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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Alfonso hatte gelacht. Aber da wälzte es sich heran, endlos, und aus dem Staub kamen immer neue, beturbante Krieger, zu Fuß und zu Pferde. Alfonso lachte nicht mehr.
    Was sich aber ereignet hatte, war dieses. Die Calatrava-Ritter, siegberauscht, waren weitergestürmt in das dichte Gewimmel. Sie achteten nicht der Hitze und des Staubes, der ihnen das Atmen schwer machte. Aus dem dumpfen Lärm, von dem das Schlachtfeld dröhnte, hörten sie nur ihr eigenes Geschrei und das Geschrei derer, die sie töteten. Benommen, halb irr von Kampfgier, wütig um sich hauend, drangen sie immer weiter vor in den sonnverhüllenden Dunst.
    Der Oberkommandierende der Moslems, Abdullah Ben Senanid, der Andalusier, der Kriegskundige, Schlachtenkluge, hatte das vorhergesehen. Er ließ die Ritter vordringen, ja, er setzte ihnen dünneren Widerstand entgegen. Auf beiden Flanken aber ließ er mohadische Regimenter vorrücken und jene unheimlichen, weithin treffenden Schleudergeschütze in Stellung bringen. Die mohadischen Soldaten, berühmt als ausgezeichnete Armbrustschützen, schlossen sich, unbemerkt von den stürmenden Calatrava-Rittern, in ihrem Rücken und riegelten sie ab von ihrer Hauptmacht und von ihrem Lager. Und nun geschah hier vor Alarcos, was damals in der Schlacht von Al Hattin geschehen war. Die moslemischen Armbrustschützen beschossen die Pferde der christlichen Ritter, und sowie das Pferd fiel, war der Ritter in seiner schweren Rüstung hilflos. Jetzt auch schleuderten die Geschütze des Kalifen ihre gewaltigen Blöcke in die dichten Reihen der Christen. »Es begann«, berichtet der Chronist IbnJachja, »ein fürchterliches Schlachten. Alle waren sie stahlbekleidet, die Ungläubigen, auch ihre Pferde trugen Rüstungen, und sie waren die Blüte ihres Heeres, aber es half ihnen zu nichts. Vor der Schlacht hatten sie ihre drei Götter angerufen und bei ihren Kreuzen geschworen, sie würden in diesem Kampfe nicht den Rücken kehren, solange unter ihnen noch einer am Leben sei. Jetzt, zum Segen der Gläubigen, fügte es Allah, daß sie ihr Gelübde auf den Buchstaben erfüllten.«
    Und gleichzeitig, um das feindliche Heer vollends zu vernichten, hatte der moslemische Feldherr, seine ungeheure Übermacht nützend, im Rücken der kämpfenden Ritter seine eigene, erlesene, andalusische Reiterei vorgeschickt zu einem Angriff auf das Lager der Christen.
    Das also, dieser Angriff auf das Lager, war es, was Alfonso von seiner Höhe wahrnahm. »Jetzt ist es wohl an uns«, erklärte er grimmig fröhlich. Sie sprengten hinunter, dem Lager zu. Sie waren zahlreich, aber doch zu wenig. Die Massen der Moslems schwollen und schluckten sie ein, sie mußten zurück, bevor sie das Lager erreichten, die Höhe wieder hinauf. Sie hielten indes ihre Reihen geschlossen und ließen es nicht zu, daß die Moslems sie überflügelten. Auch gelang es ihnen immer wieder, sich durch kleine Vorstöße Raum und Luft zu schaffen.
    Don Alfonso war mitten im Getümmel. Er dachte nicht mehr an das Ganze der Schlacht, nur mehr an den Kampf in seiner nächsten Nähe. Er atmete nur mit Mühe in dem Staub und in der Hitze, und der mattleuchtende Dunst machte alles vor seinen Augen flirren. Er hörte das Gellen der Hörner, das Schlagen der Trommeln, das wüste Geschrei der Moslems und das: Haut ein! Hilf! Her! der Freunde und über dem allem den dunklen Lärm, der ständig von jeder Richtung her rollte und dröhnte. Er war erfüllt von einer dumpfen Wut, die nicht ohne Wohlgefühl war. Er genoß es, mit seinem guten Schwerte Fulmen Dei zuzuschlagen; er genoß es, wenn der Feind fiel, und auch wenn der Freund fiel, spürte er etwas wie Lust.
    Langsam wurden sie zurückgedrängt bis zur Hälfte ihrer eigenen Höhe. Der König befahl einen neuen Vorstoß. Sie preschten – es mochten ihrer noch um die Achthundert sein – hinein in feindliches Fußvolk. Einer der Moslems, aus nächster Nähe, zielte mit dem Speer nach Alfonso. Ehe er werfen konnte, haute Alazar ihn nieder. Der Knabe lachte hell. »Das ist ihm nicht geglückt, Herr König«, rief er in den wüsten Lärm hinein. Aber in der Minute darauf stürzte er selber vom Pferd, getroffen, sein Fuß verfing sich im Steigbügel, er wurde eine kleine Strecke geschleift.
    Die andern waren weiter vorgedrungen, vor sich her trieben sie das feindliche Fußvolk den Berg hinunter. Ein wenig Luft entstand um den König und die ihm Nächsten.
    Er stieg vom Pferde, noch immer in wütiger Dumpfheit, fast ohne Willen und

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