Die Joghurt-Luege
wirtschaftende Bauer auf Kunstdünger und synthetische Pflanzenschutzmittel, verpflichtet sich zu artgerechter Tierhaltung und zum Wirtschaften in geschlossenen Stoffkreisläufen. Vor 1991 waren die Begriffe »Bio«, »Öko« oder auch »ökologisch hergestellt« nicht gesetzlich geschützt, und so gelangten auch Produkte in die Supermarktregale, die außer der werbeträchtigen Bezeichnung mit den tatsächlichen Bioprodukten der Anbauverbände Demeter, Bioland oder Ecoland nichts gemein hatten. Zuerst beschränkte sich die EU-Bioverordnung 1092/91 nur auf pflanzliche Erzeugnisse; Regelungen über Fleisch und Fleischprodukte enthielt sie nicht. So war zwar der »aus biologischem Anbau« stammende Salatkopf tatsächlich »Bio«, nicht aber die »Öko-Wurst« aus dem Supermarkt. Dem ist seit In-Kraft-Treten der Ergänzung für die EU-Bioverordnung im August 2000 nicht mehr so. Jetzt ist alles »Bio«, wo »Bio« draufsteht. Allerdings mühen sich nach wie vor Trittbrettfahrer, auf den Bio-Zug aufzuspringen. Nicht gesetzlich geschützte Angaben wie »kontrolliert«, »nachhaltig«, »integriert«, »umweltverträglich« oder »natürlich gut« können den Verbraucher in die Irre führen und ihm vorgaukeln, es handele sich hierbei um ein qualitativ hochwertiges Bioprodukt.
263
269
263
269
true
Acrylamid – ein Zubereitungsproblem
Im Sommer 2002 sprach niemand mehr von BSE – Acrylamid war jetzt das beherrschende Thema. Ein schwedisches Gutachterteam hatte die Substanz, die bis dahin eigentlich nur als Ausgangsstoff in der Kunststoffherstellung bekannt war, in Lebensmitteln entdeckt. Eigentlich konnte sich kaum jemand erklären, wie sie dort hineingeraten sein könnte, und Vertreter der Lebensmittelindustrie geißelten die Forschungsmethoden der Schweden sogar als unseriös. Doch bald verhallten die Unkenrufe, denn es stellte sich heraus, dass Acrylamid nicht durch widrige Umstände in das Lebensmittel kommen |264| kann, sondern sich erst während des Backens, Frittierens, Grillens oder Bratens stärkehaltiger Produkte bildet. Soweit heute bekannt ist, entsteht Acrylamid aus dem Eiweißbaustein Asparagin in Gegenwart bestimmter Zuckerarten wie Traubenzucker (Glucose) oder Fruchtzucker (Fructose), besonders aus Getreide und Kartoffeln. In manchen Kartoffelsorten macht der Anteil des Eiweißbausteins Asparagin 40 Prozent aus.
Studien versuchen zu klären, von welchen Faktoren die Bildung von Acrylamid abhängig ist. Offensichtlich entscheiden Temperatur und Zeit über den Gehalt an Acrylamid im Lebensmittel. So zeigte sich, dass der Prozess bei rund 120 Grad beginnt und mit steigender Temperatur weiter fortschreitet. Je länger und je heißer also beispielsweise Pommes frittiert werden, desto höher liegt erwartungsgemäß ihr Acrylamidgehalt. Für Freunde der braunen Kruste ist das keine gute Nachricht. Denn je dunkler Pommes & Co. sind, desto belasteter sind sie.
Die Zahlen über die Menge an Acrylamid in den verschiedenen Lebensmitteln variieren von Messung zu Messung. Tabelle 30 veranschaulicht die Größenordnung. Als Spitzenreiter gelten nach wie vor Kartoffelchips und Lebkuchen. Sie überschreiten den vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) als kritische Grenze betrachteten Wert von 1 000 Mikrogramm pro Kilogramm Lebensmittel oft um ein Vielfaches. Warum ausgerechnet Lebkuchen so stark belastet sind, ist noch nicht ganz geklärt. Vermutlich liegt das am Honig, der von Natur aus viel Fruchtzucker und Traubenzucker enthält – und diese Zuckerarten sind an der Acrylamidbildung während des Backens maßgeblich beteiligt.
Erstaunlich ist, dass Wasser die Acrylamidbildung zu blockieren scheint. Daher weist Gekochtes, Gegartes oder Gedünstetes nur wenig des krebserregenden Stoffes auf. Sogar die Wahl des Backtriebmittels für Plätzchen und Lebkuchen beeinflusst den Gehalt erheblich. Während Hirschhornsalz mit seinen hohen Anteilen an Ammoniumhydrogenkarbonat zu hohen Werten führt, sorgt Backpulver, das aus Kalziumkarbonat besteht, für niedrige. Für andere Zutaten gilt Ähnliches – den Grund dafür kennt man noch nicht.
Die Bestimmung des Acrylamidgehalts in Lebensmitteln führen spezialisierte Laboratorien durch. Derzeit ist der Nachweis ab einem |265| Gehalt von 10 bis 30 Mikrogramm pro Kilogramm möglich. Ab einem Wert von 50 Mikrogramm pro Kilogramm kann der Acrylamidgehalt sicher quantifiziert werden.
Tabelle 30: Gehalt an Acrylamid einiger ausgewählter
Weitere Kostenlose Bücher