Die Juedin von Toledo
der übelste, schmutzigste Handel, der ihm je zugemutet worden war. Er sollte betrogen werden wie der dümmste Dummkopf, er sollte zahlen für ihre Liebe und ihren Leib mit seiner Seele. Aber er wird ihnen nicht hereinfallen, den Betrügern, er wird sich nicht hereinlegen lassen, er wird sich nichts abpressen lassen, er nicht.
Mit verbissener Anstrengung zwang er die wilden, pöbelhaften Worte zurück, die sich ihm auf die Zunge drängten. Statt dessen, mit harter, verzerrter Miene und mit heller Kommandostimme, als spräche er zu einer Versammlung feindlicherGranden, warf er ihr gemessene lateinische Worte ins Gesicht. »Ich wünsche nicht, Staatsgeschäfte in der Galiana zu besprechen. Ich wünsche nicht, Staatsgeschäfte mit dir zu besprechen.« Er drehte ihr brüsk den Rücken und ging.
Als er des Nachts zu ihr kommen wollte, erklärte sie, es sei Sitte jüdischer Frauen, in den Nächten dieser Bußzeit allein zu schlafen. Nun riß sein Zorn alle Dämme nieder. Was, er sollte Rücksicht nehmen auf ihren dummen Aberglauben? Oder war es ein neuer, abgefeimter Trick, ihm das Edikt für ihre Juden abzupressen? Verweigerte sie sich nur deshalb? Verwilderten Blickes, gefährlich leise, sagte er: »Du stellst mir Bedingungen, was? Ich soll deine Betteljuden ins Land lassen, und dann läßt du mich zu dir heut nacht, was? Das verbitte ich mir. Ich bin der Herr hier im Haus und hier im Reich!«
Sie schaute ihn an aus weiten, grauen Augen, aus klagenden, vorwurfschweren Augen, entsetzt und doch furchtlos. Das brachte ihn vollends außer sich. Er stürzte sich auf sie, warf sie aufs Lager, packte sie mit rohen Händen wie den Feind. Sie wehrte sich, keuchend. Er zwang sie nieder, und nochmals, hielt sie nieder, selber hart atmend, riß ihr die Kleider in Fetzen, nahm sie, dumpf, böse, gewalttätig, ohne Genuß.
Noch in der Nacht verließ sie die Galiana. Ging ins Castillo Ibn Esra.
Alfonso hörte, wie sie das Haus verließ mit der Amme Sa’ad. Der Weg den Felsen von Toledo hinauf war kurz, doch bei Nacht nicht ungefährlich. Er zögerte, dann schickte er ihr einen Bewaffneten nach, sie zu begleiten. Der holte sie nicht ein. Soll sie es haben, wie sie es will, dachte er rachsüchtig. Sie hat es herausgefordert. Es ist gut so, wie es gekommen ist. Es ist der Himmel, der es so gefügt hat. Jetzt soll nichts mehr mich halten. Jetzt zieh ich gegen die Moslems. Sie allein ist schuld, daß ich die Unehre so lange auf mich genommen habe. Der Fant von Aragon hat sich verrechnet. Es wird nicht so kommen, daß ich auf dem Lotterbett liege, wenn er gegen die Moslems losschlägt.
Als es Morgen wurde, beschloß er, großzügig zu sein und noch einen Tag in der Galiana zu verziehen. Vielleicht kam sie zurück. Er wollte sich trotz seines berechtigten Zornes in Freundschaft von ihr trennen. Eine Zeit, die viel Schönes gebracht hatte, sollte nicht so dumm und häßlich zu Ende gehen.
Er strich in Haus und Park herum voll etwas krampfhafter Fröhlichkeit. Delila hatte ihn den Philistern ausliefern wollen, aber er war kein blöder Simson, er hatte sich seine Kraft nicht stehlen lassen. Das schöne Leben hier hatte sich als ein Espejismo erwiesen, als ein Trugbild, ein Spiegelbild der Wüste, aber jetzt hatte ein frischer Wind es zerweht, und um ihn war die gute Wirklichkeit.
Er stand vor der Mesusa, die sie hatte anbringen lassen. Es war eine kostbare Metallröhre, aus der verglasten Öffnung schaute drohend das Wort Schaddai. Es verlangte ihn, das heidnische Zeug abzureißen, aber er fürchtete, er werde den Zorn ihres Gottes auf sich herabziehen, und begnügte sich, mit der Faust das Glas zu zerschlagen. Die Splitter verletzten ihm die Hand, sie blutete stark, er wischte sie ab, sie blutete weiter, er beschaute sie, grimmig lachend. Die geglaubt haben, er werde sich verliegen, sollen Augen machen. Er wird kämpfen jetzt. Er wird dreinhauen mit seinem guten Schwert Fulmen Dei. Er wird sich die ganzen dummen Gedanken von der Seele wegkämpfen in frommem, gottgesegnetem Männerkampf, er wird sich die Sünden, die Zweifel, all das schwere, erschlaffende, heidnische Geträume aus dem Blut kämpfen.
Dem Belardo sagte er künstlich fröhlich: »Vielleicht wird es nicht mehr lange dauern, mein Guter, und deine schönsten Hoffnungen erfüllen sich. Such das Lederkoller deines Großvaters hervor und seine Lederkappe. Ich werde dir Gelegenheit geben, sie auszulüften.« Der Gärtner Belardo schien mehr bestürzt als erfreut. »Ich diene
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