Die Joghurt-Luege
erreicht haben, obligatorisch auf BSE getestet werden;
|188| dass alle Rinder, die verendet sind oder wegen Krankheit getötet werden mussten, untersucht werden;
dass im Falle eines positiven BSE-Befundes sämtliche Kohortentiere zu töten sind und das Fleisch entsorgt werden muss;
dass Tiermehl nicht mehr an Tiere verfüttert werden darf, die selbst Lebensmittel liefern.
Deutschland war noch einen Schritt weiter gegangen und hatte im nationalen Alleingang das Untersuchungsalter von Rindern von 30 auf 24 Monate herabgesetzt. Außerdem verbot es tierische Fette in Milchaustauschern, der »künstlichen Milch«, die als Ersatznahrung für Kälber verwendet wird.
Futtermittel: Tiermehl und Tierfett als Risiko
Allein bei der Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung fallen in Deutschland jedes Jahr mehr als 2 Millionen Tonnen Schlachtnebenprodukte an. Hinzu kommen rund 400 000 Tonnen an Tierkörpern: wegen Krankheit getötete oder verendete Tiere aus der Heimtierhaltung, aus Zoos und Zirkussen, aber auch Wildtiere. Dieses »Material« ist die Basis für Tiermehl. Um es herzustellen, werden die Kadaver in den Tierkörperbeseitigungsanlagen zunächst in Stücke gesägt, dann gemahlen und anschließend im Drucksterilisationsverfahren gekocht. Drucksterilisation (vorgeschrieben seit 1. April 1997) bedeutet eine 20-minütige Wärmebehandlung bei mindestens 133 Grad Celsius unter 3 Bar Druck. Die Partikel dürfen nicht größer sein als 5 Zentimeter, um eine gleichmäßige Wärme- und Druckeinwirkung gewährleisten zu können. Ob dieser Vorgang korrekt eingehalten wird, liegt in der Eigenverantwortung der Betriebe. Nach dem Kochen folgt das Trocknen. Tiermehl ist bei Landwirten als preiswerter Eiweißlieferant geschätzt. Weil Eiweiß die Milchleistung steigert und den Muskelaufbau vorantreibt, war Tiermehl lange Zeit Bestandteil von »Kraftfutter«, auch für das Rind als reinen Pflanzenfresser. Bis die BSE-Krise Deutschland erreichte, wurden im Land etwa 390 000 Tonnen Tiermehl pro Jahr verfüttert – das sind |189| 2,6 Millionen Lkw-Ladungen. Noch heute wird Tiermehl in Heimtierfutter für Katzen und Hunde verarbeitet. Inzwischen gelten europaweit drei gesetzlich festgelegte Risikokategorien von Tiermehlen. Kategorie 1 steht für besonders riskantes Material, die Kategorien 2 und 3 für weniger gefährliche Produkte. Zwar darf inzwischen keine der drei Kategorien an Lebensmittel liefernde Tiere verfüttert werden. Doch dürfen Landwirte Material der Kategorie 3 als Dünger auf ihren Feldern ausbringen. 170 000 Tonnen Tiermehle wurden allein im Jahr 2003 als Düngemittel an Landwirte abgegeben. Entgegen den seit März 2003 geltenden gesetzlichen Vorschriften wird dieses Tiermehl weder eingefärbt noch durch Zusatz von Farb-, Geruchsoder Bitterstoffen vergällt. 4 Eine Prüfung, ob der Bauer seine Kartoffeln damit düngt oder das Verfütterungsverbot unterläuft, erfolgt kaum, denn weder gibt es eine amtliche Verwendungskontrolle, noch ist ein »Verbringungsnachweis« vorgeschrieben. Daher kann niemand sicher ausschließen, dass das Tiermehl nicht doch statt auf dem Acker im Futtertrog landet. Zumindest die Versuchung dürfte groß sein, sind Futtermittel doch der größte Kostenfaktor in der Nutztierhaltung. Tiermehle sind im Eiweißgehalt mit Futtersoja vergleichbar, kosten aber nur ein Zehntel. Zwar muss der Rinderhalter hohe Strafen fürchten. Doch dafür müsste er auf frischer Tat ertappt werden: beim Verfüttern des Tiermehls.
Tierischen Abfällen entstammt auch das Tierfett, das in Milchaustauschern für Kälber Verwendung findet. Milchaustauscher haben gegenüber Kuhmilch den wirtschaftlichen Vorteil, dass sie billiger sind: Das Kalb erhält die Ersatznahrung, während die Milch verkauft werden kann. Auch sind Eiweiß-, Fett- und Mineralstoffgehalt stets gleich und unterliegen nicht den natürlichen Schwankungen der Kuhmilch. Milchaustauscher können bis zu 20 Prozent tierische Fette enthalten. Nachdem feststand, dass sich einige Rinder bereits im Kälberalter mit BSE infiziert hatten, gerieten die Milchaustauscher in den Fokus der BSE-Ermittler. Dass Rinderhalter das Tiermehl illegal unter die flüssige Kälbernahrung mischten, hielten sie unter anderem deshalb für ausgeschlossen, weil Tiermehl schwer löslich ist und sich am Boden absetzen würde. So stießen sie auf |190| den Fettanteil im Milchaustauscher, der in Deutschland auf zweierlei Weise gewonnen wurde. Zum einen entstand er während der
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