Die Judas-Variante - V3
sonstigem
Verkehr.
Außer den Reihen der Autos, die auf beiden Seiten der Straße parkten, waren jedoch keine anderen
Fahrzeuge zu sehen. »Hawking?«
»Alles klar«, bestätigte Hawking und schloss den obersten Knopf am Hals der ausgeliehenen
Generalsuniform. »Sollen wir vorsichtshalber erst noch mal eine Runde drehen?«
»Lieber nicht«, sagte Skyler und packte den Türgriff. »Es sähe nämlich nicht gut aus, wenn ein
General der Sicherheit auf der Suche nach seinem Überwachungsobjekt umherirrt. Kanai?«
»Fertig«, sagte der andere Blackcollar.
»In Ordnung, Reger, machen Sie langsam«, befahl Skyler. Er sah zwei geparkte Kleinbusse, die für
ihre Zwecke ideal geeignet waren. »Kanai... los.«
Gleichzeitig rissen sie die Türen auf, sprangen aus dem langsam dahingleitenden Fahrzeug und
liefen beim Bodenkontakt sofort weiter. Kanai duckte sich zwischen den Transportern, Skyler
direkt hinter ihm.
Sie warteten dort, bis Reger gemächlich um die Ecke gebogen war, schlichen dann über den Rasen
zwischen den beiden Reihenhäusern und hielten im Schatten eines knorrigen Baums an, ein Dutzend
Meter von der Seite von Annes Haus entfernt.
Das Gebäude war nicht nur kurz, sondern auch relativ schmal - zumindest im Vergleich mit den
anderen Wohnhäusern in der Nachbarschaft. Es gab nur zwei Apartments in jedem Stockwerk, wie
Kanai ihnen gesagt hatte, wobei Annes Wohnung im dritten Stock auf der Ostseite lag, also auf der
anderen Seite ihrer jetzigen Position. Im Gebäude gab es Flure, ein Treppenhaus an beiden Enden
des Gebäudes sowie jeweils eine Tür an der Vorder- und Rückseite im Erdgeschoss. Es war zu
erwarten, dass die Späher der Sicherheit diese beiden Türen observierten.
Doch die Späher hatten nicht bedacht, dass es noch andere Wege außer den Türen gab, um in ein
Gebäude zu gelangen. Insbesondere bei einem Gebäude wie diesem, dessen Mauern aus einem Mosaik aus Ziegel- und Natursteinen bestanden.
Die Blackcollars brauchten eine halbe Minute, um die Kunststoffkletterhilfen an Handschuhen und
Stiefeln zu befestigen. Durch die Ziersträucher im Vorgarten des Gebäudes sah Skyler, wie Regers
Auto an den geparkten Fahrzeugen vorbeifuhr; der frisch zum General gekürte Hawking unterhielt
sich unhörbar mit dem Fahrer. Der andere Insasse des Sicherheitsautos war ausgestiegen und stand
auf dem Bürgersteig; er verfolgte das Gespräch übers Fahrzeugdach und stand mit dem Rücken zum
Gebäude, das er bewachen sollte.
Der Pocher an Skylers Handgelenk sprach an: zwei Männer vorn, einer hinten, Westseite
unbeobachtet.
Skyler nickte stumm. Eigentlich hätte die Sicherheit noch einen vierten Mann abstellen müssen, um
die Westseite zu beobachten und genau das zu verhindern, was er und Kanai nun durchführen
wollten.
Anscheinend hatte man sich den zusätzlichen Aufwand aber schenken wollen.
Andere bei Phoenix auch unter Beobachtung, meldete Hawkings Signal.
Skyler verzog das Gesicht. Oder sie hatten einfach nicht genug Leute, um ein engmaschigeres Netz
zu knüpfen. Sie reagierten jedoch schneller auf Poirots Verschwinden, als er erwartet
hätte.
Aber es war zu spät, um sich darüber auch noch Gedanken zu machen. Kanai hatte den Rasen schon
überquert, als lautloser Schemen auf dem dunklen Gras, und erklomm bereits die Seite des
Gebäudes.
Er hakte die Kletterhilfen in die Kanten der Ziegeln und Natursteine ein und kletterte so die
Mauer empor. Skyler richtete seine Aufmerksamkeit auf die Rückseite des Gebäudes und folgte
seinem Beispiel.
Er gelangte anscheinend unentdeckt zum Haus und erklomm die Mauer.
Die beiden brauchten jeweils nur wenig mehr als eine Minute, um in den dritten Stock zu
gelangen.
Nach einer weiteren Minute hatte Kanai ein Fenster aufgehebelt und war ins Haus eingedrungen.
Skyler warf einen Blick auf die Straße; als er sah, dass Reger und Hawking das Gespräch beendet
hatten und davonfuhren, stieg er ebenfalls ein.
Er gelangte in ein schlauchartiges Wohnzimmer, dessen Mobiliar ein stilistisches Potpourri war
und durch eine Nippes-Sammlung ergänzt wurde. Es gab keine Beleuchtung, doch es drang genug
Straßenlicht durch die Ritzen neben den Vorhängen, sodass sie sich wenigstens einen Weg durch
dieses Gerümpel zu bahnen vermochten. Kanai schloss dann die Vordertür auf und trat in den Flur
hinaus. Skyler blockierte die Riegelöffnung mit einem Stück Klebeband, damit die Tür nicht ins
Schloss fiel, und folgte ihm.
Annes
Weitere Kostenlose Bücher