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Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Titel: Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott McBain
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sein Gesicht; in diesem Moment erkannte sie, dass es richtig gewesen war, ihn zu heiraten, auch wenn sie damals Zweifel hatte, ob sie gut zusammenpassen würden.
    »Liebst du mich?«
    »Natürlich.«
    »Hmm.« Nancy Jefferson gab ihrem Mann einen Kuss und verließ das Zimmer, um sich anzukleiden. Sie machte sich jetzt noch mehr Sorgen. Nicht nur wegen ihrer älteren Tochter, sondern auch, weil sie
ihr
Geheimnis unausgesprochen gelassen hatte. Sie hatte etwas zu beichten: Sie war ihrem Mann untreu gewesen – oft. Sollte sie um Vergebung bitten, bevor sie nach Hawaii flog? Was, wenn ihr etwas zustieß? Was, wenn sie starb?

39
    Vergisst denn ein Mädchen seinen Schmuck,

eine Braut ihre Bänder?
    Jeremia 2,32
     
    J ussef saß mit dem Mönch Theodore in der Höhle in den Bergen am Roten Meer. Zwei Tage waren vergangen. Trotz aller Mühen, die es ihm bereitet hatte, den Berg hinaufzusteigen (und auch noch Josua den halben Weg hinaufzuschleppen), fühlte er sich erfrischt. Versteckt in diesem Zufluchtsort, wer – oder was – wollte ihm da noch etwas anhaben?
    »Wann müssen wir zurück?«
    »Morgen, wenn Josua sich noch besser erholt hat«, sagte Theodore. Ihr Schützling schlief in der inneren Kammer. »Du fängst an, die Stille zu mögen.«
    »Ein bisschen«, erwiderte Jussef. Als Priester der Kirche des heiligen Markus in Alexandria war er immer ruhelos gewesen, nie zufrieden. Immer fragte er sich, warum er so erfolglos war und ob er einen guten Eindruck bei seinen Vorgesetzten hinterließ. Offenbar hatte es ihm mächtig gutgetan, seinen Schützling den Berg hinaufzutragen. Während er in der Höhle saß, hatte sich seine unterschwellige – aber unaufhörliche – Angst gelegt.
    »Wenn man zu einem Brunnen geht, um Wasser zu holen, sollte der Eimer nicht lecken.«
    »Stimmt.« Jussef verstand, was der Mönch meinte. Ein Mensch, der nach spiritueller Weisheit strebte, würde diese bald verlieren, wenn sein Leben voller menschlicher Ablenkungen war.
    Er sah zu, wie der Mönch die Augen schloss, um zu meditieren. Auch Jussef schloss die Augen, allerdings etwas widerstrebend. Immer wenn er in Alexandria meditierte, schloss er die Augen – und nichts geschah. Er sah nur Schwärze, und dann wurde sein Geist abgelenkt von kleinen, alltäglichen Dingen. Wie zum Beispiel, was es zum Mittagessen geben würde. Oder ob einer der japanischen Touristen – versehentlich – etwas in die Kollekte gelegt hatte. Oder ob er gewissen Gemeindemitgliedern aus dem Weg gehen konnte. Hier war es genauso. So viel zum Thema Höhle in der Wüste. Er warf bedauernd einen Blick auf den alten Mönch – bei geschlossenen Augen entspannte sich dessen runzliges Gesicht. Jussef ergriff die Bibel des Mönchs und schlug sie auf. Es war das Einzige, um die Langeweile abzuwehren.
    Als Jesus einmal dem Opferkasten gegenübersaß, sah er zu, wie die Leute Geld in den Kasten warfen. Viele Reiche kamen und gaben viel. Da kam auch eine arme Witwe und warf zwei kleine Münzen hinein. Er rief seine Jünger zu sich und sagte: Amen, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle andern. Denn sie alle haben nur etwas von ihrem Überfluss hergegeben; diese Frau aber, die kaum das Nötigste zum Leben hat, sie hat alles gegeben, was sie besaß, ihren ganzen Lebensunterhalt.
    Nichts da. Oje! Jussef schloss die Augen. Abermals betrachtete er die Dunkelheit. Langsam wurde sie samtiger, tiefer. Mehr noch: fast wie ein Schoß – zweifellos inspiriert davon, dass er in einer Höhle saß. In der Düsternis verlangsamten sich seine Gedanken, seine Hirnaktivitäten. Er gab es bewusst auf, über irgendetwas nachzudenken, und schwebte in einen spirituellen Raum, während er in sein Herz hinabstieg. Er sah eine Frau, hochschwanger mit einem Kind. Das bin ich, dachte er. Eines Tages werde ich wiedergeboren. Eines Tages werde ich eine spirituelle Welt betreten. Wie würde diese Welt sein? Wohl für alle gleich. Wenn die Menschen sterben, werden sie aufrechnen, wie sie ihr Leben verbracht und was sie erreicht haben. In seinem Geist erschien das trostlose Bild endloser Schlangen von Menschen, die sich anstellten, um mit ihren Lebensläufen in der Hand vor Gott zu treten. »Das habe ich getan. So erfolgreich bin ich gewesen.«
    In manchen Fällen handelte es sich um einen Hochglanzlebenslauf, professionell getippt und präsentiert, voller beeindruckender Daten. Dieser verzeichnete die gewonnenen Preise, den erworbenen Reichtum, die

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