Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
Vom Netzwerk:
Gebetmänteln rührten sich nicht. Da erschlugen sie sie mit ihren Schwertern. Die sich aber ins Innere der Burg geflüchtet hatten, töteten sich, einer den andern. Wahrlich, es bestanden andiesem dritten Siwan die Juden von Mainz jene Prüfung, die einstmals Gott unserm Erzvater Abraham auferlegt hatte. So wie dieser sagte: Hier bin ich, und bereit war, seinen Sohn Isaak zu opfern, so brachten sie ihre Kinder und Nächsten als Opfer dar. Es opferte der Vater den Sohn, der Bruder die Schwester, der Bräutigam die Braut, der Nachbar den Nachbarn. Ward je eine solche Opferung gesehen an einem einzigen Tage? Mehr als elfhundert ließen sich hinschlachten oder schlachteten sich selber hin für die Heiligung des Einen, Erhabenen, Furchtbaren Namens.«
    In Regensburg erschlugen die Wallbrüder siebenhundertvierundneunzig Juden, ihre Namen sind verzeichnet in den Büchern der Märtyrer. Einhundertundacht waren bereit, die Taufe zu nehmen. Die Wallbrüder trieben sie in die Donau, ließen auf den Wassern ein großes Kreuz schwimmen, tauchten die Juden unter und lachten und schrien: »Jetzt seid ihr Christen, und laßt euch nicht mehr betreffen bei eurem jüdischen Aberglauben.« Sie verbrannten die Synagoge, und aus dem Pergament der hebräischen Rollen der Heiligen Schrift schnitten sie Einlagen für ihre Schuhe.
    Es kamen aber in den Rheinlanden während der Monate Ijar, Siwan und Tamus zwölftausend Juden um, und viertausend im Schwäbischen und im Bayrischen.
    Die meisten weltlichen und geistlichen Fürsten mißbilligten die Greueltaten der Wallbrüder und die Zwangstaufen. Der deutsche Kaiser Heinrich der Vierte sprach in feierlicher Rede seinen Abscheu über die Metzeleien aus und erlaubte den gewaltsam Getauften die Rückkehr ins Judentum. Auch leitete er gegen den Erzbischof von Mainz ein Verfahren ein, weil dieser seine Juden nicht genügend geschützt und sich an ihren Gütern bereichert hatte. Der Erzbischof mußte fliehen, der Kaiser zog seine Einkünfte ein und entschädigte die Juden.
    Die Wallbrüder selber fanden zumeist, noch bevor sie ins Heilige Land kamen, ein klägliches Ende. Viele Tausende wurden von den Ungarn erschlagen, die Führer, Guillaumele Carpentier und Emicho von Leiningen, kehrten schmählich mit zerlumpten Resten ihrer Schar zurück. Guillaume, berichtet der Chronist, habe, bevor er auszog, den Rabbi von Troyes befragt, wie seine Fahrt enden werde. Antwortete der Rabbi: »Du wirst eine Weile in Glanz leben, dann aber besiegt und flüchtig mit drei Rossen hierher zurückkehren.« Guillaume drohte: »Wenn ich nur mit einem Rosse mehr zurückkehre, dann bringe ich dich um, und alle andern Juden Franciens dazu.« Als er zurückkehrte, hatte er drei berittene Begleiter, somit vier Rosse, und freute sich darauf, den Rabbi zu erschlagen. Als er indes durchs Tor einritt, löste sich ein Stein und erschlug von den Begleitern einen mitsamt seinem Roß. Daraufhin stand Guillaume von seinem Vorhaben ab und ging ins Kloster.
    Der Leiden, die damals ihre Väter hatten erdulden müssen und die aufgezeichnet sind in dem Buch »Tal der Tränen«, gedachten die Juden, als nun ein neuer Kreuzzug ausbrach, und sie waren voll Furcht.
    Bald auch geschah ihnen wie früher. Doch waren es dieses Mal vor allem die Fürsten, die sie bedrängten.
    Herzog Wratislaw von Böhmen zwang seine Juden zur Taufe, und als sie dann auswandern wollten, wohl um zum Judentum zurückzukehren, erklärte er ihren ganzen Besitz für verfallen. Sein Kämmerer, ein gebildeter Herr, hielt den Auswanderern im Auftrage des Herzogs eine Ansprache in lateinischen Hexametern: »Nichts von Jerusalems Schätzen brachtet ihr nach meinem Böhmen. / Nackende Bettler kamt ihr ins Land, nackt möget ihr ausziehn.«
    Am meisten zu leiden hatten die Juden des Königreichs Francien. Dort hatten im vorigen Kreuzzug Ludwig der Siebente und Ellinor de Guienne sich ihrer angenommen. Der König aber, der jetzt in Francien regierte, Philipp August, stellte sich selber an die Spitze derer, die »das verfluchte Geschlecht« schlugen und ausraubten. »Die Juden haben«, erklärte er, »durch verbrecherische List die Mehrzahl der Häusermeiner Hauptstadt Paris an sich gebracht. Sie haben uns ausgeplündert wie ihre Vorväter die Ägypter.« Diesen Raub zu rächen, ließ er an einem Sabbat die Synagoge von Paris und die von Orléans von Kriegsknechten umstellen und gab die Juden nicht frei, ehe er ihre Häuser ausgeraubt hatte. Auch ihre Sabbatkleider mußten sie

Weitere Kostenlose Bücher