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Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Titel: Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott McBain
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Boss, er wusste, was zu tun war.
    Ein Telefon auf seinem Schreibtisch klingelte. Er ignorierte es. Die Dinge näherten sich ihrem Ende. Die U-Bahn in Rom und anderen Städten fuhr nicht mehr. Die Leute hatten zu viel Angst, wollten sie nicht nutzen. Jedenfalls erschienen die Mitarbeiter nicht am Arbeitsplatz. Lokale und übergeordnete Behörden waren aus dem gleichen Grund zusammengebrochen. Die Polizei? Wie bitte, welche Polizei? Überall brachen bewaffnete Gangs in Häuser ein, um sich Lebensmittel und Wasser zu besorgen – sie töteten die Bewohner und vergewaltigten die Frauen. Selbst der Schießbefehl schreckte die Plünderer nicht ab. Fast alle Geschäfte waren leer geräumt und lagen verlassen da. Im ganzen Land geschahen die grauenvollsten, bemitleidenswertesten Dinge. Frauen verließen ihre Kinder, Ehemänner ihre Ehefrauen, die Alten wurden dem Tod überlassen, Bruder kämpfte gegen Bruder um Lebensmittel. Es hatte sogar Berichte von Kannibalismus gegeben. Das war Italien heute – es war ins Mittelalter zurückgekehrt. Und hier war er, der Führer seines Landes, ausgestattet mit beinahe absoluter Macht – und doch machtlos. Frustriert schlug er mit der Faust auf den Tisch.
    Es klopfte.
    »Nein!«, brüllte Martinelli. Er wollte ein paar Minuten allein sein, damit er wieder zur Besinnung kam. Aber die Tür öffnete sich, seine Privatsekretärin ignorierte das Verbot. Sie war die Einzige, die keine Angst vor ihm hatte, denn sie arbeitete seit dreißig Jahren für den Chef. Eine alte Jungfer ohne Familie, ihr Leben glich dem eines Blutegels, der sich an ihm festgesaugt hatte. Jetzt stand sie in der Tür und überbrachte ihm die Nachrichten, mit denen der Chef der Streitkräfte nicht zu ihm durchgedrungen war.
    »Der Bürgermeister von Turin ist gestorben. Die Bürgermeister von zwanzig größeren Städten wollen unbedingt mit Ihnen sprechen …«
    »Rosanna, raus!«
    »Der französische Staatspräsident ist gestorben. In Bologna finden Straßenschlachten statt, man braucht dort mehr Soldaten.«
    »Raus!«
    »Ich …«
    »Gehen Sie! Lassen Sie mich nachdenken, verdammt noch mal!«
    Sie ging. Rosanna wusste, warum der Chef so wütend war. Er wollte im Auto in Rom herumfahren, um zu sehen, was passierte, aber die Armee ließ das nicht zu. Ihm schien nicht klar zu sein, dass überall Straßenschlachten ausgefochten wurden, während die Armee gegen die kriminellen Banden und die Gesetzlosigkeit vorging. Außerdem: Wenn Martinelli starb, wäre das Land verloren. Es gab niemanden sonst, er regierte das Land, zusammen mit dem Militär. Und es gab immer weniger Leute, die ihm helfen konnten. Im Präsidentenpalast hatten sich die Reihen der Mitarbeiter gelichtet. Manche waren krank, doch viele waren einfach nicht am Arbeitsplatz erschienen. Rosanna konnte es ihnen kaum verdenken. Hart zu arbeiten für einen Bonus, inmitten einer mörderischen Epidemie, das hatte einfach nicht die höchste Priorität für die meisten rechtschaffenen Italiener. Warum machte sie weiter? Weil sie ihrem Land und Martinelli treu ergeben war. Zudem hatte sie niemanden anderen. Also kehrte sie an ihren Arbeitsplatz zurück, beantwortete Telefonate und notierte sich die flehentlichen Bitten der Bevölkerung. Die meisten davon würde der Ministerpräsident nicht lesen, außerdem könnte er sowieso nicht viel ausrichten. Immerhin half die Arbeit, dass sie ihrer Angst Herr wurde.
    Wieder klopfte es an der Tür des Ministerpräsidenten.
    »Nein!«
    Trotz seines Befehls ging die Tür auf. Ein Hoffnungsschimmer! Martinelli stand eilig hinter seinem Schreibtisch auf.
    »Caterina? Ist sie unten?«
    Tiziano schüttelte den Kopf, zückte eine Packung Zigaretten.
    »Sie kommt nicht.«
    »Kommt nicht. Was soll das heißen, kommt nicht? Ich habe dir
befohlen
, sie herzubringen! Du bist entlassen!«
    »Warte!« Tiziano ging zum ausladenden Schreibtisch. Zeitgewinn, um die Hiobsbotschaft zu übermitteln. Das würde nicht leicht werden. Martinelli hatte schlechte Nachrichten noch nie gut verdauen können; sie machten ihn wütend. Er war Erfolge gewohnt, jeder Misserfolg war eine bittere Pille, die er nicht schlucken wollte.
    »Roberto.« Tiziano gehörte zu den ganz wenigen, die Martinelli mit dem Vornamen anreden durften, und das tat er immer, wenn er schlechte Nachrichten hatte. »Es ist am besten, wenn sie nicht kommt.«
    »Ich habe dir befohlen, sie herzubringen! Du widersetzt dich meinen Anweisungen.«
    Tiziano räusperte sich. »Sie schläft mit

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