Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)
dies eine Farce – aus Gründen, die der Öffentlichkeit verborgen blieben. Den meisten dieser Kandidaten fehlten die finanziellen Mittel oder die Verbindungen, um einen erfolgreichen Wahlkampf zu führen, so dass sie rasch aus dem Rennen ausschieden. Anderer entledigte man sich auf eher indirekte Weise. Skandale wurden über sie verbreitet, vergangene Fehltritte und Missetaten aufgedeckt (die allesamt aus unbekannten Quellen stammten, um zu verhindern, dass auf Unterlassung geklagt wurde). Ob die Skandalnachricht zutraf oder nicht, war ohne Belang – der Schaden war angerichtet. Gegen besonders erfolgversprechende Kandidaten wurden Schmutzkampagnen gestartet. Männern lauerten Prostituierte auf, Frauen wurden von ehemaligen Liebhabern betrogen. Wer dafür zahlte, wurde nie bekannt – und konnte auch nie bekannt werden, weil Mittelsmänner eingesetzt wurden.
Aber was war mit der – stets wachsamen – Presse, die das öffentliche Interesse zu schützen beanspruchte? Kämpfte sie gegen diese Machenschaften oder war auch sie der Korruption anheimgefallen? Letzteres traf zu. Während die großen Zeitungen und elektronischen Medien die Fiktion des rigorosen investigativen Journalismus aufrechterhielten, gehörten deren Eigentümer zu dem System, das den Präsidenten wählte. Um was für ein System handelte es sich? Um einen Komplex aus Großunternehmen, den Geheimdiensten und dem Militär. Sie förderten im Verborgenen den führenden Bewerber und auch den siegreichen Kandidaten. Warum? Es ging dabei nicht nur um Geld und Macht, vielmehr einte diese Organisationen die Überzeugung, dass die Öffentlichkeit dumm war. Unter dieser Voraussetzung war es das Beste für das System – die Elite –, den Mann oder die Frau, der oder die das Land führen sollte, geheim zu wählen. Und der beste Mann oder die beste Frau war der- oder diejenige, der oder die am besten ihre Interessen vertrat. Das war die Grundvoraussetzung.
Doch dieses Mal schien der Zufall – oder die Bösartigkeit Gottes – die verborgenen Pläne und Verschwörungen durchkreuzt zu haben. Denn niemand im System hatte auch nur ansatzweise vorausgesehen, dass die Meere sterben könnten. Und als dies geschah, waren die Medien die Ersten, die diese Nachricht lauthals dementierten. Es handele sich um ein antikapitalistisches Komplott. Oder um eine Verschwörung, den
American way of life
zu gefährden. Um die Umweltverschmutzung zu vertuschen, wurden Lügen verbreitet – darunter die, dass es sich um ein vorübergehendes Phänomen handele. Ja, das war’s. Die Meere würden sich erholen! Schier endlos wurde zu diesem Thema geschrieben, was unzählige Journalisten, politische Kommentatoren und Medienpersönlichkeiten glücklich machte. Aber die Experten und ihre falschen Vorhersagen erwiesen sich als derart hohl und leer, wie die Meere es geworden waren. Die Meere begannen tatsächlich zu sterben. Es war kein Komplott, sondern die Realität – und die ließ sich auch nicht von den müßigen Spekulationen der Menschen aufhalten.
Die Umweltkatastrophe hatte spektakuläre Auswirkungen auf die bedeutendste Nation der Welt. Nicht nur kam es zum Zusammenbruch des Welthandels, die Amerikaner verloren auch das Vertrauen in ihre Regierung – und drehten durch, so wie Menschen in den Fängen einer plötzlichen Psychose. Viele gingen in die Berge, bildeten Gemeinschaften in entlegenen Teilen des Landes und schützten sich mit der Waffe. In den Städten wurden ganze Viertel abgeriegelt, da sich die reicheren Gemeinschaften gegen ihre Mitmenschen und das drohende Unheil zu schützen versuchten – während gleichzeitig im ganzen Land äußerst effiziente und skrupellose kriminelle Banden entstanden, deren Ziel es war, die Vorräte an Lebensmitteln und Wasser unter ihre Kontrolle zu bringen. Daraufhin erließ der Kongress ein Gesetz, das dem Militär und der Polizei erlaubte, Plünderer zu erschießen. Zudem wurde die Zahl der Streitkräfte erhöht, indem man zwangsweise Tausende Universitätsstudenten einzog und mit Waffen versorgte – die Sprösslinge der Mittelklasse und der Intelligenz wurden ausgewählt, die Verfassung zu schützen. Derartige Initiativen seitens eines schwachen Kongresses halfen zwar ein wenig, zögerten den aufkommenden Sturm aber nur hinaus. Denn dieser Sturm war ein spiritueller Tsunami, einer, den nur wenige kommen sahen.
Besaß die Person, die das höchste Amt in den Vereinigten Staaten bekleidete, die erforderlichen
Weitere Kostenlose Bücher