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Die Juliette Society: Roman (German Edition)

Die Juliette Society: Roman (German Edition)

Titel: Die Juliette Society: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sasha Grey
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Schwäche. Der Grund dafür ist ziemlich einfach. Bundy macht kostenlose Werbung für ihn, indem er die Talente, die er in Sals Kneipe findet, auf seiner Website zeigt. Im Gegenzug bekommt er von Sal Gratisgetränke. Und ich muss zugeben, diese Kunst versteht Bundy wirklich hervorragend.
    Mit den Freigetränken greift er kostenlos Muschis ab, mit deren Hilfe er umsonst Getränke abstauben kann, um wiederum Muschis for free zu bekommen. Bundys Philosophie lautet: Erst ins Netz stellen, dann um Erlaubnis fragen.
    Denn für Bundy zählt der Akt an sich schon als Einverständniserklärung. Und außerdem werden seine Mädels ja wohl schneller Stars, als sie sich das Sperma aus den Mundwinkeln wischen können.
    »Du bist nicht wie die anderen Mädchen«, sagt Bundy zu mir. Ich weiß, dass das eine Masche ist, die vermutlich schon tausend Mal funktioniert hat. Aber diesmal nicht.
    »Wieso?«, erwidere ich. »Weil mein Mund an meinem Hirn hängt und nicht an deinem Schwanz?«
    Er tut so, als hätte er das überhört.
    Bundy besorgt mir und Anna Getränke. Bei meiner Bestellung vertut er sich. Ich wollte einen Orangensaft. Er holt mir einen Wodka-O. Er glaubt, es würde mir nicht auffallen.
    Netter Versuch.
    Ich schätze, er denkt, sie ist schon betrunken, was schadet da noch einer? Der wird sie nur ein bisschen lockerer machen. Und er sorgt dann schon dafür, dass der Nachschub nicht aufhört. Dann wird er wieder die Fotos rausholen, und diesmal werden sie gar nicht mehr so dumm und ausbeuterisch aussehen. Und so läuft das. Die sukzessive Zermürbungsstrategie. Ich seh’s schon kommen.
    Doch was Bundy nicht weiß, ist Folgendes:
    Ich trinke nicht.
    Und das letzte, was ich will, ist, auf seiner Website zu landen, als Köder für irgendwelche Loser, die das Internet nach Wichsvorlagen durchforsten.
    Bundy’s Got Talent ist bloß eine seiner vielen Websites. Die Flagship-Site eines ganzen Stalls voller Onlineangebote, die Bundys abgefuckte Sicht auf das Leben, den Sex, die Sexualität, die Frauen und auf sich selbst glorifizieren.
    Er meint, dass jede seiner Websites einen anderen Aspekt seiner Persönlichkeit widerspiegelt, so wie manche Leute je nach Stimmung eine andere Brille tragen. Bloß dass sich wie bei den Brillen eigentlich nur der Rahmen ändert. Und Bundys Persönlichkeit gibt es lediglich in einem Modell.
    Bundys Websites sind im Grunde alle austauschbar. Verschiedene Namen. Gleicher Inhalt. Mehr Möglichkeiten, Werbung zu verkaufen.
    »Die Sache mit Bundy ist die«, sagt Anna auf ihre verträumte, unbedarfte, absolut gewinnende Art. »Man würde es nicht meinen, aber er ist eine Art Genie.«
    Ich bin nicht überzeugt.
    Das Genie Bundy hat sich eine Website namens Red Hot Cherry Poppers einfallen lassen, die seine Vorliebe für junge Mädchen bedient. Dumme Mädels, ahnungslose Mädels.
    Außerdem wäre da noch Caramel Candy Cotton Coochies , wo er sich von seiner netten, romantischen Seite zeigt. Von seiner mädchenhaften Hello-Kitty-Schlüsselanhänger-Seite.
    Und nicht zu vergessen natürlich die Website namens NFS , soll heißen: Nichts Für Schwuchteln, die Bundys Angst davor, für schwul gehalten zu werden, zum Ausdruck bringt. Das ist nicht einfach nur Homophobie, sondern Homophobie, die sich als Ironie ausgibt.
    Als ob das einen Unterschied machen würde.
    Alles fester Bestandteil des Hipstercredos, dem sich Bundy verschrieben hat.
    Rassismus getarnt als Sozialkritik. Intoleranz als Nachweis von Stolz. Frauenhass als Lifestyle. Zynismus als ein Mode-Statement.
    Es gibt doch diese Gangmitglieder, die, wenn sie einen besonders grausigen Mord begangen haben, eine Träne unters Auge tätowiert bekommen. Als deutliche Warnung an ihr Umfeld, dass sie sich ihre Sporen verdient haben und NTBFW – Not To Be Fucked With – sind.
    Tja, Bundy hat kein Tränentattoo, sondern die Tätowierung eines Krispy-Kreme-Donuts von der Größe einer Träne unter dem Auge. Mit einem Hauch rosa Glasur.
    In Russland vertreiben sich die Mitglieder krimineller Banden in den Straflagern die Zeit damit, sich einen Pfad der Tränen, des Jammers und der Gewalt auf ihre Körper tätowieren zu lassen. Totenköpfe und Messer, abgetrennte Köpfe und Kreuzigungsszenen sollen die wahre Geschichte ihres Trägers erzählen.
    Das Tattoo von Bundy hingegen erzählt von seiner Persönlichkeit, und die gibt auch nicht gerade ein hübsches Bild ab. Es ist wie eine Parodie auf Körperkunst. Die Parodie einer Parodie auf schlechte Körperkunst. Als

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