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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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während präparierte Gorillas aus den kongolesi schen Bergwäldern neben australischen Koalas, afrikanischen Aas geiern sowie Riesenanakondas und anderes Echsengetier aus dem brasilianischen Dschungel von der Decke herabhingen, als wollten sie sich jeden Moment auf ihr ahnungsloses Opfer stürzen. Und wo auf dem Boden noch ein freier Fleck gewesen war, da lag allerlei seltsamer Kleinkram wie Federschmuck, zusammengerollte Häute, Feuersteine, primitive Waffen und vieles andere, dessen Herkunft und Verwendungszweck sich Byron beim schnellen Vorbeigehen nicht erschloss.
    Auf seinem Weg zum Salon kam er auch zu einer Ansammlung von steinernen Sarkophagen, die zum Teil mit ägyptischen Hieroglyphen bedeckt waren. Sie bildeten rechts und links entlang des Gangs zwei lange Reihen, als warteten sie darauf, von einem Bestatter endlich abgeholt und in irgendeiner ägyptischen Grabstätte beigesetzt zu werden.
    Zwischen diesen Steinsärgen lehnten indianische Totempfähle an den Wänden, aufeinandergetürmte Kamelsättel, Bündel von Bedu inenlanzen, alte Vorderlader, grell bemalte indische Gottheiten mit Fratzengesichtern und vieles andere mehr. Und alles sah so aus, als hätte man diese Sammelstücke nur kurz hier abgestellt, weil man nicht wusste, wohin mit ihnen, und dann vergessen.
    Die zum Teil noch reichlich mit Staub und Wüstensand bedeckten, in Tücher gewickelten Mumien, die einmal in den Sarkophagen gele gen hatten, fanden sich einen Gang weiter, zusammen mit einem Durcheinander aus Steinskulpturen aus der Pharaonenzeit, die halb menschliche und halb tierische Gottheiten wie den Sonnengott Re, Anubis, Horus, Chnum, Bastet oder Selket darstellten.
    Und kaum hatte Byron diese beklemmende Totengalerie passiert und war Percy um die Biegung des Gangs gefolgt, als er vor sich ein grauenvolles Spalier von menschlichen Schrumpfköpfen mit langen Haarzöpfen erblickte, die auf Bambusstangen steckten, aus irgendei nem Kannibalenland stammten und ihn trotz ihrer leblos kalten Au gen so hypnotisch anstarrten, als wollten sie über jeden, der es wag te, zwischen ihnen hindurchzuschreiten, noch aus dem Jenseits ei nen fürchterlichen Bannfluch werfen.
    Ein kalter Schauer des Abscheus jagte ihm den Rücken hinunter, und es würgte ihn bei dem Gedanken daran, wie die Eingeborenen Borneos oder irgendeiner anderen kaum erforschten Wildnis zu die sen grauenvollen Trophäen gekommen waren.
    »Wie lange dauert es denn noch, bis Sie mich zu diesem Salon ge führt haben?«, fragte Byron, als sie durch dieses grauenvolle Spalier schritten. »Ich hatte nicht erwartet, mich unterwegs solch... solch einer Zumutung aussetzen zu müssen!«
    »Lord Mortimer hatte fürwahr einige recht gewöhnungsbedürftige Eigenheiten. Aber wir sind gleich da«, lautete die beruhigende Ant wort des Hausdieners. »Der Salon befindet sich hinter der nächsten Biegung, Sir.«
    Als Byron Augenblicke später durch die hohen, offen stehenden Flügeltüren in den Salon trat und der Hausdiener sich am Eingang dezent zurückzog, musste er feststellen, dass er als letzter von Lord Pembrokes Gästen eintraf.
    Horatio Slade, Alistair McLean und Harriet Chamberlain hatten es sich schon in den schweren, gepolsterten Fauteuils bequem ge macht, die in der Mitte des Raumes um einen niedrigen Tisch mit ei ner arabisch anmutenden Platte aus gehämmertem Silber gruppiert standen. Und jeder von ihnen hielt schon einen Drink in der Hand, der wohl aus dem gut bestückten Barschrank in ihrem Rücken stammte. Dort stand die hochgewachsene, asketische Gestalt von Trevor Seymour, dem Butler mit der ausdruckslosen Miene.
    »Ah, da sind Sie ja, Mister Bourke!«, rief Alistair McLean ihm zu und hob dabei sein Glas, in dem eine goldbraune Flüssigkeit schwappte, vermutlich Whisky oder Cognac. In der anderen Hand hielt er eines jener papierumwickelten Tabakröllchen, die »Zigaretten« genannt wurden und sich seit einigen Jahren besonders bei den niederen Volksschichten zunehmender Beliebtheit erfreuten. »Wir fürchteten schon, Sie wären uns irgendwo auf diesem labyrinthischen Weg vom tiefen Kongo hinauf ins Pharaonenland abhanden gekommen und auf ewig verschollen! Und das wäre doch ein recht bitterer Verlust gewesen.« Er zwinkerte ihm dabei mit einem breiten Grinsen zu, als wäre zwischen ihnen nie ein böses Wort gefallen.
    Byron schloss daraus, dass es kaum der erste starke Drink sein konnte, an dem der zerzauste Lockenschopf nippte.
    »Ja, wir dachten schon, Sie wären vielleicht

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