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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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er ist ein frommer Mann, ein mit Recht berühmter Gelehrter. Aber so Tiefes und Großartiges in seinen Büchern steht, vieles hat mich befremdet. Ich denke über Moral und Einhaltung der Gebote strenger als du, Don Jehuda, aber dieser Unser Herr und Lehrer Tobia macht aus dem Leben eine einzige Bußübung. Seine Maßstäbe und die seiner Anhänger sind nicht die unsern. Ich glaube, unsere Brüder aus Francien würden nicht gut auskommen mit uns und wir nicht mit ihnen.«
    Was Don Ephraim nicht sagte, was er aber diesem Don Jehuda, dem Meschummad, dem Abtrünnigen, ins Gedächtnis rufen wollte, war, daß Rabbi Tobia die härtesten Worte der Verdammnis hatte gerade für seinesgleichen, für diejenigen,die vom Glauben abgefallen waren. Er kannte Milde nicht einmal für die Anussim, für die, welche sich durch Todesdrohungen zur Taufe hatten zwingen lassen, selbst wenn sie später ins Judentum zurückkehrten. Don Jehuda, der freien Willens und ohne Gefahr so lange dem fremden Gott gedient hatte, mußte wissen, daß er in den Augen dieses Rabbi Tobia und seiner Anhänger schuldig war der Strafe der Ausrottung, so daß seine Seele vernichtet wurde mit seinem Leibe. Wollte er Menschen, die so über ihn dachten, der Aljama und sich selber auf den Nacken setzen?
    »Gewiß«, sagte der erstaunliche Don Jehuda, »dieser große Mann ist anders als wir. Leute unserer Art mögen ihm in der Seele fremd sein, Leute meiner Art vielleicht sogar ein Abscheu. Und nicht wenige seiner Anhänger mögen so finster denken wie er. Aber auch jene verfolgten Brüder, welche damals mein Oheim, Don Jehuda Ibn Esra Ha-Nassi, der Fürst, ins Land ließ, waren sehr anders, und es war höchst ungewiß, ob sie sich hier einleben würden. Sie haben sich eingelebt. Sie blühen und gedeihen. Ich glaube, wir werden das Wesen unserer fränkischen Brüder hinnehmen, wenn wir uns ernstlich darum bemühen.«
    Schmächtig in seinen umfangreichen Kleidern saß Don Ephraim, rechnend, tief besorgt. »Ich war stolz darauf«, sagte er, »zehntausend Goldmaravedí auszuwerfen für die fränkischen Flüchtlinge. Wenn wir sie hierherbringen in eine Umgebung, in der sie ihren Unterhalt nicht erwerben können, dann werden wir für sie sorgen müssen, auf Jahre, vielleicht für immer. Zehntausend Goldmaravedí reichen da nicht lange. Wir haben weiter den Saladins-Zehnten zu zahlen. Dann ist da der Fonds für die Auslösung der Gefangenen. Er ist sehr dünn geworden und wird mehr beansprucht als je. Überall in der Welt gibt der Heilige Krieg den Söhnen Edoms und den Söhnen Hagars bequemen Vorwand, Juden gefangenzusetzen, um hohes Lösegeld zu erpressen. Die Schrift befiehlt, die Gefangenen zu befreien. Es scheint mir vordringlich, dieses heilige Gebot zu befolgen. Deine Tausendevon fränkischen Armen hierherzubringen, scheint mir weniger wichtig. Es wäre barmherzig, aber es wäre, verzeih mir das offene Wort, fahrlässig, verantwortungslos.«
    Don Jehuda schien nicht gekränkt. »Ich bin kein Schriftgelehrter«, erwiderte er, »aber mir ist im Ohr und im Herzen das Gebot Unseres Lehrers Mose: ›Wenn dein Bruder verarmt und abnimmt neben dir, so sollst du ihn aufnehmen, daß er lebe neben dir.‹ Im übrigen glaube ich, daß wir’s uns leisten können, die eine Verpflichtung zu erfüllen und die andere nicht zu versäumen. Solang es mir gelingt« – und er sprach ebenso liebenswürdig wie hochfahrend –, »diesem Lande Kastilien den Krieg fernzuhalten, so lange wird die Aljama von Toledo so üppig verdienen, daß sie ihren Auslösungsfonds nicht wird antasten müssen, um den paar tausend fränkischen Juden Brot und Unterkunft zu geben.«
    Immer drückendere Angst packte Don Ephraim. Dieser übermütige Mensch wollte nicht sehen, wie verfänglich sein Unternehmen war, vielleicht sah er’s wirklich nicht. Ephraim konnte sich nicht länger zähmen, er mußte seine tiefe Herzensangst aussprechen. »Hast du auch bedacht, mein Bruder und Herr Don Jehuda«, sagte er, »welch starke Waffe dein Vorhaben dem Erzbischof in die Hand gibt? Er wird die Mächte der Hölle bewegen, ehe er’s zuläßt, daß deine fränkischen Juden ins Land kommen. Er wird sich an den Sündenkönig in Francien wenden. Er wird sich an den Papst wenden. Er wird predigen und das Volk aufhetzen, daß wir Scharen von Bettlern und Ungläubigen nach Kastilien ziehen inmitten des Heiligen Krieges. Du stehst hoch in der Gunst des Königs Unseres Herrn. Aber auch der Erzbischof hat das Ohr Don Alfonsos,

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