Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Titel: Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott McBain
Vom Netzwerk:
ins Wohnzimmer. Er brauchte sie nur nach oben zum Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach des fünften Stocks zu tragen; der Pilot würde sie dann zum Heli bringen. Martinelli sah auf die Uhr: noch zwei Stunden bis zum Abflug. Er genehmigte sich einen weiteren Cognac. Er stand nicht kurz davor zusammenzubrechen, es war nur, dass sich ihm eine sehr beängstigende Möglichkeit aufdrängte – möglicherweise entkam er der Seuche nicht. Sein eigener Tod war das Einzige, das er nicht eingeplant hatte; er hatte beabsichtigt, dass dieser eine winzige Fußnote in seinem immer bedeutender werdenden Lebenslauf darstellte. Er griff zu einem Telefon.
    »Sagen Sie Tiziano, er soll zu mir kommen. Wo steckt er?«
    »Keine Ahnung«, sagte seine Privatsekretärin. »Aber ich werde es schon herausfinden. Möglicherweise hält er sich im Amt für Staatssicherheit auf. Dort schließt man heute Nachmittag und bringt die Leute hierher.«
    Martinelli hielt inne. »Ach ja? Das hat er mir nicht gesagt. Wie viele Personen haben wir im Moment im Palast?«
    »Ich weiß es nicht genau. Vielleicht zehn, abgesehen von den Leibwächtern.«
    »Verstehe. Schicken sie alle nach Hause! Nur Sie und die Bodyguards bleiben.«
    »Ja, Herr Präsident.«
    Er legte auf. Rosanna, seine treue, aber hässliche Sekretärin! Bestimmt glaubte sie an Gott – sie hatte immer ein Kruzifix auf ihrem Schreibtisch stehen und hatte um drei Uhr nachmittags einen Rosenkranz hervorgeholt. Wer würde länger leben, er oder sie? Martinelli gestattete sich ein grimmiges Lächeln. Später würde er sie auf die Insel nachkommen lassen. Schließlich brauchte er jemanden, der für ihn tippte und Telefonate führte. Auch wenn nur noch zwei Menschen auf der Erde übrig blieben, brauchte er eine Sekretärin. Innerlich aufgeregt, trat er ans Fenster und spähte nach unten. Im Innenhof stand eine einzelne Wache mit einem Maschinengewehr. Warum blieb dieser Mann? Wieso war er nicht einfach nicht zum Dienst erschienen wie alle anderen? Martinelli hatte keine Ahnung. Vielleicht gehörte der Mann zu jenen, die sich immer Befehlen widersetzten. Wahrscheinlicher war, dass er weder Angehörige noch Freunde hatte und annahm, dass es nur noch eines zu tun gab: seine Pflicht zu erfüllen. Vielleicht träumte er in seiner fiebrigen Phantasie auch davon, dass ihm der Präsident eines Tages eine Ehrenmedaille an die Brust heften würde für die Treue, ihn während der »Großen Seuche« beschützt zu haben, wie die Medien sie zukünftig bestimmt bezeichnen würden. Das Telefon klingelte.
    »Signore Ugolini ist im Gebäude eingetroffen, Herr Ministerpräsident.«
    »Ich treffe mich mit ihm im Konferenzzimmer.«
    Martinelli lehnte sich im Sessel zurück. Die Ankunft des Geheimdienstchefs würde dauern. Zunächst würde Tiziano von einem Arzt untersucht werden, der prüfte, ob er Symptome der Seuche zeigte. Dazu würden auch Speichel- und Blutuntersuchungen gehören. Dann könnte er ein Wort mit seiner Sekretärin wechseln, die in den dritten Stock umgezogen war. Sie würde natürlich nicht seinetwegen ihren Schutzraum verlassen, die beiden würden über die Gegensprachanlage miteinander kommunizieren. Schließlich würde er das Okay bekommen, in den vierten Stock zu gehen. Am Eingang würden zwei Bodyguards in ihren weißen Schutzanzügen stehen, mit der Anweisung, jeden nicht autorisierten Besucher zu erschießen. Schließlich würde Tiziano ins Konferenzzimmer geleitet werden und Martinelli hinter einer speziellen Schutzwand antreffen.
    Das hier war wie ein Hochsicherheitsgefängnis – ja, das war es. Sein Palast, sein Gefängnis. Als er das Glas Cognac ausgetrunken hatte, ging Martinelli die Treppe hinunter und schlenderte ins Konferenzzimmer.
    »Wo bist du gewesen?«
    »Im Ministerium für Sicherheit.« Tiziano stand hinter der Schutzwand, im weißen Schutzanzug, mit einer großen Schutzmaske vor dem Gesicht, die brandneu aussah. »Wir sind nur noch zwanzig Leute. Und die machen lediglich eines: Satelliteninformationen mit den Amerikanern austauschen, um die Grafik zu aktualisieren.«
    »In welchen Städten warst du?«
    »In keiner. Die Armee hat keinen Treibstoff mehr.«
    Martinelli blickte verärgert an die Decke. Ein paar Jahre zuvor hatte er sein Veto gegen das Vorhaben eingelegt, in Genua und Neapel Ölvorratslager zu bauen. »Nicht die Kosten wert«, hatte er seinen Ministern gesagt. »Im Notfall können wir mühelos Öl aus Russland oder den Golfstaaten bekommen.« Außerdem hatte keine

Weitere Kostenlose Bücher