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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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kann ich die Schlacht nicht verzögern. Ich müßte also am Sonntag kämpfen. Das wäre nun wieder euern christlichen Kameraden nicht recht, und die sind viel zahlreicher. Lassen wir’s also beim Sabbat, und wir alle wollen beten, daß euer Gott euch die Sünde verzeihe.«
    Der König, nachdenklich geworden durch die Frömmigkeit der Juden, beriet mit Don Martín, was er selber tun könne, um sich und seinem Heer die Gnade des Allmächtigenzu sichern. Nun hatte auch der Erzbischof jenen »Baum der Schlachten« des Priors Bonet gelesen. Dort war empfohlen, am Tag der Schlacht zu fasten, unter Hinweis darauf, daß der große Ritter und König Saul, ehe er gegen die Feinde focht, einen jeden, der vor Einfall der Nacht esse oder trinke, mit der Strafe des Todes bedroht hatte. Der Erzbischof schlug also vor, es sollten die christlichen Soldaten am Tage der Schlacht fasten; der König Unser Herr könne ihnen ja, um sie nicht zu schwächen, am Abend vorher ein reichliches Mahl vorsetzen. So verfügte denn auch Don Alfonso.
    Don Martín seinesteils schickte Kuriere durchs ganze Land bis nach Toledo mit der Weisung, es sollten am Morgen des Schlachttages in Toledo und in allen Ortschaften zwischen Alarcos und Toledo die Glocken geläutet werden.
    Am Abend des 18. Juli beschaute der König von der Höhe, von der aus er am nächsten Tage die Schlacht leiten wollte, das eigene Lager und das des Feindes. Dort, wo die Ebene abfiel, lagerte das Heer des Kalifen. Zelt an Zelt reihte sich endlos, und Alfonso und seine Herren wußten: wo der Wald die weitere Sicht verwehrte, bog das feindliche Lager nach dem Westen und weit in den Westen hinein. Lange schaute der König, die Augen mit der Hand beschattend, schweigend, in den Abend über das feindliche Lager.
    Die Herren ritten zurück, von den Soldaten überall mit fröhlichem, ehrerbietigem Zuruf begrüßt. Die Soldaten freuten sich des reichen Mahles.
    Dann setzten sich die Herren selber zu Tisch in dem Kriegszelt des Königs. Es glänzte prächtig rot und golden, mit Wimpeln und Standarten; auch das Innere war kostbar geschmückt mit Teppichen und Wandbehängen, dem Krieg zu Ehren, dem edelsten Geschäft des Ritters und Königs. Man war gehobenen Mutes, man aß und trank mit Genuß, Bertran sang seine wildesten Lieder.
    Doch trennte man sich bald, um sich durch frühen Schlaf für den kommenden Tag zu stärken.
    Den König begleiteten freundliche Bilder und Gedankenin den Schlaf. Raquel war da, und er erläuterte ihr die Einzelheiten seines Schlachtplans. Bewies ihr, daß man ein auch an Zahl unterlegenes Heer so aufstellen könne, daß der Sieg gewiß sei. Setzte ihr auseinander, wie er sich den weitern Verlauf des Feldzugs dachte. Wenn er die Armee des Kalifen zerschlagen hat, wird er bis ans Meer vorstoßen. Dann wird er Frieden schließen. Die Küste und Granada wird er dem Kalifen lassen; aber Córdova und Sevilla muß der Beschnittene ihm herausgeben. Sevilla wird er zu einer Grafschaft machen, zur größten des Reiches, und zum Grafen von Sevilla ernennt er den lieben kleinen Bastard Sancho.
    Er hörte die leisen Rufe der Wachen, die das nächtliche Lager abschritten. Seine innere Stimme sagte ihm: Das wird ein großer Tag werden, morgen, dieser 19. Juli – er suchte sich auf das Jahr zu besinnen, aber die hispanische Zeitrechnung und die der andern Christenheit gerieten ihm durcheinander, er fand das Jahr nicht und ärgerte sich, daß er dem Rodrigue recht gegeben hatte gegen seinen lieben Freund Don Martín. Aber in seinen Ärger hinein tönten Glocken und feierlicher Jubelgesang, sie sangen das Tedeum seines Sieges, und er schlief ein inmitten von Siegesgeläute.
    Er wachte auf inmitten von Glockengeläute. Denn noch vor der Sonne hatten, wie der Erzbischof es befahl, alle Glocken im Lande zu läuten begonnen von Alarcos bis Toledo.
    Gleich nach Sonnenaufgang wurde den Soldaten Messe gelesen. Sehr viele empfingen die heilige Kommunion. Feierlich dann wurden die Reliquien gezeigt, welche die einzelnen Abteilungen in die Schlacht begleiten sollten. Die kostbarste, kräftigste Reliquie hatten die Calatrava-Ritter, die Cruz de los Angeles, ein Kreuz, das dem Dritten Alfonso zwei überirdische Pilger auf geheimnisvolle Weise zugestellt hatten. Eine jede Abteilung, Ritter und Knechte, kniete und küßte ihre Reliquie.
    Auch vom Lager der Moslems her tönten Gebete. Dort riefen Priester und Offiziere die Krieger an mit den Versendes Korans: »O ihr Gläubigen, fasset Herz!

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