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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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König zu stiller, klösterlicher Zwiesprache mit Gott zu bewegen, und Don Alfonso hatte jetzt wohl ein gutes Ohr für geistliche Mahnung. In kräftigen Worten also stellte der Erzbischof ihm vor, welch brennende Schande vor der ganzen Christenheit es wäre, wenn, während Aragon in den Heiligen Krieg eingreife, der größte König der Halbinsel untätig bliebe.
    Dann, unvermittelt und zum Erstaunen Don Alfonsos, stimmte er ein Loblied an auf den Joglar Juán Velázquez. Gewöhnlich hatte die Kirche nur Worte des Tadels für die zweideutige Kunst dieser volkstümlichen Sänger. Juán Velázquez aber hatte das Herz des Erzbischofs gewonnen dergestalt, daß er ihn in seinem Palacio hatte singen und spielen lassen. Er meinte, auch Don Alfonso werde seine Freude daran haben, wie Juán Velázquez in seinem kräftigen Kastilisch von den Taten des Roland und des Cid singe, ganz zu schweigen von den akrobatischen Kunststücken des Spielmannes.
    Don Alfonso ließ den Joglar kommen. Ja, Don Martín hatte recht gehabt: die einfachen, starken Romanzen rührten ihm ans Herz.
    Er durfte das Schwert nicht länger rosten lassen. Er sprach seinem alten, aufrichtigen Don Manrique davon, daß er nun endlich losschlagen wolle.
    Der erwiderte, seine Ungeduld sei nicht geringer als die des Herrn Königs. Aber angesichts der Kosten, die er sich von dem Herrn Escrivano habe zusammenstellen lassen, sei ihm die Hoffnung auf den Feldzug vergangen. Don Jehuda habe arabische Ziffern verwandt, und er, Manrique, gewöhnt an die römischen, könne nun einmal die arabischen, die ja auch die Kirche verpöne, nur schwer lesen. Leider aber seien die Summen, mit denen man hantieren müsse, so hoch, daß man ohne arabische Ziffern nicht auskomme. »Du solltest es selber mit deinem Escrivano durchsprechen, Herr König«, rief Don Manrique, »was ein Krieg gegen den Kalifen kostet.«
    Alfonso hatte sich die ganze Zeit hindurch gescheut, mit dem Vater Raquels zusammenzukommen, und dennoch ein leises, kitzelndes Verlangen danach verspürt. Nun Don Manrique Jehuda nannte, entschloß er sich, ihn zu rufen.
    Zur gleichen Zeit, da er den Herold ins Castillo Ibn Esra schickte, sandte er Botschaft auch in die Galiana an Doña Raquel, eine sehr kurze Botschaft, arabisch, lateinisch und kastilisch: »Auf morgen, auf morgen, auf morgen.«
    Jehuda, als er den Ruf des Königs erhielt, atmete tief. Was immer die Zusammenkunft bringen mochte, es war besser als das Warten.
    Sie standen sich gegenüber, und ein jeder entdeckte Neues in dem Gesicht des andern. Jehuda suchte und fand im Gesicht des Barbaren Züge, welche seine Raquel anziehen mochten, und der König sah befangen im Antlitz des Juden Züge, die denen seiner Liebsten glichen.
    »Mir scheint, mein Escrivano«, begann mit etwas erkrampfter Munterkeit Don Alfonso, »wir sitzen fein in der Wolle dank deiner Umsicht, und es ist keine Ziegenwolle. Ich will also endlich meinen Krieg unternehmen. Du hast geschätzt, zweihunderttausend Maravedí seien nötig. Kann ich sie haben?«
    Jehuda war darauf gefaßt gewesen, daß er allerlei törichtes Geschwätz werde anhören und widerlegen müssen, ehe er von seiner großen Sache reden durfte. Er antwortete also ruhig: »Du kannst sie haben, Herr König. Aber damals ging es um einen Feldzug nicht gegen den Kalifen, sondern gegen Aragon.« Vielleicht, ohne daß er sich’s zugestand, war dem König der Einwand seines Ministers willkommen. Doch er beharrte: »Wenn Aragon den Feldzug wagt, soll ich’s nicht können?« Jehuda hielt ihm entgegen: »Dein erlauchter Vetter von Aragon hat keinen Waffenstillstand mit dem Emir von Valencia.« Alfonso erwiderte finster: »Ein Mann, der so viel dazu beigetragen hat, mir diesen unseligen Stillstand aufzubürden, täte besser, mich nicht daran zu erinnern.« Jehudas Gesicht blieb ausdruckslos. »Die Tatsachen«, sagte er, »bleiben, ob wir sie aussprechen oder nicht. Im übrigen halte ich es nicht für wahrscheinlich, daß Don Pedro losschlägt. Mein Vetter Don Joseph Ibn Esra ist mutig genug, seinem König auch unliebe Dinge zu sagen. Er wird ihn daran erinnern, daß der Kalif im Begriff ist, aus dem Osten in seine Hauptstadt zurückzukehren, und daß er wahrscheinlich ins Andalús übersetzen wird, wenn Aragon losschlägt. Aragon kann, solange es allein ist, einen Feldzug nicht unternehmen. Und ebensowenig kann es Kastilien.«
    Don Alfonso saß da, die Lippen verpreßt, die Stirn tief verfurcht. Es war immer der gleiche Einwand, gegen

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