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Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Titel: Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott McBain
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Schätze der Kirche entweder ganz oder teilweise verkauft – der Erlös ging an die zunehmende Anzahl jener Italiener, die von den Katastrophen betroffen waren, die die Welt überrollten. Das brach so manchem Beamten im Vatikan das Herz. Aber es geschahen noch gotteslästerlichere Dinge.
    Der Papst war im Begriff, ihre Reihen zu lichten. Mitarbeiter, die seit Jahren glücklich und zufrieden im Vatikan lebten, stellten zu ihrer Empörung fest, dass sie nicht mehr erwünscht waren – dass ihr angenehmer Verwaltungsjob geendet hatte. Die Kardinäle, die ihre Abteilung leiteten, teilten ihnen mit, sie würden in entlegene Regionen versetzt, damit sie sich dort um die leeren Kirchen kümmern konnten. So etwas hatte es seit mehr als tausend Jahren nicht mehr gegeben. Johannes  XXVI . befahl ihnen, zwang sie dazu, den Armen zu dienen. Das endlose Ausfüllen von Formularen, die langen Mittagessen, die Bürokratie, die Annehmlichkeiten von Status und Kleidung – all das war nicht mehr erforderlich.
    Nicht mehr
erforderlich!
Nicht mehr
nötig
!
    Für viele Priester war das nicht hinnehmbar. Sie traten aus der Kirche aus. Schließlich hatten sie schon seit Jahren ihre Pflicht getan, aber jetzt wurde ihnen mitgeteilt, dass das nicht reichte. Nicht reichte! Doch was war mit dem Schreibtisch am Fenster mit Blick auf die vatikanischen Gärten? Was mit der Befreiung von der Einkommensteuer und den anderen Vergünstigungen? Sie dienten doch nun
wirklich
den Armen – und verdienten ihren Platz im Himmel, einen Platz nahe der ersten Reihe, dort, wo der Sohn Gottes ihnen zweifellos ein beifälliges Nicken des Dankes für geleistete Dienste schenken würde.
    Schlimmer noch! Der Vatikan, die große Bastion der spirituellen Elite, öffnete seine Tore.
    Der Papst hatte angeordnet, dass das Hotel auf dem Gelände, in dem bisher hochrangige Kleriker auf Besuch untergebracht wurden, die Schwerbehinderten und geistig Kranken aufnahm, die in großer Zahl nach Rom geholt worden waren, da vielen Regierungsbehörden und karitativen Organisationen das Geld ausging. Das war ja alles schön und gut. Es gehörte sich, dass die Kirche sich der Hilflosen annahm. Aber nicht in ihren vier Wänden! Man denke nur an den Schaden, den die gepflegten Rasenflächen und die uralten Standbilder nehmen könnten, man denke an die Sicherheitsprobleme, man denke an … Eine Aktennotiz nach der anderen wurde Johannes  XXVI . vorgelegt. Die Bürokraten warnten sogar davor, dass diese gefährliche Neuerung in einem totalen Desaster enden könnte. Irgendeine verwirrte Person könnte die Gelegenheit ergreifen, den Papst zu attackieren. Und dann? Wir beschützen dich, du brauchst uns, das war der Wink mit dem Zaunpfahl. Der undurchschaubare Chinese antwortete jedoch einfach nur, er werde das Risiko mit Freuden eingehen.
    Aufgeben … Loslassen … Teilen. Für viele im Vatikan war das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Aber nicht für alle. Es gab auch andere. Einige Kardinäle und vor allem viele Bischöfe argumentierten, dass der Vatikan das Kamel sei und keine Chance habe, in seiner derzeitigen Verfassung ins Himmelreich zu kommen.
    Natürlich verstanden die kirchlichen
cognoscenti
, was diese elliptische Redeweise bedeutete. Es handelte sich um eine verdeckte Art zu sagen, dass viele im Vatikan – einschließlich sie selbst – keine Anstrengungen unternommen hatten zu praktizieren, was sie predigten. Eine derartige Kritik war unerträglich. Sie war extrem ungerecht. Hätte der Erlöser der Menschheit sie gebeten, an die fünftausend Brot und Fische auszuteilen, dann wären sie sofort aufgesprungen und hätten sich einen Korb geschnappt. Sicher: Sie hätten dann einen kräftigen jungen Mann gebeten, den Korb zu tragen, während sie die Befehle gaben. Aber jemand musste doch das Sagen haben, um den anderen zu erklären, was sie tun sollten, oder? Jemand musste doch die Kontrolle haben.
    Den gemeinsten Tiefschlag hatte ihnen (zweifellos unwissentlich) der Papst versetzt. Während einer Audienz, an der mehrere leitende Vatikan-Mitarbeiter teilnahmen, hatte er gesagt: »Es gibt keinen verstandesmäßigen Weg zu Gott.«
    Welch seelische Grausamkeit! Welch Unfreundlichkeit! Wie ein Schwert hatte dieser Satz das Herz jener durchbohrt, die ihr Leben lang theologische Grade erworben und ihren Namen mit einer endlosen Liste von Titeln dekoriert hatten, die zweifellos vom heiligen Petrus vorgelesen werden würde (bei sorgfältiger Beachtung der

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