl der Lymphozyten im Blut reduziert. Lymphozyten gehören zu den weißen Blutkörperchen und sind die eigentlichen Abwehrzellen des menschlichen Organismus.
|147| Eine Veröffentlichung der beiden US-amerikanischen Forscher Susan R. Schwab und Timothy Hla im Fachblatt Science im Herbst 2005 führt den »Persilschein« für Zuckercouleure endgültig ad absurdum. Ihren Erkenntnissen zufolge mischt sich THI direkt in den Regelmechanismus ein: Es blockiert ein Enzym einer Substanz, die die Aktivität der Lymphozyten steuert. THI schaltet sozusagen die Ampel von Grün auf Rot um, denn es verhindert, dass die beiden wichtigen T-Lymphozyten CD4 und CD8 an ihre Einsatzorte auswandern. Dadurch unterbricht es die Immunabwehr, der normale »Verkehrsweg« der Lymphozyten ist lahmgelegt. Betroffen sind alle lymphatischen Organe wie Thymus, Milz und Teile des Darms. Wie gefährlich dieser Mechanismus ist und ob eine Aufnahme von Zuckercouleur im Rahmen der üblichen Ernährung problematisch ist, können die Forscher noch nicht beantworten. Bisher gelten die Zuckercouleure E 150a und E 150b als unbedenklich; vom häufigen Verzehr der Zuckercouleure E 150c und E 150d ist aber abzuraten. Eltern sollten ihren Kindern zuliebe wegen der bestehenden Unsicherheiten ganz auf Nahrungsmittel mit Zuckercouleur verzichten.
Zuckercouleur deklarieren die Hersteller gerne und völlig legitim als »Karamel«, der sich aber selbstverständlich auch anders als beschrieben herstellen ließe, nämlich durch Erhitzen von weißem Zucker ohne weitere Hilfsstoffe. So lenkt die Deklaration den Verbraucher von der unschönen Vorstellung ab, es handele sich um das Produkt einer chemischen Reaktion. Zuckercouleur alias Karamel findet sich in allem, was der Verbraucher liebt: in Brot und Gebäck zum Vortäuschen eines Vollkornanteils, in Kakao, Schokolade, Tee, Kaffee und Cola, in Marmeladen, Wurst, Fertigsoßen, Süßwaren (zum Beispiel Lakritze), Whisky, Grappa, Weinbrand, Malzbier und Alkopops. Außerdem sind Päckchen mit Zuckercouleur erhältlich, um selbst gekochte Desserts und Soßen nachdunkeln zu können. Sogar der Balsamico, unumstrittener Favorit in der Salatküche, kann sich nicht immer brüsten, von reinster Qualität zu sein. Während der echte »Aceto Balsamico Tradizionale di Modena«, eine erlesene Spezialität, nur als Luxusartikel gehandelt wird und für das »Tradizionale« in Anspruch nehmen darf, gesetzlich geschützt |148| und damit vor Panscherei sicher zu sein, trifft das für »Balsamico« nicht zu. So mancher »Aceto Balsamico di Modena« verdankt seine dunkle Farbe nämlich in erster Linie Zuckercouleur. Wollte ein italienischer Produzent auf diesen kleinen Eingriff verzichten, würde der Balsamico so hell, dass ihn viele Verbraucher nicht mehr akzeptierten. 68
Eistee ist eine weitere Matrix für Zuckercouleur. Das beliebte Erfrischungsgetränk, das es in allen möglichen Varianten gibt, wird üblicherweise unter Verwendung von Schwarzteeextrakten und verschiedenen Zusatzstoffen wie Säuerungsmitteln, Säureregulatoren und Süßstoffen hergestellt. Laut Zusatzstoff-Zulassungs-Verordnung ist Zuckercouleur für Tee, Teeextrakte, Teeaufgusszubereitungen und Instantmischungen ausgenommen. 69 Wer dort Zuckercouleur trotzdem beimischt, verstößt gegen geltendes Recht. Das hält manchen Hersteller nicht davon ab, seine
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