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Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Titel: Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott McBain
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ihm, dass er nicht der menschlichen Zeit unterworfen war. Aber waren Engel der spirituellen Zeit unterworfen? Rienzis Blick war auf die moosbedeckten Steine geheftet. Sie existierten, aber in einer Zeit, die unermesslich größer war als seine eigene. Aus dem Hain erschienen sechs weitere Engel, nahmen ihre Plätze auf den Steinen ein. Was konnte das bedeuten? Sie neigten gleichzeitig den Kopf. Natürlich – ihre Macht war einheitlich und geballt.
    Die Vision verblasste. In der menschlichen Dimension fand sich Rienzi am Ende des Gangs wieder – direkt vor ihm war eine Eisentür. Er öffnete sie, trat über die Schwelle und leuchtete mit seiner Taschenlampe herum. Kein Zweifel: Er befand sich unter dem Petersdom, und dort drüben, weit hinten rechts, war das Petrus-Grab. Während er die Tür schloss, erblickte er in der Nähe zwei weitere Eisentüren – eine zur Linken und eine zur Rechten. Welche sollte er wählen? Wieder hatte Rienzi eine Vision des Hains. Er sah die Engel, die ihn anschauten: Sie kommunizierten mit Menschen, indem sie den menschlichen Willen beeinflussten. Der Kardinal nahm die Schlüssel und schob jeden einzelnen ins Schloss der Tür zur Rechten, aber sie passten nicht. Er steckte sie ins Schloss der Tür zur Linken. Der letzte Schlüssel passte. Sollte er eintreten? Er tat doch nichts Böses, oder? Er versuchte nur herauszufinden, was die Judas-Münzen bedeuteten.
    Rienzi schloss die Eisentür auf und blieb auf der Schwelle stehen. Vor ihm lag ein kleiner Raum mit Bleiwänden. Er war voller Dokumente in Glasvitrinen. Eine veritable Aladin-Höhle! Hastig schloss er die Tür hinter sich und sah sich die Vitrinen an. Lauter alte Handschriften und Papyri. Hatte der Präfekt des Geheimarchivs davon gewusst? Sicherlich nicht. Die einzigen Menschen, die Zugang zu diesen Vitrinen hatten, waren die Päpste. Er war auf einen geheimen Schatz gestoßen.
    Hilfe kam. Sein Verstand und sein Herz nahmen ihre unterschiedlichen Aufgaben wahr. Mit menschlichen Augen sah Rienzi die verborgene Kammer, mit spirituellen Augen befand er sich an einem anderen Ort. Im Steinkreis hatten sich zwei weitere Engel eingefunden. Auf den moosbedeckten Steinen sitzend, den Kopf gesenkt, kommunizierten jetzt elf Engel mit ihm. Inzwischen erschlossen sich dem Kardinal die Dinge ganz mühelos. Die Engel kommunizierten mit Menschen mittels Symbolen. Er musste die Symbole lediglich entschlüsseln. Warum also waren die Steine mit Moos überzogen? Einsicht kam. Die Macht dieser Engel über die Welt hatte nachgelassen. Sie kommunizierten aus der menschlichen Vergangenheit und blickten in die Zukunft. Jetzt hatte er’s: Die Engel konnten die Vergangenheit und die Gegenwart der Menschen sehen, doch nicht ihre Zukunft. Aber er konnte die Zukunft auch nicht sehen – oder?
    Langsam erhoben sich die Engel. Sie würden ihm ihre Macht leihen – ihre Engelsmacht. Eine Kraft wie eine Flamme durchschoss den Körper und den Geist Rienzis. Er sah Handschriften und Papyri auf einem offenen Regal. Wie Schriftrollen entrollten sie sich vor ihm, so dass er ihren Inhalt begriff, ganz gleich, wie alt oder in welcher Sprache sie geschrieben waren. Der Kardinal schrie auf vor Entzücken. Engel mussten nicht lesen – sowie sie hinschauten, nahmen sie das Bild vor sich in Gänze wahr. Rienzis Blick wurde zu einer speziellen Glasvitrine gelenkt. Er ging hin und zog ein Fach auf. Vor ihm lag ein Schriftstück, eine mittelalterliche Handschrift. Ohne das Dokument in die Hand zu nehmen, sah er, dass sich auf der Rückseite Unterschriften befanden: die Signaturen von Päpsten. Er nahm den ganzen Text in sich auf, so als würde er in seinen Geist geätzt. Die Geschichte der Judas-Silberlinge! Endlich wurde ihm ein großes Geheimnis offenbart – er stand im Begriff, einer der
cognoscenti
zu werden. Rienzi las von den Münzen, durch die das »Licht der Welt« verraten worden war. Er las, dass die Judas-Münzen über den heiligen Petrus keine Macht besaßen und dass die Kirche die Silberlinge im Laufe der Jahrhunderte eingesammelt hatte. Sie lagen in einem Kelch in den Armen des Kirchenvaters. Außerdem las er von der Prophezeiung des Gerbert von Aurillac, dem späteren Papst Silvester  II . In seiner Beichte auf dem Totenbett im Jahr 1002 hatte er erklärt:
    Kein Mensch kann den letzten drei Münzen widerstehen. Wenn eine von der Person gehalten wird, die dem Papst am nächsten steht, wird die Kirche selbst fallen.
    Rienzi las außerdem, dass in der

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