Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)
flüsterte er heftig zurück. Mit einer Handbewegung bedeutete er ihr, nicht weiter zu sprechen. Andere könnten sie belauschen – nicht nur die Geheimdienste, sondern auch die, die ihn ins Amt gewählt hatten, das System. Jefferson hatte seiner Frau vieles verschwiegen, und dazu gehörte auch, mit welchen Mitteln er zum Präsidenten der USA aufgestiegen war.
»Hattest du etwas mit dem Virus zu tun?«
»Nein!«
Während sie sich wütend anstarrten, sah Jefferson kurz ein Glitzern in den Augen seiner Frau. Sie glaubte ihm nicht. Sie war seine Frau, und sie glaubte ihm nicht. Sie wiederum war überzeugt davon, ein Glitzern in seinem Auge entdeckt zu haben. Seit ihrer hitzigen Diskussion im Badezimmer hatte ein fürchterlicher Verdacht sie beschlichen: dass die Vereinigten Staaten bei der Schaffung des Virus mitgewirkt hatten und dass es eine Verschwörung gab, eine Vertuschung. Und wenn das zutraf, dann wusste er, der Präsident, davon. Und wenn er davon wusste, dann belog er sie. Und wenn er sie belog …
»David, sag mir nur eines: bitte, ich bin deine Frau. Aus welchem Land stammt es?«
Er seufzte. Als Anwalt konnte er Geheimnisse gut für sich behalten, aber … Er zog die Hand unter der Bettdecke hervor und drehte Nancys Kopf ein wenig, so dass sein Mund direkt an ihrem Ohrläppchen lag. »Iran.«
»O Gott!«
»Erzähle niemandem davon!«
»Natürlich nicht. Aber …«
»Mehr sage ich nicht. Sam wird wieder gesund. Du weißt doch, wie die Aircondition in Flugzeugen ist. Und der Klimawechsel.«
»Ich habe Angst.«
Jefferson zog seine Frau an sich und drückte sie. Er wollte ihr nicht sagen, dass auch er Angst hatte. »Geh jetzt duschen! Es wird alles gut.«
Seine Frau gab ihm einen Kuss und stieg aus dem Bett. Sie konnte nicht mehr liegen, die Sorgen wegen ihrer Tochter und der Seuche beschäftigten sie zu sehr.
Warum
hatte der Iran das getan? Sie musste mehr erfahren, sie würde ihren Mann zwingen, ihr mehr über die Angelegenheit zu erzählen. Nancy Jefferson ging ins Bad und schloss die Tür. Sie trat unter die Dusche, drehte die Brause voll auf und stellte sich unter den Strahl. Dann wandte sie sich leicht ab – falls ihr Mann hereinkäme – und brach in Tränen aus. Sie hatte Angst – Angst um sich, um ihre Töchter und um ihr Land.
Jefferson seinerseits blieb noch ein paar Minuten im Bett und lauschte dem Geräusch des laufenden Wassers. Seine Frau duschte immer lange, also würde sie nicht so schnell zurückkommen. Verstohlen stieg er aus dem Bett, schnappte sich seinen Morgenmantel und sein privates Telefon und ging auf den Flur, dann ins Kinderschlafzimmer. Er wählte, kam durch zur Residenz des Präsidenten auf Hawaii und wies sich aus. Dort war ein Arzt in ständiger Bereitschaft. Der Mann kam ans Telefon. Klare Stimme, vermutlich in mittleren Jahren, wohl ein Militärarzt.
»Ja, Mr. President.«
»Wie geht es meiner Tochter Sam?« Unbewusst senkte er die Stimme.
»Wir wollten Sie gerade anrufen, Sir«, sagte der Militärarzt. »Wir machen uns Sorgen.«
»Sorgen?«
»Als sie aus dem Flugzeug stieg, hatte sie einen schlimmen Husten. Er ist schlimmer geworden, und ihre Temperatur ist auch gestiegen.« Der Arzt sprach leiser. »Ich glaube, wir sollten Ihre ältere Tochter isolieren, nur für den Fall. Es handelt sich vermutlich lediglich um eine Erkältung.«
»Ja«, hörte Jefferson sich sagen. »Nur eine Erkältung. Halten Sie mich auf dem Laufenden!«
»Ja, Sir.«
Jefferson legte auf. Furcht überkam ihn. Ganz klar, er
musste
seine Frau anlügen. Wenn sie erfuhr, dass Sam wirklich krank war, würde sie durchdrehen und sofort nach Hawaii fliegen. Ein PR -Desaster: Die Familie des Präsidenten floh. Aber wenn er sie anlog und sie dahinterkam, würde sie ihm niemals verzeihen. Auch
wenn
Sam das Virus hatte, wäre es irrsinnig, seine Frau dorthin fliegen zu lassen. Falls sie nach Hawaii flog, würde sie sich vermutlich infizieren. Sie würde nicht in die USA zurückkehren können wegen des Risikos, ihn anzustecken.
Und von allen persönlichen Erwägungen einmal abgesehen: Wenn er – der Präsident der Vereinigten Staaten – sterben sollte, dann würde dies das Selbstvertrauen des ganzen Landes untergraben.
»David?«
Er erschrak, als sei er bei einer Sünde ertappt worden.
»Geht es ihr gut?«
»Ja.« Er schluckte trocken. »Nur eine leichte Erkältung. Man wird mich auf dem Laufenden halten.«
Seine Frau schaute ihn an. Dann streckte sie die Hand aus und berührte
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