Die Juedin von Toledo
Feldschlacht.«
Don Alfonsos gefurchte Stirn furchte sich noch tiefer. Sein Verstand gab zu: die Argumente des Manrique und des Vivar hatten Hand und Fuß. Aber es war unerträglich, faul hinter den Mauern der Festung zu hocken und abzuwarten, daß der Jüngere, der Fant, ihm Hilfe bringe. Er ließ sich nicht einen Teil seines Sieges wegstehlen. »Es ist mir nicht unbekannt«, antwortete er, »daß ein schlauer Feldherr eine Schlacht gegen eine dreifache oder fünffache Übermacht besser vermeidet. Aber ich kann nicht untätig zuschauen, wie sich der Feind im Land ausbreitet. Mir hitzt sich das Blut. Ein rechter Krieg ist kein Schachspiel, er ist ein Tournier, und den Ausschlag gibt nicht klügelnder Verstand, sondern das starke, fromme Herz. Ein rechter Feldherr riecht sein Schlachtfeld. Mein Schlachtfeld ist das ›Gebreite der Arroyos‹.«
Die Ritter stimmten stürmisch zu.
Nun aber warnte selbst der alte Maëstre Nuño Perez:»Wenn die Armee der Ungläubigen so riesig ist, wie die Späher fest behaupten, dann kann ohne Hilfstruppen kein kastilisches Heer ihr standhalten. Warte auf Aragon, Herr König!«
Alfonso hatte es satt, sich von seinen alten Feldhauptleuten belehren zu lassen; die waren ja lahmherziger als sein Rodrigue. »Ich warte nicht, Don Nuño«, erklärte er. »Begreift mich doch! Ich lasse nicht mein Alarcos, dieses Alarcos, das ich dem Reiche zugefügt habe, umzingeln von den Beschnittenen. Ich werde mit ihnen fertig auch ohne Aragon.«
Allein Don Manrique ließ nicht ab. »Schicke wenigstens erst einen Kurier an Don Pedro!« bat er dringlich. »Wenn man deinen Vertrag mit Aragon engherzig auslegt, dann schreibt er dir vor, zu warten.«
»Ich bin aber nicht engherzig«, antwortete heftig Don Alfonso, »und auch der König von Aragon ist es nicht. Er ist ein christlicher Ritter. Ich brauch ihn nicht erst lange um Erlaubnis zu bitten!« Ruhiger fuhr er fort: »Ich ehre eure Bedenken, aber ich darf mich nicht darum kümmern. Mag der Kalif dreimal mehr Männer haben oder auch fünfmal, wir haben auf unserer Seite das Recht und den allmächtigen Gott. Wir schlagen uns auf dem ›Gebreite der Arroyos‹.«
Nun sich der König entschieden hatte, förderten auch die Zweifler treu und eifrig das Unterfangen. Das Lager wurde auf dem von Alfonso gewählten Gebreite aufgeschlagen. Die Zelte dehnten sich auf dem sanften Hang eines Berges, im Rücken geschützt durch eine immer steiler steigende Höhe, die Flanken gedeckt von den Arroyos, die der Gegend den Namen gaben, tiefen Erdrissen, den Betten reißender Bergbäche, die jetzt ausgetrocknet waren und weithin bedeckt mit weißem und rotem Oleander.
Die moslemische Armee rückte mittlerweile in guter Ordnung näher, in regelmäßigen, kurzen Tagemärschen. Als sie noch zwei Tagemärsche entfernt war, konnte ein jeder ausrechnen, daß die Entscheidungsschlacht am 19. Juli stattfinden werde, am 9. Schawan moslemischer Rechnung.
Es war aber der 9. Schawan ein Sabbat.
Das schuf den jüdischen Soldaten Don Alfonsos große Not. Die dreitausend hatten sich dem König nicht ohne Gewissensqualen zur Verfügung gestellt. Sie wußten, der Kriegsdienst werde sie zwingen, verbotene Speisen zu essen und am Sabbat verbotene Arbeit zu verrichten; in der großen Vorzeit aber hatten sich jüdische Soldaten lieber von Griechen und Römern erschlagen lassen, als daß sie am Sabbat gekämpft hätten. Nun hatten zwar, gemäß einer Jahrhunderte alten Verfügung des Synhedrions, die Doktoren der Aljama die jüdischen Freiwilligen durch den Akt des »Mutar Lach – Es sei dir erlassen« feierlich der Verpflichtung entbunden, die Sabbat- und Speisegesetze zu halten; diese Dispensation galt aber nur für den Fall äußerster Not, und war dieser Fall wirklich gegeben? Mußte sich der König gerade am Sabbat schlagen?
Sie sandten eine Delegation an Don Alfonso, die geführt war von Don Simeon Bar Abba, einem Verwandten des Ephraim. Wenn seine jüdischen Soldaten, setzte dieser dem König auseinander, anders als in äußerster Not heilige Verbote überträten, dann forderten sie Gottes Zorn heraus und beschworen Gefahr und Niederlage herunter auf sich und ihre christlichen Kameraden. Sie fragten die Majestät mit gebührender Ehrfurcht, ob nicht ein anderer Tag für die Schlacht gewählt werden könnte.
Alfonso klopfte dem Don Simeon die Schulter und meinte jovial: »Ich kenne euch als tapfere Soldaten und würde euch gern den Gefallen tun. Aber seht, länger als um einen Tag
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