Die Judas-Papiere
Spalte aufgeschlagen, wo das Wort Jebu erklärt wurde.
»Wusste ich’s doch, dass Jebu etwas mit der ägyptischen Mytholo gie zu tun hat!«, sagte Byron und las den Eintrag vor: »Jebu, ägypti scher Name der Nilinsel mit gleichnamigem Ort unterhalb des ersten Kataraktes gegenüber Assuan, im Altertum Elephantine, benannt nach dem Vorkommen von Elefanten in dieser Gegend. Von dieser südlichsten Grenzfes tung Ägyptens zogen Expeditionen nach Nubien und in die nahe gelegenen Granitbrüche.«
»Jetzt haben wir es!«, rief Alistair begeistert. »Es passt alles zusam men! Das Kloster St. Simeon liegt also am Oberlauf des Nil bei den Stromschnellen von Assuan!«
»Warte einen Augenblick!«, bat Byron. »Es geht noch weiter. Im süd lichen Teil der Insel Elephantine findet sich Schutt der einstigen Stadt, die einen ausgedehnten Tempelbezirk mit Tempeln des mittleren Reichs, der
18. Dynastie und aus persischer Zeit umfasste und teilweise von Ptolemäern und Römern erweitert wurde. So, und jetzt kommt der interessanteste Teil! Durch Zufalls-und spätere Grabungsfunde wurden in Elephantine ei ne große Zahl von Papyri und Ostraka in ägyptisch-aramäischer Sprache entdeckt. Ein Teil dieser Dokumente gibt auch wichtige Aufschlüsse über das Judentum in der dortigen Diaspora und in den persischen Provinzen Ju da und Samaria. Neben Jahwe verehrten die Juden von Elephantine noch zwei weitere göttliche Gestalten.« Byron sah auf. Seine Augen leuchte ten vor freudiger Erregung. »Ich denke, wir haben den Ort gefunden, wo Mortimer die Papyri versteckt hat, Freunde! Und zwar vermutlich an genau demselben Ort, an dem er zuvor bei Ausgrabungen oder zufällig auf sie gestoßen ist!«
»Ja, es passt alles zusammen! Das Puzzle ist komplett!«, rief Alistair begeistert. »Nun müssen wir uns nur noch vergewissern, dass es da oben bei der Nilinsel auch Ruinen eines einstigen Klosters gibt!«
Als sie sich beim Concierge danach erkundigten, konnte er ihnen sofort Auskunft geben. »Ein solches Kloster gibt es in Assuan in der Tat. Es waren koptische Mönche, die dort in der Wüste am Westufer des Nil lebten. Ein hartes und oftmals auch gefährliches Leben. Da waren die Mönche allein auf sich gestellt, wenn sie es mit beduinischen Räuberbanden oder muslimischen Gotteskriegern zu tun bekamen, denen ein christlicher Konvent natürlich ein Dorn im Auge war. Dass das ganze Land schon seit Jahrhunderten christlich war, bevor Mohammed zum Propheten wurde und mit seinen Eroberungsfeldzügen begann, kümmerte die Krieger unter dem Halbmond natürlich nicht. Kein Wunder also, dass St. Simeon schon im dreizehnten Jahrhundert aufgegeben wurde. Allzu viel steht von der großen Anlage leider nicht mehr. Aber wenn man schon mal in Assuan ist, sind die Ruinen zweifellos einen Besuch wert.«
Die nächste Frage lag auf der Hand. »Und wie kommen wir am bes ten nach Assuan?«
»Sie können eines der Kreuzfahrtschiffe nehmen, die bis zum ers ten Katarakt nilaufwärts fahren«, teilte ihnen der Concierge mit. »Diese beliebten Touren dauern meist eine gute Woche und können bei Thomas Cook nebenan gebucht werden.«
»Eine Woche auf dem Nil ist nicht gerade das, was uns im Augen blick vorschwebt«, mischte sich Alistair ein. »Gibt es denn keine schnellere Verbindung nach Assuan?«
»Die gibt es sehr wohl, Gentlemen, und zwar mit der Eisenbahn«, antwortete der Concierge. »Für Touristen gibt es einen speziellen Zug mit Schlafabteilen, der Kairo am Abend verlässt und am Morgen in Assuan eintrifft.«
»Den nehmen wir!«, sagte Alistair, ohne erst lange das Votum sei ner Freunde abzuwarten.
»Wenn ich Ihnen noch eine Empfehlung für Ihren Aufenthalt in As suan bezüglich Ihres Hotels geben darf . . .«
»Bitte, gern!«, ermunterte Byron den Concierge.
»Gäste, die einem Haus unserer Güte den Vorzug geben, ist dort einzig das Cataract Hotel zu empfehlen. Es gehört zu den Unterneh mungen von Thomas Cook und steht unter der tüchtigen deutschen Leitung von Mister Steiger. Von der Terrasse hat man einen exzellen ten Blick auf den Katarakt. Es liegt zudem günstiger als das Savoy, das auch einen guten Ruf genießt, sich jedoch auf der Insel Elephan tine befindet, was bei jeder Exkursion das Übersetzen mit Booten notwendig macht. Und über das Assuan Hotel möchte ich Ihnen nichts weiter sagen, als dass es direkt unten am Kai des Hafens liegt.«
Sie bedankten sich für seine ausführlichen Informationen und ent fernten sich ein Stück vom Tisch
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