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Die Joghurt-Luege

Titel: Die Joghurt-Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vlad D. Georgescu , Marita Vollborn
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der Verbraucher sollte wissen, welche Zusatzstoffe enthalten sind. Im Gegensatz zu verpackten Lebensmitteln aus dem Supermarkt schreibt Paragraf 9 der Zusatzstoff-Zulassungs-Verordnung (ZZVO) für Unverpacktes eine wenig strenge Kennzeichnung vor. Sogar ein Verkaufsgespräch hält er für ausreichend. Ansonsten genügt die Angabe der Zusatzstoffklasse: Bei unverpackten Süßigkeiten ist der Hinweis »mit Farbstoff« ausreichend, bei Frischsalaten und Fischzubereitungen »mit Konservierungsstoff« oder bei Zitrusfrüchten »gewachst«, üblicherweise auf einem Schild neben der Ware oder auf dem Preisschild.
    Im Unterschied zu den Zusatzstoffen müssen technische Hilfsstoffe prinzipiell nicht deklariert werden. Wie ihre Bezeichnung schon sagt, unterstützen sie Prozesse wie Schneiden, Filtrieren oder Stoffumwandlungen. Zum Beispiel sorgen Enzyme für einen Umbau von Stärke in den beinahe allgegenwärtigen Glucosesirup; selbst wenn die Enzyme gentechnisch hergestellt sind, besteht keine Deklarationspflicht. Lauge hilft beim Schälen von Kartoffeln, Katalysatoren lassen die Fetthärtung ablaufen. Technische Hilfsstoffe müssen nicht auf der Zutatenliste erscheinen, weil sie nach ihrem Gebrauch im Herstellungsprozess wieder aus dem Lebensmittel entfernt werden. Das gelingt jedoch nicht vollständig: Im verzehrfertigen Endprodukt sind sie oft noch in Spuren enthalten. Weil sie weder als Lebensmittel noch als Zusatzstoffe gelten, müssen sie laut Gesetz auch nicht zugelassen werden.
    Weil sich moderne Lebensmittel immer weiter von ihrer ursprünglichen Natur wegentwickelt haben und vielfach als komponierte Convenience-Produkte in Kühlschränke, Speisekammern und Tiefkühltruhen gelangen, hielt der Gesetzgeber eine Kennzeichnung bis 2004 für besonders umständlich. Zusammengesetzte Lebensmittel, wie sie |156| heute üblich sind, bestehen nicht mehr nur aus Rohstoffen, sondern sind Puzzles aus mehreren einzelnen, häufig verarbeiteten Lebensmitteln. Besonders ärgerlich war die bis dahin gültige 25-Prozent-Regel, die für solche Waren galt. Wenn ein Bestandteil mit einem entsprechenden Zusatzstoff weniger als 25 Prozent des Gesamtlebensmittels ausmachte, war keine Deklaration notwendig. Das bedeutete beispielsweise, dass der Schwefel der entsprechend behandelten Rosinen in Trauben-Nuss-Schokolade nicht auf der Zutatenliste auftauchte, wenn der Gewichtsanteil der Rosinen weniger als 25 Prozent betrug. Auch mussten Schmelzsalze im Käsebelag einer Pizza bei einem Käseanteil unter 25 Prozent nicht gekennzeichnet werden, ebenso wenig wie Konservierungsstoffe in »Fruchtzubereitungen« von Joghurts. Vor allem Allergikern trieb diese Vorschrift den Schweiß auf die Stirn: Sie konnten für keine Fertigkost sicher sein, dass die für sie allergene Zutat nicht enthalten war. Wenn zum Beispiel auf der Verpackung als Zutat lediglich »Gemüse« erschien, konnte es sich auch um eine Gemüsemischung aus Möhren, Fenchel, Zwiebeln und Sellerie handeln – Sellerie aber gehört neben Nüssen, Milch, Fisch, Eier, Soja oder Gluten, dem Klebereiweiß in Weizen, zu den häufigsten Allergenen. Ernährungsfachleute rieten den Betroffenen daher, alles selbst zuzubereiten, um das Risiko einer allergischen Reaktion zu umgehen. Diese Regelung ist nun vom Tisch – zu stark war der Handlungsdruck geworden. Im November 2003 verabschiedete der Ministerrat der Europäischen Union eine Richtlinie, nach der in Zukunft alle Inhaltsstoffe aus zusammengesetzten Produkten auf die Packung gedruckt werden müssen. Für den Erdbeerjoghurt heißt das, dass dann alle Konservierungsstoffe oder Verdickungsmittel aus dem bis dato nur lapidar mit »Fruchtzubereitung« gekennzeichneten Zutatenmix genannt werden müssen. Besondere Regeln für die Deklaration gelten bei Aromen, egal ob natürlich, naturidentisch oder künstlich, ob Raucharomen, Aromaextrakte oder Reaktionsaromen, die aus Hunderten einzelner Stoffe bestehen können.
    Mit In-Kraft-Treten der Richtlinie gilt die »2-Prozent-Regel«: Macht beispielsweise der Anteil einer »Gewürzmischung« weniger als 2 Prozent des Produktes aus, muss auch in Zukunft nicht einzeln aufgeschlüsselt werden, woraus die Gewürzmischung besteht. |157| Enthält sie jedoch bekannte allergieauslösende Stoffe, müssen diese auf jeden Fall genannt werden. Ein Wermutstropfen allerdings bleibt: Für Menschen, die auf andere als die »Hauptallergene« reagieren, bestehen weiterhin Unsicherheiten, weil nach wie vor alle

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