Die Juedin von Toledo
Seid frohen Mutes! Fürchtet niemand außer Allah! Er hilft euch. Er stärkt euch den Fuß, daß er feststeht. Er gibt euch den Sieg.« Und die moslemischen Soldaten warfen sich zur Erde, die Hunderttausende, in der Richtung gegen Mekka, und beteten gellend die Erste Sure des Korans, das Siebengebet: »Im Namen Allahs, des Allbarmherzigen. Preis sei Allah, dem Herrn der Welten, / Dem Wohltätigen, dem Allbarmherzigen, / Dem Richter am Tage des Gerichts. / Du allein bist Unser Gott, dich allein rufen wir um Hilfe an. / Zeig uns den rechten Weg, / Den Weg derer, denen du gnädig bist, / Und nicht den Weg derer, denen du zürnst und die in die Irre gehen.«
Die Schlacht begann.
Die Calatrava-Ritter hatten Befehl, als erste anzugreifen und das Zentrum des Feindes zu durchbrechen. In guter Ordnung hielten sie, ihrer achttausend, auf ihren erlesenen Pferden, weithin glänzend in ihren Rüstungen. Schallend sangen sie ihr Kriegsgebet, den sechzigsten Psalm Davids: »Wer führt mich in eine feste Stadt? Wer geleitet mich bis nach Edom? Mit Gott wollen wir Taten tun. Er wird unsere Feinde untertreten.«
Sie preschten los gegen das Zentrum des Feindes.
»Mit solcher Furie«, berichtet der Chronist Ibn Jachia, »stürmten die Verfluchten, daß ihre Pferde in die Spitzen der moslemischen Lanzen rannten. Zurückgeworfen, wichen sie nur eine kurze Strecke, dann stürmten sie von neuem. Wurden abermals zurückgeworfen. Ein drittes Mal ritten sie ihre schreckliche, wahnwitzige Attacke. ›Haltet aus, ihr Freunde!‹ rief Abu Hafas, der General, der das Zentrum kommandierte. ›Fasset Herz, ihr Gläubigen! Allah von seinem hohen Thron aus steht euch bei.‹ Allein die Verfluchten stürmten jetzt mit solcher Raserei, daß die Reihen der tapfern Moslems brachen. Abu Hafas selber, der General, hielt stand mit Löwenmut, starb kämpfend und erwarb die Märtyrerkrone. Die Verfluchten richteten ein fürchterliches Gemetzel an unter den Truppen des Zentrums; alle moslemischen Soldaten,die dort kämpften, waren von Allah erlesen für die Märtyrerkrone und gingen an diesem 9. Schawan ein in die zehntausend Freuden des Paradieses.«
Alfonso, von seiner Höhe aus, überschaute das Schlachtfeld. Sah, wie die Calatrava-Ritter stürmten, zurückgeworfen wurden, ein zweites Mal stürmten, ein zweites Mal wichen, dann aber die Reihen der Feinde brachen. Und nun drangen sie vor, seine Calatrava-Ritter, unaufhaltsam, und bald werden sie das rote Kriegszelt des Kalifen erreicht haben und den Siegesboten schicken, und dann wird er seinesteils vorstürmen und den Feind vollends aufreiben.
Da schauten sie also, der König und die Seinen, warteten, genossen die Schau. Dort unten, auf dem »Gebreite der Arroyos«, erfüllte sich der Traum des Sängers Bertran de Born; da waren die Stürmenden, die Fallenden und Gefallenen, da war jenes Geschrei: A lor, a lor!, und da hinein: Allah! und: Mohammed!, da war das Wiehern der reiterlosen, todwunden Pferde. Alazars Herz schwoll vor Lust. Er nahm in sich auf die herrliche Wirrnis von Tod, Ruhm, Sieg, Märtyrertum, und es war ihm nur leid, daß Staub und Dunst aufwölkte und ihm den Kampf verhüllte. Aber er sah um sich die wilden, glühenden, freudigen Gesichter des Königs und seiner Ritter, und sein Gesicht war freudig wie das ihre, und er wischte sich die tränenden Augen, nieste sich den Staub aus der Nase und lachte.
Da aber ereignete sich Unerwartetes. Staub und Dunst waren jetzt so dicht, daß man kaum mehr recht erkennen konnte, was geschah. Doch soviel war gewiß: Kampf war plötzlich schon ziemlich nahe an ihrer Höhe, weit also im Rücken der Calatrava-Ritter. Beturbante Reiter tauchten auf in naher Nähe des Lagers. Griffen die jüdischen Abteilungen an, die zur Verteidigung des Lagers bestellt waren. Ja, die Juden waren im Kampf, sie hielten sich wacker, man hörte deutlich ihren geilen, uralten, hebräischen Schlachtruf: »Hedad, hedad!«, sie gaben nicht Raum, sie hielten stand. Aber ihrer waren nur dreitausend, der Feind war sichtlich in der Überzahl, und dunkel, einen Augenblick lang, dachte Alfonsoan die Vorhersage Don Simeons, es werde Unheil bringen, am Sabbat zu kämpfen.
Aber wie in aller Welt war es möglich, daß moslemische Reiter so weit vorgedrungen waren? Und in solcher Zahl? Und wo blieben die Calatrava-Ritter?
Der König ahnte, was geschehen war, aber er verbot sich, es zu glauben. Fünfhundert mal tausend Mann, hatten die Späher berichtet, zähle das Heer des Kalifen, und
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