Die Joghurt-Luege
Tiermehlproduktion als so genanntes Extraktionsfett unter den vorgeschriebenen Bedingungen der Drucksterilisation, die, falls exakt ausgeführt, recht sicher pathogene Prionen vernichtet. Ein anderer Weg war die Entsorgung von Knochen, die beim Auslösen des Fleisches übrig blieben, oder auch von zu viel Fett, das der Tierkörper lieferte. Diese Reste unterlagen nicht der Vorschrift zur Drucksterilisation. Die Vorstellung, dass prionenverseuchte Milchaustauscher Kälber angesteckt haben könnten, beunruhigte im Juli 2002 die Fachwelt. Die Befürchtung wurde laut, dass praktisch jedes Rind, das nicht in einer Mutterkuhhaltung aufgewachsen war und während seiner Jugendzeit Milchaustauscher bekommen hatte, infiziert sein könnte. 5 Unterstützt wurde diese These durch Fütterungsversuche: Vier Monate alte Kälber hatten mit der Nahrung sehr hohe Mengen an BSE-Erregern aufgenommen – nach sechs Monaten waren diese schließlich im Gehirn angekommen. Bis dahin hatten Forscher und Politiker stets versichert, dass sogar Produkte eines BSE-infizierten Kalbes keine Gesundheitsgefahr für den Konsumenten bergen, weil die Prionenkonzentration viel zu gering wäre: Das gesamte Kalb (inklusive Risikomaterial) galt als unbedenklich. Die Bundesregierung hielt die neuen Erkenntnisse für so alarmierend, dass sie umgehend den Einsatz tierischer Fette in Milchaustauschern verbot – zu Recht, wie sich später herausstellte: Schon Zukaufkraftfutter erhöht das BSE-Risiko um 9,7 Prozent, Milchaustauscher treiben es um 15,8 Prozent in die Höhe. EU-weit stieß die deutsche Entscheidung auf wenig Zustimmung. Seitdem dürfen die Bauern in unseren Nachbarländern weiterhin die aus tierischen Abfällen gewonnenen Tierfette legal verfüttern – die deutschen Landwirte sind an heimisches Recht gebunden.
BSE-Tests: Für Verbraucher nutzlos?
Schlachtvieh muss in der Europäischen Union dann auf BSE untersucht werden, wenn es älter ist als 30 oder, in Deutschland, älter |191| als 24 Monate. Die bislang gängigsten in der EU angewandten Tests sind der Prionics Check, der Platelia BSE-Test und das Enfer Test System (siehe Kasten »BSE-Tests«). Bis 2004 waren EU-weit fünf Testverfahren zugelassen. In Deutschland werden bisher vor allem die der Prionics und der Platelia-Test verwendet. Die amtliche Zulassung nach dem deutschen Tierseuchengesetz vergibt das nationale Referenzzentrum für BSE-Diagnostik am Friedrich-Löffler-Institut, vormals Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere, Tübingen. Bisherige Tests können nur am toten Tier durchgeführt werden: Nach der Schlachtung wird eine Probe des Gehirns oder des Rückenmarks entnommen und im Labor auf Prionen getestet. Sie können PrP(sc) etwa sechs Monate vor dem Ausbruch der ersten klinischen Symptome nachweisen. Für die Untersuchung anderer Körperbestandteile wie Muskelfleisch, Milch oder Blut sind sie aber ungeeignet. Auch kann keiner der beschriebenen Tests BSE im Früh- oder mittleren Stadium der Infektion erkennen – eine Gewähr für BSE-freies Fleisch bieten sie daher nicht. Zwar sind die Erreger nach bisherigen Erkenntnissen vor allem auf Gehirn und Rückenmark konzentriert, doch können sie sich beim Schlachten verteilen. Durch Sägen und Fleischerwerkzeuge gelangen Körperflüssigkeiten und infiziertes Gewebe auch auf andere Rinderteile. Selbst ein Übergreifen auf ursprünglich BSE-freie Fleischstücke ist nicht ausgeschlossen. Auch Muskelfleisch enthält eine geringe Menge pathogener Prionen. 2005 konnten Forscher nachweisen, dass sich bei Prionenerkrankungen massiv PrP(sc) in allen inneren Organen ansammeln und nicht nur in den Risikoregionen wie Lymphknoten und Milz. Auch in Leber, Niere und Bauchspeicheldrüse fanden sie solche Ansammlungen, wenn diese gerade einen Entzündungsprozess durchmachten 6 – sie galten bis dahin als prionfreies Gewebe und hatten keinerlei Augenmerk auf sich gezogen.
Ein Großteil des Rindfleischs kommt ohnehin ungetestet auf den Markt, weil die meisten Schlachttiere jünger als die für Tests vorgeschriebenen 30 beziehungsweise 24 Monate sind. Die nicht getesteten Jungbullen, welche nicht älter als 14 bis 20 Monate sind, müssen laut Gesetz gar nicht routinemäßig untersucht werden. Und |193| selbst wenn sie es würden – die Tests können pathogene Prionen erst in höheren Konzentrationen nachweisen, also erst wenige Monate, bevor die Krankheit ausbricht. Die Inkubationszeit beträgt jedoch mehrere Jahre. Daher garantieren
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