Die Juedin von Toledo
er nicht wollte, daß alle seineBarone sich gegen ihn empörten, durfte er sich von den Castros nicht länger auf dem Kopf herumtanzen lassen.
Er berief seine Vertrauten zu einem Kronrat. Da waren Don Manrique de Lara und sein Sohn Garcerán, der Erzbischof Don Martín de Cardona und der Domherr Don Rodrigue; der Escrivano Mayor Don Jehuda war noch in Aragon.
Vor seinen Freunden ließ Don Alfonso seinem ohnmächtigen Zorn freien Lauf. Die Castros taten ihm einen Schimpf nach dem andern an, und sein Escrivano verhandelte mit dem zweideutigen König Raimundez und wollte ritterlichen Streit auf Krämerart lösen. Dabei trug doch der Jude die Hauptschuld an dem üblen Handel, da er sich ins Haus der Castros gesetzt hatte. »Am liebsten«, schloß er ungebärdig, »würfe ich ihn wieder hinaus.«
Don Manrique begütigte: »Sei gerecht, Herr König. Unser Jude hat sich sein Castillo verdient. Er hat mehr gehalten, als er versprochen hat. Die Granden zahlen dir Steuern in Friedenszeiten. Siebzehn Städte, die den Granden gehörten, unterstehen heute dir. Und wenn die Castros ein paar Untertanen von dir gefangenhalten, so sind jetzt viele hundert deiner Ritter und Knechte frei, die gefangen in Sevilla saßen.«
Erzbischof Don Martín, rotes, rundes, derbfröhliches Gesicht unter ergrauendem Haar, widersprach. Streitbar saß er, halb Priester, halb Ritter. Das Gewand, das seine Würde anzeigte, verbarg nicht die Rüstung; denn hier in Toledo, fand er, so nahe den Moslems, war man in währendem Heiligen Krieg. »Du hast viele Worte des Ruhmes für deinen Juden, edler Don Manrique«, sagte er mit seiner schallenden Stimme. »Dieser neue Ibn Esra hat, ich geb es zu, Hunderttausende von Goldmaravedí aus dem Lande herausgezaubert, und davon einiges auch für den König Unsern Herrn. Dafür aber hat er der Heiligen Kirche um so größeren Schaden gebracht. Verschließt doch nicht eure Augen vor dieser Tatsache, Herren! Die Judenheit von Toledo ist immer frech gewesen, schon zu Zeiten unserer gotischen Väter, und daß du geruht hast, Herr König, diesen Jehuda ins Amt zu setzen, hat dieUnverschämtheit der Aljama unerträglich gemacht. Nicht nur weigert sich ihr Oberster, dieser Ephraim Bar Abba, mir meinen Zehnten zu zahlen, wobei er sich leider auf dich berufen kann, Herr König, er erdreistet sich auch, in einer Synagoge mit herausforderndem Nachdruck jenen Segen Jakobs verkünden zu lassen: ›Es wird das Zepter nicht weichen von Juda und nicht der Herrscherstab von seinen Füßen.‹ Dabei habe ich dem Manne aus den Schriften der Kirchenväter klargemacht, daß dieser Segen Jakobs nur gültig war bis zur Ankunft des Messias und mit dem Erscheinen des Heilands seinen Wert verlor. Aber nur wir Christen verstehen die geheime innere Meinung der Schrift. Diese Juden gleichen dem unvernünftigen Getier und bleiben an der Oberfläche haften.«
»Man sollte vielleicht«, meinte mild der Domherr, »mit der Aljama von Toledo nicht zu streng ins Gericht gehen. Als damals die blinden, sündigen und hochmütigen Juden von Jerusalem Unsern Herrn Jesus Christus vor ihr Tribunal schleppten, hat die jüdische Gemeinde von Toledo dem Hohenpriester Kaiphas Botschaft geschickt und ihn gewarnt, er solle den Heiland nicht kreuzigen. So steht es deutlich in den alten Büchern.«
Der Erzbischof maß Don Rodrigue unmutigen Blickes, aber er unterdrückte eine Erwiderung. Es bestand nämlich eine wunderliche Verknüpfung zwischen ihm und seinem Sekretär. Der Erzbischof war fromm, grundehrlich und sich bewußt, daß sein kriegerisches Temperament ihn manchmal zu Worten und Taten veranlaßte, die ihm, dem Primas von Hispanien, dem Nachfolger des heiligen Eugenius und des heiligen Ildefonso, nicht anstanden, und um die Sünden zu büßen, zu denen sein streitbares Gemüt ihn verleiten mochte, hatte er sich mit der ständigen Gegenwart des lammherzigen Don Rodrigue belastet; darauf wollte er hinweisen, falls ihm beim Jüngsten Gericht vorgehalten werden sollte, daß zuweilen der Soldat in ihm mächtiger gewesen sei als der Priester.
Statt also an Don Rodrigue wandte er sich an den König:»Als du damals, der Not und deinen Ratgebern gehorchend, den Juden herbeiriefst, habe ich dich gewarnt, Don Alfonso, und dir vorausgesagt: es werden Tage kommen, da du diese Berufung bereust. Das Heilige Concilium hat seine guten Gründe gehabt, als es den Königen der Christenheit untersagte, Ungläubige mit hohen Ämtern zu betrauen.«
Don Manrique meinte:
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