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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Zeit nun bald vorbei ist. Ich muss dem Gichtknochen Pem broke ein Kompliment machen. Er hat wirklich ein verteufelt gutes Händchen bewiesen, dass er ausgerechnet auf uns gekommen ist und uns zu dieser Suche gezwungen hat.« Und dann fügte er noch spöt tisch hinzu: »Aber seine hochwohlgeborene Lordschaft hätte sich ge wiss nicht träumen lassen, dass er damit das selige Band der Liebe zwischen zweien von uns schmieden und mir dazu verhelfen würde, neben einem hübschen Batzen Geld auch noch mit einer Extraportion höherer Bildung aus diesem Abenteuer herauszukommen!«
    Byron lachte verlegen auf. »Und ich hätte nicht gedacht, dass ich einmal einen Kunstfälscher und einen Pokerspieler zum Freund ha ben und darauf auch noch stolz sein würde«, erwiderte er.
    »Jaja, in der Welt ist heutzutage auf nichts mehr Verlass«, scherzte Alistair. »Wo soll das nur enden?«
    »Mir reicht es, dass wir uns aufeinander verlassen können«, sagte Horatio trocken. »Und damit entbiete ich meinen werten Schicksals gefährten eine gute Nacht! Gelegentliches Schnarchen bitte ich, ei nem anderen zuzuordnen.«
    Nun wünschten sich auch die anderen einen guten Schlaf und By ron streckte im Dunkel seine Hand nach unten aus und tastete nach der von Harriet. Mit stummem Druck versicherten sie einander ihre Liebe.
    Byron dachte noch eine Weile verwundert darüber nach, wie sehr sich sein Leben und auch manche seiner Ansichten, die ihm unumstößlich erschienen waren, in den letzten Wochen verändert hatten. Dass die Liebe zu Harriet seinen Panzer verbitterter Frauenabwehr gesprengt hatte und sie seine Gefühle mit derselben Kraft er widerte, war ein ganz eigenes Wunder. Aber dass er, der bisher ein eigenbrötlerisches und zurückgezogenes Leben im sicheren Reich seiner Bücher geführt hatte, solche Freunde wie Horatio und Alistair gefunden, sie in sein Herz geschlossen und sogar Gefallen an vielen ihrer Abenteuer gefunden hatte, erstaunte ihn kaum weniger.
    Ihm war, als hätte man ihn gezwungen, ein starres Korsett abzu werfen und zum ersten Mal frei von allen selbst auferlegten Zwän gen die wahre, berauschende Luft des Lebens zu atmen. Dass bei al ler Liebe zu seinen Studien eine Rückkehr in sein altes Leben nicht mehr möglich war, verstand sich für ihn von selbst. Und er empfand es nicht als Verlust, sondern als Gewinn.
    Und während er noch darüber sinnierte, wiegte ihn das monotone Rattern des Zuges langsam in den Schlaf.

2
    A m frühen Morgen trafen sie in Assuan ein. Was sich Bahnhof nann te, war nichts weiter als ein offener Perron, neben dem in einer lan gen Kette ein Dutzend Palmen aufragten, hinter denen sich ein be scheidenes Gebäude in orientalischem Fachwerkstil und mit einem blau gestrichenen Blechdach erhob. Der Hautfarbe und Physiogno mie der einheimischen Straßenhändler, Kutscher und Gepäckträger sah man an, dass man schon ein Stück weit nach Schwarzafrika vor gedrungen war.
    Fast auf derselben Höhe mit der Bahnstation erstreckte sich die lange Elephantine-Insel wie ein grüner Teppich, umspült von den trüben Fluten des Nil. Das gegenüberliegende Ufer stieg nach einem kurzen ebenen Stück in zwei, drei Stufen steil an. Zahlreiche recht eckige Öffnungen waren aus dem braunroten Fels geschlagen und zum Teil vom Wind mit gleichfarbigem Sand halb zugeweht. Sie führten in längst geplünderte Höhlen und Grabkammern, mit denen das Steilufer förmlich durchlöchert war.
    Einige Meilen oberhalb der Station und zwischen den Granitfelsen des ersten Nilkatarakts fiel der Blick auf die Insel Philae mit einer Tempelanlage aus der Pharaonenzeit. Auch auf der Landseite von As suan standen Reste von säulenreichen Heiligtümern aus der langen Epoche ägyptischer Sonnengötter.
    Schnell war eine Kutsche gesichert und ihr Reisegepäck sowie der derbe Drillichsack mit den tuchumwickelten Grabungswerkzeugen aufgeladen. Auf dem Weg zum Cataract Hotel , das ein Stück außer halb von Assuan lag, kamen sie in der sehr überschaubaren Ortschaft mit ihren weiß gekalkten Häusern an einer englischen Kirche mit koptischer Architektur, einem einladend aussehenden Café Khédivial und der Filiale von Thomas Cook vorbei, die sich in bequemer Nähe zum örtlichen Telegrafenamt befand.
    Dass der Concierge des Shepheard’s ihnen das Cataract Hotel emp fohlen hatte, war ihnen Garant dafür gewesen, dass es sich dabei um ein exzellent geführtes Haus handelte. Und so war es auch. Das Ho tel erhob sich auf einem felsigen Kap über

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