Die Judas-Variante - V3
Lathe bei ihm war. Der kleinere Mann zerrte
heftig an einem der Wurfmesser, die er zuvor als Halterung in den Unterboden gerammt hatte.
»Etwas holprig«, sagte Lathe ihm. »Und bei dir?«
Ein letzter Ruck, und das Messer kam frei. »Bei mir war es noch schlimmer«, sagte Mordecai und
schob die Klinge wieder in die Scheide am Oberschenkel. »Und wie soll's jetzt weitergehen?«
Lathe kroch auf die andere Seite des Fahrzeugs, von wo aus er den Sicherheitskordon besser im
Blick hatte. Es handelte sich um eine standardmäßige Absperrformation: vier Gruppen, bestehend
aus je vier Männern - wobei die nächste etwa zwanzig Meter entfernt war -, die sich hinter
Büschen und geparkten Fahrzeugen am Rand einer schmalen, weitgehend leeren Parkfläche versteckt
hatten. Den Scheitelpunkt des Halbkreises bildete ein großer Lagerschuppen an der Rückseite eines
Gebäudes auf der anderen Seite des Parkplatzes, bei dem es sich um einen Eisenwarenladen zu
handeln schien.
Und die Ausrüstung der Jäger schien auch aus einem Eisenwarenladen zu stammen. Jeweils zwei
Männer in jeder Vierergruppe waren mit Paralyt-Pfeilflinten bewaffnet, der dritte mit einem
Harpunengewehr, und der vierte war mit einer der kurzläufigen Lasergewehre bewaffnet, die früher
die Standardwaffe der Sicherheit gewesen waren. Außerdem verfügte jeder Mann über zwei Granaten,
die an einer Schlaufe am Koppelgürtel befestigt waren. Alle trugen Schutzhelme und
Schutzwesten.
Mordecai robbte neben ihn. »Ist das der Ausgang?«, fragte er.
»Ja, der Schacht endet drüben im Schuppen«, bestätigte Lathe. »Siehst du Galway irgendwo?«
»Nicht in dieser Gruppe«, sagte Mordecai. »Hast du etwa erwartet, dass er der Gefangennahme
persönlich beiwohnen würde?«
Lathe zuckte die Achseln. »Ich könnte mir das jedenfalls vorstellen.«
»So dumm ist Galway nicht«, sagte Mordecai. »Hast du die Granaten gesehen?«
Lathe nickte. »Höchstwahrscheinlich mit Aufschlagzündern. Sie sind nicht stark genug gepanzert,
um einer Splitterwirkung standzuhalten.«
»Man sieht aber trotzdem, dass sie es ziemlich ernst meinen«, sagte Mordecai. »Ich schätze, wir
werden eine standardmäßige Kanonenkugel mit den zwei nächsten Gruppen veranstalten?«
»Kanonenkugel mit diesen, Dampfwalze mit den anderen«, bestätigte Lathe.
»Sollen wir die Laser-Schützen an den Flanken zuerst mattsetzen?«
»Ja«, stimmte Lathe widerwillig zu. Eigentlich hätte er die ganze Rotte am liebsten mit Händen
und Füßen und dem nunchaku neutralisiert, um das Risiko zu minimieren, dass einer von
ihnen getötet wurde. Denn mit Whiplash war der Feind von heute vielleicht ein Verbündeter von
morgen.
Jedoch vermochten zwei Schüsse mit diesen Lasern ihren Flexarmor zu durchdringen, und sie konnten
es sich nicht leisten, jemandem die Gelegenheit zu diesem zweiten Schuss zu geben.
»Wenn wir mit ihnen fertig sind, müssen wir uns natürlich auch noch mit dieser Absperrlinie
hinter uns befassen«, gab er Mordecai zu bedenken.
»Und mit den Spähern in der Luft«, sagte Mordecai.
»Stimmt.« Lathe rieb sich die Wange. »Vielleicht hat Shaw ein paar Ideen.«
Wie aufs Stichwort sprach der Pocher am Handgelenk an. Am Ausgang. Lage?
Lathe schob zwei Finger unter den Ärmel. Sechzehn-Mann-Sicherheits-Sperrriegel - acht Mann rückwärtige Sicherung - mindestens ein Späher in der Luft.
Bewaffnung?
Paralyt-Pfeile, Harpunengewehre, Laser, Granaten. Es trat eine kurze Pause ein. Den Sperrriegel angreifen - mir die Laser bringen.
Lathe schaute Mordecai mit gewölbter Augenbraue an. »Er ist ein Tactor«, betonte Mordecai.
»Ich unterstelle, dass er weiß, was er tut.«
»Hoffen wir's«, pflichtete Lathe ihm bei. Bestätigung, morste er. Angriff in zehn.
Bestätigung. Laser zu mir in dreißig.
Er gab ihm und Mordecai sage und schreibe zwanzig Sekunden, um den Rest des Sperrriegels
abzufertigen, sagte Lathe sich. Der Mann war wirklich zu großzügig. »Fertig?«, murmelte er.
Mordecai war schon wieder zur anderen Seite des Fahrzeugs gekrochen. »Fertig«, murmelte er
zurück.
Lathe zog zwei shuriken und den nunchaku hervor und zählte die restlichen Sekunden
ab; und als seine geistige Uhr auf null sprang, rollte er sich unter dem Fahrzeug hervor, kam auf
die Füße und näherte sich lautlos der nächsten Gruppe.
Weil sie sich auf die andere Richtung konzentrierten, sahen die Sicherheitsleute ihn nicht
kommen.
Aber einer der Späher bemerkte ihn
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