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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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von Engelland oder der römische Kaiser Friedrich, er wollte nicht die ganze Welt erobern. Was jenseits der Pyrenäen lag, darauf verzichtete er. Er wollte nur Hispanien, aber das wollte er ganz, das christliche und das moslemische.
    Verwegen und verhängnisvoll schien er Raquel. Lockung ging aus und ungeheure Drohung von diesem Abkömmling fränkischer und gotischer Barbaren, der überzeugt war, ihm habe und ihm allein Gott die Herrschaft über die Halbinsel bestimmt.
    Er erzählte ihr von der großen, edeln Kunst der Kriegführung. Er hatte sie gründlich und genau erlernt, und wenn er auch bis jetzt kein Alexander oder Cäsar war, zum Feldherrn war er geboren. Er hatte es im Blut, wann man die leichten Reiter einsetzen mußte und wann die schweren, er konnte den Wert des Geländes mit dem ersten Blick abschätzen, er konnte wie kein Zweiter den rechten Hinterhalt finden, dem Gegner aufzulauern. Wenn er nicht immer gesiegt hatte, dann nur, weil ihm eine langweilige Feldherrntugend fehlte: die Geduld.
    Wenn er ihr so erzählte, wie viele blutige Gefechte er durchgekämpft hatte und wie viele Feinde er hatte in die Erde beißen machen, dann antwortete sie selten so, wie er’s erwartete. Vielmehr fragte sie etwa: »Wie viele, sagst du? Dreitausend von den andern und zweitausend von den deinen?« Es lag in ihrer Frage nicht eben ein Vorwurf, eher Befremdung, ein schmerzhaftes Staunen. Dann wieder sperrte sie sich zu und versank in eine Einsamkeit, der er sie nicht zu entreißen vermochte. Am schlimmsten war es, wenn sie ihn nur anschaute und schwieg. Es war ein beredtes Schweigen, es kratzte ihn übler als zorniger Widerspruch.
    Einmal, da sie so schwieg, sagte er plötzlich feindselig: »Weißt du, wer das Glas deines Amuletts, deiner Mesusa, zerschlagen hat? Ich. Hier mit dieser Hand. Auch die Zisternen deines Rabbi Chanan hab ich zuschütten lassen. Gerade.« Sie erwiderte nichts. Er atmete stark, stand auf, ging ein paar Schritte, kam zurück, setzte sich wieder zu ihr, sprach von anderm. Unterbrach sich. Wollte sich entschuldigen. Sie legte ihm sacht die Hand auf den Mund.
    Sosehr Alfonso das Fremde an ihr haßte, er wußte, er war ihr verhaftet, und für immer. »Et nunc et semper et in saecula saeculorum, amen«, sagte er vor sich hin, lästerlich. Er hatte das Heil seiner Seele verspielt; denn er war sich jetzt klar, daß er sie niemals werde bekehren können. Er war es zufrieden. Er gab es auf, aus dem Kreise auszubrechen, in den er sich selber gebannt hatte, er sperrte sich trotzig in seine Sünde ein.
    Der Domherr Don Rodrigue sprach nicht mehr mit ihm über die Galiana. Es hätte keinen Sinn gehabt; sie hatten einander gesagt, was ein Mensch einem andern über dergleichen Dinge sagen konnte. Allein wenn auch Alfonso seine Sünde als ein königliches Privileg betrachtete, das kein Priester ihm abstreiten durfte, so bedrückte ihn doch die stumme Trauer des Mannes, der sein Freund war, und er dachte nach, wie er ihm ein Zeichen seiner Liebe und seines Dankes geben könnte.
    Über den Kopf des Erzbischofs hinweg erließ er ein Edikt, welches für seine Länder die hispanische Zeitrechnung abschaffte und die römische des übrigen Abendlandes an ihre Stelle setzte.
    Don Rodrigue, dankbar und vergnügt inmitten seiner vorwurfsvollen Trübsal, anerkannte: »Das hast du gut gemacht, Don Alfonso.«
    Der Erzbischof, da er’s nicht wagte, dem König wegen seines verworfenen Wandels ins Gewissen zu reden, rügte mit um so heftigeren Worten das Edikt über die Briefausfertigung. Er hielt Alfonso vor, er habe ohne Not, lediglich um ein paar Ausländern ein wenig Nachdenken zu sparen, eines der wichtigsten Privilegien der hispanischen Kirche preisgegeben. Keiner seiner Vorfahren hätte ein so edles Gut so leichter Hand weggeworfen. Alfonso wußte, es war nicht das Edikt; es war die Galiana, welche den Erzbischof so heiß eifern machte, und er wies den Tadler streng zurück. Nachdem er, Alfonso, manche unbillige Forderung des Papstes habe ablehnen müssen, freue er sich, wenn er dem Heiligen Vater in einer geringfügigen Sache entgegenkommen könne. Überdies habe Rom recht. Es sei in Wahrheit unchristlicher Stolz, wenn die Spanier die Zeit nach dem größten Ereignis ihrer eigenen Geschichte berechneten; so wichtig es gewesen sei, daß der Kaiser Augustus ihnen das Bürgerrecht verliehen habe, man müsse zugeben, die Geburt Christi sei für die Welt und also auch für die Halbinsel noch bedeutsamer gewesen.
    Die Freude

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