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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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entschlüsseln müssen. Sonst war alles vergeblich, was wir in den letzten Wochen auf uns genommen ha ben.« Ein deprimierender Gedanke.
    Sie verbrachten dennoch eine gute Stunde in den weitläufigen Rui nen. Weniger in der Hoffnung, doch noch irgendwo auf einen Hin weis zu stoßen, wo sich das Versteck befinden konnte, sondern al lein um sich mit der Anlage vertraut zu machen und sich die einzel nen Komplexe einzuprägen. Dann begaben sie sich in recht nieder geschlagener Stimmung auf den Rückweg.
    Als sie wieder in Hasans Canja saßen und der heiße Wüstenwind aufgewirbelten Sand über den Fluss trieb, blickte Hasan mit besorg ter Miene nach Westen. »Khamsin!«, sagte er und erklärte radebre chend auf Englisch: »Wilder Wind aus Wüste! Bringen viel Sand. Kann werden Sturm und dann nichts mehr sehen. Manchmal für Tage.«
    »Na, wunderbar!«, sagte Alistair. »Ein Sandsturm hat uns zu unse rem Glück noch gefehlt!«
    »Aber wie du gerade gehört hast, artet nicht gleich jeder Khamsin in einen Sandsturm aus«, erwiderte Harriet, die sich nicht noch mehr deprimieren lassen wollte.
    Hasan brachte sie zu ihrem Hotel ans andere Ufer. Dort ließ er sie wissen, dass er ganz in der Nähe mit seinen jüngeren Geschwistern in einer kleinen Lehmhütte lebte, falls sie noch weitere Bootsausflü ge planten.
    »Mich nur wissen lassen! Kann noch viel zeigen!«, versicherte er. Selbstverständlich wäre er so gut zahlenden Gästen wie ihnen gerne noch öfter zu Diensten gewesen.
    »Wir werden wohl noch einige Male über den Fluss nach St. Sime on wollen«, teilte ihm Byron freundlich mit. »Vermutlich auch mal bei Nacht. Wäre das ein Problem?«
    Hasan lachte und zeigte seine strahlend weißen Zähne. »Kein Prob lem, Efendi! Fluss mein Zuhause! Wann immer wollen, ich bereit!«, versicherte er eifrig.
    »Wenigstens ein winziger Lichtblick in dieser Misere«, murmelte Alistair, während sie die Felsstufen zum Hotel hochstiegen.
    Dort setzten sie sich auf die Terrasse, ließen sich Tee und eine Eta gere mit kleinen dreieckigen Sandwiches kommen und studierten reihum Mortimers Zeichnung. Aber der zündende Geistesblitz woll te keinem von ihnen kommen.
    Ihre Stimmung hatte mittlerweile einen absoluten Tiefpunkt er reicht, als ein Hoteldiener mit einem kleinen Silbertablett auf der Terrasse erschien und damit auf einen der anderen besetzten Tische zuging.
    »Mister Sedgewick«, sprach er dort einen stämmigen Mann mit breitem Backenbart an. »Ein Telegramm für Sie, Sir!«
    Plötzlich stutzte Harriet, nahm die Seite mit der Zeichnung der Uferlandschaft noch einmal in die Hand und zog die Stirn kraus. »Bit te lacht mich jetzt nicht aus«, sagte sie nach kurzem Zögern. »Aber könnte es sich nicht vielleicht um Morsezeichen handeln?«
    Ihre Vermutung schlug bei ihren Gefährten wie ein Blitz aus heite rem Himmel ein.
    »Morsezeichen? Wo denn?«, stieß Alistair aufgeregt hervor.
    »Na, diese Reihe von Gräsern am Ufer«, sagte Harriet und deutete mit dem Finger darauf. »Die Halme haben nur zwei verschiedene Längen, die einen sind kurz, die anderen lang . . .«
    »Allmächtiger, du hast recht!« Byron war wie elektrisiert. »Das Mor sealphabet besteht nur aus zwei Zeichen, einem kurzen und einem langen! Das kann kein Zufall sein! Mortimers Code besteht aus Mor sezeichen!«
    »Morsezeichen! Ich werde verrückt! Das ist des Rätsels Lösung!«

    Horatio lachte befreit. »Mein Gott, dafür könnte ich dich umarmen und küssen, Harriet!«
    »Danke für das Angebot«, erwiderte Harriet. »Aber du wirst es mir hoffentlich nachsehen, dass ich das lieber einem anderen überlasse.« Eine leichte Röte überzog ihre Wangen.
    »Und wir wissen auch, wem«, sagte Alistair mit gutmütigem Spott. Er hatte sich längst damit abgefunden, dass Harriet seinem Charme nicht verfallen war und sich in Byron verliebt hatte. »Aber zur Sache, Freunde! Wir müssen uns eine Tabelle mit dem Morsealphabet be schaffen. Am besten fahren wir zum Telegrafenamt. Da wird es be stimmt eine geben, die wir abschreiben können.«
    »Das können wir uns sparen«, sagte Horatio. »Das Morsealphabet bekomme ich noch zusammen. Wir haben es im Gefängnis benutzt, um uns mit unseren Zellennachbarn zu verständigen.«
    »Dann nichts wie an die Arbeit, Horatio!«, forderte Byron ihn auf und schob ihm Stift und Notizbuch zu.
    Ohne allzu oft nachdenken zu müssen, schrieb Horatio das Morse alphabet in das Buch. »So, das hätten wir!«

    Sofort begannen sie, den Text zu

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