Die Judas-Variante - V3
falls wir welche brauchen«, sagte Trapper. Dann
ging er in die Hocke und packte die Gewehrläufe, die aus den Mantelärmeln herausragten. »Sag
Bescheid, wenn du so weit bist.«
Dann hoben er und Flynn die provisorische Bahre an; Jensens Kopf und Rücken lagen auf dem Mantel,
und die Beine waren angewinkelt und ruhten auf Trappers Schultern. »Ich weiß, das klingt albern«,
sagte Adamson und stellte sich vor seinen Sohn, »aber versucht, ihn möglichst ohne
Erschütterungen zu transportieren.«
»Keine Sorge«, sagte Flynn und schaute aus dem Augenwinkel auf Jensen hinab. »Er wird so sanft
dahingleiten wie eine Abwurfkapsel beim Eintritt in die Atmosphäre.«
»Na toll«, sagte Jensen und schloss melodramatisch die Augen. »Ich bin schon tot.«
»Aber nicht in meiner Dienstzeit«, sagte Adamson mit Nachdruck. Er stieß einen kurzen Pfiff aus,
und der große Labrador sprang hinter einer Baumgruppe hervor; er freute sich offensichtlich, dass
es weiterging. »Abmarsch.«
10
Sie setzten Poirot in einer ruhigen Gegend der Stadt, fünf Straßenzüge vom Haupteingang von
Athena entfernt, ab, und als er sich die Augenbinde abgenommen hatte, war ihr Auto schon um die
nächste Ecke verschwunden. Er spielte für eine Weile mit dem Gedanken, ein Automat-Taxi zu rufen
und sich den Rest der Strecke chauffieren zu lassen. Aber es war eine laue Nacht, und es gingen
ihm viele Gedanken im Kopf herum. Also straffte er sich, schnappte seine Sachen und marschierte
zügig los.
Doch bald bereute er diesen Entschluss. Obwohl die Gegend einen ruhigen Eindruck gemacht hatte,
waren noch immer viele Leute unterwegs, von denen anscheinend noch niemand einen General der
Sicherheit gesehen hatte. Jedermann schien es für erforderlich zu halten, stehen zu bleiben und
ihn anzustarren, und viele Leute drehten sich nach ihm um und setzten die Musterung noch fort,
nachdem er schon an ihnen vorbeigegangen war. Und einige dieser Blicke waren unverhohlen
feindselig, wie er unbehaglich feststellte.
Jedoch wurde er nicht aufgehalten und schon gar nicht angesprochen, und eine Viertelstunde,
nachdem er das Auto verlassen hatte, bog er schließlich in die breite, gut erleuchtete
Durchgangsstraße ein, die zum hohen Zaun und massiven Tor des Regierungszentrums Athena
führte.
Die Wachen im Wachhäuschen sahen ihn natürlich kommen, und sie erkannten ihn ganz bestimmt
auch.
Doch zu seiner Verärgerung traf niemand von ihnen Anstalten, den Bunker zu verlassen und ihn zu
grüßen. Als er schließlich vorm Panzerglasfenster des Wachlokals anhielt, beschloss er, alle vier
Wachen zu Gefreiten zu degradieren.
»General Poirot«, identifizierte er sich schroff, als ob daran noch irgendwelche Zweifel
bestünden. »Aufmachen.«
Doch niemand ging zum Tor. »Willkommen, General«, sagte der wachhabende Leutnant; seine Stimme,
die aus dem Lautsprechergitter unterhalb des Fensters drang, klang seltsam monoton. »Oberst
Bailey hat sich schon die größten Sorgen Ihretwegen gemacht.«
»Dann wird Oberst Bailey sich ohne Zweifel freuen, mich zu sehen, nicht wahr?«, knurrte
Poirot.
»Jawohl, Sir«, sagte der Leutnant. Er rührte sich trotzdem nicht. »Ihre Eskorte ist schon
unterwegs.«
Seine Eskorte ? »Ich brauche keine Eskorte, Leutnant«, sagte er in einem Ton, den er sonst
nur bei einem Anschiss anschlug. »Öffnen Sie einfach das verdammte Tor.«
Der andere schaute auf eine Reihe von Bildschirmen unterhalb des Fensters und nickte. »Wie Sie
wünschen, Sir«, sagte er. Er betätigte den Öffnungsmechanismus, und das Tor schwang auf. Nachdem
er ihm noch einen letzten grimmigen Blick zugeworfen hatte, wandte Poirot sich vom Fenster ab und
ging durchs Tor.
Und blieb wie angewurzelt stehen. Er stand vor einer Front aus drei Fahrzeugen und einer Gruppe
von acht Sicherheitsleuten, von denen ein paar gerade erst aus den Fahrzeugen ausstiegen. »Was
hat das alles zu bedeuten?«, fragte er ungehalten.
»Wir haben den Befehl, Sie ins Hauptquartier zu bringen, General«, sagte der Sergeant, der die
Gruppe anführte. Seine Stimme klang genauso steif wie die des Leutnants der Wache. »Wenn Sie uns
bitte folgen wollen?«
»Natürlich«, sagte Poirot mit zusammengebissenen Zähnen. Er schwor sich, Bailey dafür auf den
Senkel zu stellen.
Er stapfte zu der Eskorte hinüber und setzte sich auf den Rücksitz des nächsten Fahrzeugs. Gleich
darauf musste er in die Mitte rutschen, als zwei weitere Personen bei
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