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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Estrade, trat vor ihn hin, ganz nahe, sie roch seinen wilden Geruch, sie sagte ihm ins Gesicht: »Dir aber, und dieses einzige Mal, sag ich es: ich hab es doch getan. Ich hab mir diese ›Noche Toledana‹ gegönnt. Ich sah die tödlichen Gedanken im Kopfe des Castro, ich hab ihn nicht gehalten, ich hab das Castillo vor ihm baumeln lassen. Und Gott hat mir geholfen. Gott hat es gewollt, daß sie untergehen. Warum haben sie sich nicht hinter den Mauern der Judería versteckt bei den andern, dein Kebsweib und ihr Vater? Gott hat sie mit Blindheit geschlagen. Und in deine wütigen, mordgierigen Augen hinein sag ich es: mein Herz war voll Jubel, als sie tot war.«
    Alfonso stöhnte, er kehrte den Blick von ihr ab, er tat einen Schritt zurück, in seinem Gesicht war jetzt mehr Qual als Wut.
    Leonor hatte ihren Triumph zu Ende geschmeckt. Sie spürte Mitleid mit Alfonso. Sie ging ihm nach, war wiederganz nahe an ihm. »Laß uns nicht länger rechten, Don Alfonso«, bat sie, und ihre Stimme war ungewöhnlich sanft. »Du bist verwundet, du bist erschöpft. Laß mich dich pflegen; ich schicke dir meinen Meister Reinero, er ist besser als deine Ärzte. Und laß mich dir noch dieses sagen: ich hab es meinethalb getan, aber bestimmt auch deinethalb. Ich liebe dich, Alfonso, du weißt es. Ich war dir treuer als die Mauern deiner Burg alle die Jahre her, und auch, als ich dir diese aus dem Weg räumte. Ich konnte es nicht länger mit anschauen, wie der König von Kastilien, der Vater meiner Kinder, im Schlamm versank. Du kannst mich bloßstellen vor der ganzen Welt. Du kannst mich töten. Aber so war es.«
    Alfonso wußte: so war es, aber er befahl sich, es nicht zu glauben. Er konnte Leonor begreifen, doch nur mit dem Verstand. Alles in ihm sträubte sich gegen sie. Er wollte ihre Liebe nicht; die Liebe der Mörderin widerte ihn an.
    Er kehrte sich ab, rannte aus dem Zimmer.
    Er war nach dieser Unterredung matt auf den Tod, und seine Wunde schmerzte mehr als sonst. Er ließ es zu, daß die Seinen ihn badeten, ihn verbanden, ihn zu Bett brachten. Er schlief lange, tief, traumlos.
    Dann ritt er in die Galiana.
    Er ritt die engen, steilen Straßen zum Tajo hinunter, ohne Begleitung. Die Leute erkannten ihn, machten ihm Raum, sahen erschreckt das hagere, versteinte Gesicht, entblößten die Häupter und neigten sich tief, viele knieten nieder. Er sah nicht, hörte nicht, er ritt weiter, langsam, vor sich hin starrend; mechanisch, blicklos erwiderte er die Grüße.
    Er näherte sich der weißen Mauer. Es war sehr heiß, über der Galiana wob schweres, dunstiges Sonnengeflirr, alles war verzaubert still.
    Der Gärtner Belardo schob sich heran. Küßte zaghaft Alfonsos Hand. »Ich bin sehr unglücklich, Herr König«, sagte er. »Ich habe Unsere Herrin nicht schützen können. Aber es waren viele, wohl mehr als zweitausend, und der sie führte,war ein großer Ritter, und ich hatte nur die heilige Hellebarde meines Großvaters, damit konnte ich wenig ausrichten gegen die vielen. Sie schrien: Gott will es!, und dann ist es geschehen. Aber sonst haben sie keinen Schaden angerichtet. Es ist alles in bester Ordnung, Herr König, im Haus und in den Gärten.«
    Alfonso sagte: »Ihr habt sie hier in der Galiana begraben, nicht wahr? Führ mich hin!«
    Die Stätte war nicht weiter gekennzeichnet. Sie war nahe den Zisternen des Rabbi Chanan, kahl, aufgerissener Rasen. »Wir haben nicht gewußt, was wir tun sollen«, entschuldigte sich Belardo. »Da Unsere Herrin Raquel keine Christin war, habe ich nicht gewagt, ein Kreuz hinzustellen.« Der König winkte ihm, ihn allein zu lassen.
    Er hockte auf der Erde, ungelenk, benommen von dem grauen Gespinst aus Hitze, Dunst, Glast. Der Rasen war nachlässig zusammengescharrt, die Stätte sah verwahrlost aus, er hätte keinen Hund so begraben.
    Er trachtete sich zu erinnern, wie er hier mit Raquel herumgegangen war, wie sie nackt mit ihm am Rande des Teiches gesessen hatte, trachtete, sich ihr herzförmiges Gesicht zurückzurufen, ihren Gang, ihre Stimme, ihren Leib. Allein er fand nur einzelne Züge; sie selber, Raquel, blieb flirrend, entfernt, ein ungewisses Schimmern. Wenn irgendwo, dann sollte hier ihr Geist umgehen, aber er konnte ihn nicht heraufbeschwören; Geister erschienen wohl nur ungerufen. Vielleicht auch hatte Bertran recht, und Frauen kamen nur dem Blut des Mannes nahe, nicht seiner Seele.
    Hier unter ihm lag, was ihm uferloses Glück und wildeste Aufwühlung gebracht hatte, und war

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