Die Joghurt-Luege
Patentblau V (E 131). Brillantblau findet sich in Getränken, kandierten Früchten, Knabberartikeln, Süßigkeiten, Käserinde und Wurstpellen. Patentblau wird für Zuckerglasuren (»Smarties«), Liköre (»Blue Curaçao«) und Ostereierfarben verwendet. 65
Die dritte ist gleichzeitig die größte Gruppe synthetischer Lebensmittelfarbstoffe und die umstrittenste. Vertreter der Familie der Azofarbstoffe färben nicht nur Lebensmittel, sondern auch Textilien, Leder, Öle und Wachse, Holz oder Papier. Azofarbstoffe stammen |142| aus den Laboratorien der Farbenfabriken. Früher erfolgte ihre Produktion auf der Basis von Steinkohleteer, das in Kokereien als Abfallprodukt anfiel, heute werden Azofarbstoffe mithilfe von Erdöl hergestellt. In Verruf sind Azofarbstoffe geraten, nachdem bekannt wurde, dass einige von ihnen unter bestimmten Bedingungen, zum Beispiel unter Einwirkung von Sonnenlicht (UV-Strahlung) oder durch Hautkontakt (Schweiß) Amine freisetzen, die stark giftig bis krebserregend sind. Azofarben für Lebensmittel sind in Norwegen und Griechenland verboten. In der EU nicht zugelassen sind die Azofarbstoffe Sudanrot, Pararot und Methylorange.
Tabelle 16: In der EU zugelassene Azofarbstoffe
Tartrazin – ein Streitfall
Das Schnäpsle nach dem Essen brennt das Völlegefühl aus dem Leib – die Kräuter tun dem Magen gut, das freche Gelbgrün dem Herzen. Gelb, die Farbe der Frische und der Freude, stammt in diesem Fall vom Azofarbstoff Tartrazin (E 102). Seit 1992 war Tartrazin in der Bundesrepublik nur noch für Kräuterbranntweine und Kräuterliköre zugelassen, zu viele Negativmeldungen warfen kein |143| gutes Licht auf die sonnengelbe Substanz aus dem Labor. Schließlich sollte kein Konsument unter Sehstörungen und Atemschwierigkeiten leiden, befanden die deutschen Behörden und untersagten aus prophylaktischen Gründen die Verwendung in allen anderen Lebensmitteln. Die Österreicher ächteten Tartrazin nicht nur im Lebensmittel, sondern erwogen sogar eine Sperre für Gebrauchsgegenstände. In der Schweiz war Tartrazin 15 Jahre lang verboten. Dass sich die international agierenden Lebensmittelproduzenten daran wenig störten, belegen Untersuchungen unter anderem im Alpenland. Im Sommer 2000 untersuchte das Basler Kantonslabor 22 farbige Lebensmittel aus den USA und Asien auf Tartrazin. Neun von ihnen enthielten E 102, nur in einem Fall war dies auch deklariert. Extrachargen für Länder zu produzieren, die den Einsatz bestimmter Zusatzstoffe ablehnen, kommt anscheinend nicht infrage.
Die Verbote währten allerdings nicht lange. Im Zuge der EU-Angleichung (Revision der Zusatzstoffverordnung im Mai 2002) darf Tartrazin nun wieder flächendeckend in Obst- und Fruchtweinen, in nichtalkoholischen aromatisierten Getränken, in Brausen und Brausepulvern, in Backwaren, Knabberartikeln, Puddingpulver und Dessertspeisen, aber auch in Senf, aromatisiertem Schmelzkäse, in Fisch- und Krebspasten, zum Färben von Käserinden und Kunstdärmen, in Süßigkeiten (zum Beispiel Weingummi) und last not least als Farblack für Dragees (zum Beispiel Schokolinsen) eingesetzt werden. Wegen ihrer Farbbrillanz sind Azofarbstoffe hoch geschätzt. Alle Jahre wieder verleihen sie dem Zuckerguss der Pfefferkuchenhäuser ein prächtiges Kolorit, ebenso wie zu Ostern den Eiern. Besonders wenn die Schalen der Ostereier Risse bekommen oder gequetscht werden, können recht hohe Mengen an Tartrazin (E 102), Azorubin (E 122), Brillantschwarz (E 151) oder der mit den Azofarbstoffen chemisch verwandten Lebensmittelfarbe Chinolingelb (E 104) in das Ei übergehen.
Tartrazin ist ein künstlich hergestellter, zitronengelber Lebensmittelfarbstoff, der besonders lichtecht ist. Tartrazine stehen im Verdacht, Unverträglichkeitsreaktionen und Pseudoallergien mit den typischen Symptomen wie Juckreiz, tränenden Augen und Schnupfen, mit Atemschwierigkeiten und Hautausschlägen, Heufieber und Sehprobleme hervorzurufen. Menschen, die auf den Arzneiwirkstoff Acetylsalicylsäure |144| (Markennamen u. a. Aspirin oder ASS ratiopharm) allergisch reagieren, sind neben Asthmatikern besonders gefährdet. Der Deutsche Allergie- und Asthmabund (DAAB) schätzt, dass zwei von hundert Bundesbürgern unter einer Pseudoallergie leiden. Dass Tartrazin eine »echte« Allergie mit Beteiligung des Immunsystems verursachen kann, wurde immer wieder bezweifelt, weil das Tartrazinmolekül zu klein sei, um vom Immunsystem des Körpers erkannt zu werden. Tartrazinbefürworter
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